Reisebericht 15 / Tijuana (Grenze zu Mexico) - Todos Santos ( im Süden der Baja California) / 18. November 2009 - 13. Dezember 2009 / km 37'200 - 39'100

Reiseroute: San Diego (USA), Tijuana, Rosarito, Ensenada, San Quintin, El Rosario, Bahia de los Angeles, Guerrero Negro, Baja Concepcion, Loreto, La Paz, Todos Santos

Bienvenida en Mexico
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, fahren wir Richtung Grenze, denn der Übergang Tijuana / San Diego, ist der am meisten frequentierte der Welt Nachdem uns eine freundliche, mexikanische Zollbeamtin inspiziert hat, parken wir unseren Suri unmittelbar hinter der Barriere. Welcher der vielen Schalter ist wohl der richtige, um unsere Aufenhaltsgenehmigung (Touristenvisum) zu erhalten? Bald werden wir fündig und erhalten ein Visum für 6 Monate. Nun benötigen wir noch die temporäre Importgenehmigung für unser Fahrzeug. Dieses Büro befindet sich ausserhalb des Zollareals, in einer Seitenstrasse von Tijuana. Auch hier erhalten wir problemlos die ersehnte Importerlaubnis für 6 Monate. Leider können wir nicht mehr auf direktem Weg zurück zu unserem Suri. Über eine Fussgängerbrücke geht es wieder zum amerikanischen Zoll, vor dem eine endlose Menschenschlange ansteht. Da wir keine Lust haben, mehrere Stunden anzustehen, geben wir einem "professionellem Ansteher" 2 Dollar und schon sind wir anstelle von ihm fast zuvorderst. Er hingegen, steht wieder hinten an und wartet, bis ihm wieder jemand ein paar "Dollares" zusteckt. Wieder zurück beim Auto, geben wir noch die amerikanischen Einreisezettel einem US Offizier ab. Nun sind wir offiziell aus der USA ausgereist

Relaxen und Qualen im mexikanischen Strandhaus
Schon bald lassen wir die schäbigen Aussenbezirke von Tijuana hinter uns und fahren Richtung Rosarito. Hier werden wir unsere Freunde Susane und Bill aus Californien treffen. Gross ist die Freude beim Wiedersehen und schon bald bruzelt ein Steak auf ihrem Grill.

Voller Übermut stürzen wir uns schon am ersten Tag in die Fluten. Kurz darauf wird Ruth von etwas unter Wasser gestochen. Sie hat unheimliche Schmerzen und hinkend begeben wir uns zurück zum Strandhaus. Eine Blutspur auf dem weiss gestrichenen Fussweg wird noch lange an diesen "Badespass" erinnern. Heisses Wasser, ein Antiallergikum und etliche Schmerztabletten lindern etwas die Qualen. Noch selten hat sie solche Schmerzen verspürt. Wie sich später herausstellte, sind das die typischen Merkmale eines "Stingray" (Stachelrochen) Stiches. In Ufernähe graben sich diese Fische in den Sand und warten auf Beute. Hat man aber das Pech, dass man direkt auf sie tritt, wehren sie sich und stechen das Opfer mit ihrem langen Schwanz, an dessen Ende sich ein giftiger Stachel befindet.

Das Haus von Bill und Susan befindet sich in einem abgezäunten Touristen-Areal mit dutzenden von verschiedenen Strand Bungalows. Tag und Nacht werden diese Touristenviertel von Securitas Leuten bewacht, denn die Angst vor Überfällen ist besonders in der Nähe der Grenze recht gross. Nachdem wir gemeinsam zwei Tage verbracht haben, verabschieden sich Bill und Susane von uns, denn sie müssen zurück zu ihrer Familie zum Erntedankfest (Thanksgiving).
Bill meint:" Hier sind die Schlüssel vom Haus. Ihr könnt so lange bleiben wie ihr wollt. Mi casa es su casa. (Mein Haus ist euer Haus)".

Wir sind überwältigt von solcher Gastfreundschaft. Eigentlich kennen sie uns kaum und trotzdem vertrauen sie uns ihr ganzes Haus an. Man stelle sich das bei uns in der Schweiz vor. Wenn du jemanden kennenlernst, gibst du ihnen nach ein paar Stunden auch den Schlüssel für ein ganzes Haus? Man kann von den Nordamerikanern halten was man will, aber Spontanität, Vertrauen und Gastfreundschaft sind einige jener Vorzüge, bei der sie uns Europäern weit voraus sind.

Bei einem Strandspaziergang lernen wir ein junges Amerikaner Paar kennen, die unweit von hier ein Ferienhaus haben . Spontan laden sie uns zu ihrer Thanksgiving Party am nächsten Freitag ein. Als wir ankommen ist das Fest schon im vollem Gange. Es fliesst reichlich Tequilla und die Stimmung ist laut und ausgelassen. Schon bald fällt der erste Mexikaner betrunken vom Barhocker und der Gastgeber verabschiedet sich mit einer Alkohol-Fahne Richtung Schlafzimmer. Später am Abend wird zum Höhepunkt der Party der Truthan serviert. Mit typisch amerikanischen Beilagen wie: Kartoffelstock, "Staffi" (eingeweichtes Brot wird mit Lauch im Ofen gegart) und Cheese Cake.

Ganze 2 Wochen verbringen wir hier in Rosarito. Wir haben es sichtlich genossen, wieder einmal stationär zu sein, aus Porzellan Tellern zu essen und die Vorzüge eines eigenen Hauses zu geniessen. Doch nun geht es wieder weiter Richtung Süden!

Baja 1000
Wir stehen am Strassenrand und jubeln den vorbeisausenden Autos zu, die schlitternd und heulend um die Kurven gerast kommen. Die Rede ist von der Baja 1000! Diese Rally auf der Halbinsel Mexikos zählt zu den längsten und härtesten Auto- und Motorradrennen der Welt. Die verwendeten Fahrzeuge sind in aller Regel allradgetriebene Spezialkonstruktionen, wie sie ähnlich auch bei Autocross oder bei der Rally Paris - Dakar Verwendung finden. Jedoch ist die Beteilingung an der Baja 1000 immer noch grösstenteils eine Privatangelegenheit, da sich grosse Automobilkonzerne nicht beteiligen. Wie uns ein Miteigentümer eines Rally Teams versichtert, haben die grossen Teams ein Budget von über einer Million Dollar nur für dieses eine Rennen, das den Ruf geniesst, genau wie die "Dakar", das härteste Offroad-Rennen der Welt zu sein. Jedes Jahr gibt es etliche Verletzte und sogar einige Tote, da Abschrankungen meist nicht existieren.

Weiter führt uns der Weg über Ensenada bis zum kleinen Küstendorf "Bufadora". Am Ende einer touristischen Halbinsel schiesst aus einer Felsöffnung eine haushohe Wasser- und Gischtfontäne. Dieses Naturfänomen versuchen die Mexikaner in bare Münze umzuwandeln. Unzählige Souvenierstände säumen die kleine Küstenstrasse und alle versuchen die wenigen noch vorhandenen Touristen in ihre Läden zu ziehen. Meistens bleibt es beim Versuch, denn seit 3 Jahren bleiben die nordamerikanischen Gäste grösstenteils ihrem südlichen Nachbarn fern. Grund! Die Wirtschaftskrise, die Amerika besonders hart trifft. Denn "hüstelt" der grosse Nachbar, so hat das wirtschaftlich kleine Mexiko eine starke Erkältung, denn zuviele Mexikaner hängen am Nabel des US-amerikanischen Dollars.

Auf der Suche nach dem Paradies
Die mexikanische Halbinsel Baja California verläuft parallel zum Festland und hat die Form eines Fingers. Ihre Länge beträgt etwa 1200 km, ist aber an den meisten Stellen keine 100 km breit. Sie brach einst vom mexikanischen Festland ab und driftet seitdem immer weiter Richtung Pazifik. Viele Reisende schwärmen von den einsamen Buchten und schönen Stränden. Genau nach diesem Paradies sind wir auf der Suche.
Zuvor führt uns die Strasse nach "San Quintin", wo ich Pedro frage, dem das Grundstück am Meer gehört, ob wir in seinem Garten übernachten können. Er meint:" Kein Problem, für ein "Cervesa" (ein Bier) könnt ihr direkt am Wasser stehen!" So parken wir unseren Suri, stellen unsere Stühle auf und betrachten die vielen Enten, Möwen und Ibisse, die sich direkt vor unseren Augen tummeln.
Kaum sind wir am nächsten Morgen gestartet, müssen wir schon wieder anhalten bei einem der vielen Militärcheckpoints. Mit vorgehaltenem Maschinengewehr werden wir gefragt nach dem Wohin und Woher. Auf Druck der amerikanischen Regierung werden diese Kontrollen überall in Mexiko durchgeführt. Dadurch versuchen sie, Drogen- und Waffenschmuggler noch vor dem Eintritt in die USA abzufangen. Nach einem kurzen, neugierigen Blick ins Wageninnere, zieht ein Soldat das Nagelbrett von der Strasse und wir können weiterfahren.
Auf der Strasse zur Ostküste, zur "Bahia de Los Angeles", durchqueren wir die trockene Sonora-Wüste im Zentrum der Baja. Verschiedene Riesen-Kakteen säumen den Strassenrand und machen diese Fahrt zu einem Erlebnis der besonderen Art. Am "Golf of California" angekommen, fahren wir auf einer sehr schlechten Schotterstrasse 10 km bis zum Strand "Punta la Gringa" ( Koordinaten: N 29° 02'.290 W 113° 32' 978) Hier stellen wir unseren Suri direkt an den menschenleeren Strand. Diese traumhaft schöne Bucht wird durch kleine, vorgelagerte Inseln geschützt und dadurch ist das Meer ruhig und ideal zum schwimmen und schnorcheln. Immer wieder lassen sich Pelikane laut klatschend ins Meer fallen, um ihr Mittagessen zu fischen. Hinter dem Hügel lebt Mario mit seinen zwei Hunden "Majonnaise" und "Oso", dessen Vater ein Labrador und die Mutter ein Kojote ist , sowie seiner Katze "Felix". Er ist ein pensionierter Polizei-Kommandant von Mexico City und möchte nun seinen Lebensabend weit ab der Hektik, an diesem einsamen Strand verbringen. Mario meint:" Um diese Jahreszeit halten sich an einer bestimmten Stelle im seichten Gewässer etliche "Kalamaren" (Tintenfische) auf. Wenn ihr Lust habt, können wir einige fangen!" Das lassen wir uns nicht entgehen und schon befinden wir uns mit einem Enterhacken auf dem Weg zum Strand. Und wirklich, im Minutentakt schwimmen diese grossen Fische direkt aufs Ufer zu und mit einem geziehlten Schwung habe ich schon einen Kalamar am Hacken. Nach zwei Tieren ist genug und wir haben unser Abendessen gefangen.
Mit viel Zwieben, Knoblauch und frischen Kräutern, zaubert Mario ein vorzügliches Fischgericht auf den Teller. Wir machen ihm ein Kompliment und sagen: "Mario, du bist ein grossartiger Koch!" Er schaut uns finster an und meint: "Das ist aber nicht schön!" Wie wir herausfinden, haben wir beim "Koch" eine Silbe falsch betont, so dass er verstanden hat: "Mario, du bist ein grossartiges Schwein." Schnell korrigieren wir das Missgeschick, machen ihm das richtige Kompliment und lachen später alle köstlich darüber.
Nach 4 Tagen schwimmen und langen Strand-Spaziergängen verabschieden wir uns schweren Herzens von diesem kleinen Paradies.

Der Lebens-Cyklus der meisten Grauwale beginnt hier, in der Lagune von Guerrero Negro, einem kleinen Ort an der Pazifikküste. In den letzten 100 Jahren wurden diese riesigen Tiere fast ausgerottet. Nun erholt sich der Bestand wieder und die Einwohner dieses Küstenstädchens verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit Walbeobachtungstouren. Leider sind die Wale immer noch unterwegs von den fischreichen Jagdrevieren in Alaska, bis hier hinunter in die Baja California, wo sie in den warmen Gewässern rund um Guerrero Negro ihr Winterquartier beziehen werden und Anfangs Jahr ihre Jungen zur Welt bringen.

Wirbelsturm
Mulege wird in unserem Reiseführer als romanischer, kleiner Küstenort beschrieben. Eine Oase in der felsigen Küstenregion. Doch als wir ankommen, sind wir total entäuscht. Überall liegt der Abfall verstreut am Strassenrand. Den Häusern fehlt das Dach oder teilweise sind nur noch die Grundmauern vorhanden. Kurz darauf klärt uns Rosie vom Restaurant "Las Casitas" auf. Vor 3 Monaten, im September 2009, hat ein Hurrican fast das ganze Dorf verwüstet. Das Wasser im Restaurant stand bis zum Dach hoch. Viele der umliegenden Häuser wurden bodeneben gefegt und der Sandstrand mit den vielen Palmen total zerstört. Sie meint: "Diese Stürme sind ein Teil unseres Lebens. Das ist jetzt der 3. Hurrican innerhalb von 5 Jahren. Man muss damit leben können, andernfalls darf man nicht hier wohnen." Die meisten Leute hier haben diese Einstellung und sind schon wieder fleissig am aufbauen. Wie schon so oft!

Weiter unten an der Baja Concepcion, am Strand "La Perla" sehen wir von all dieser Zerstörung nur noch wenig. Einige "Palapas" (Palmunterstände) fehlen zwar, doch der schöne Sandstrand lädt uns schon wieder zum verweilen ein. Idyllisch stehen wir hier ein paar Tage auf einer Sandbank, die weit ins Meer hinausragt (Koordinaten: N 26°38.304' W 111°49.898' ). Am Morgen kommt eine Mexikanerin vorbei mit Gemüse und Früchte, deren wir immer etwas abkaufen und wenig später kommt der Fischer, der eine grosse Auswahl an frischem Fisch, Muscheln (Scallops) und Crevetten hat. Der Fisch wird direkt an Ort und Stelle ausgenommen und filetiert.
Viele Leute in den westlichen Industrienationen vergessen oft zu leben. Sie funktionieren einfach Tag für Tag. Hier leben wir wirklich und bewusst geniessen wir diese schöne Zeit.

Hotel California
Todos Santos, der südöstliche Teil der Baja, direkt am Pacific gelegen, ist das Mekka der Surfer. Hier finden sie ideale Bedingungen zum Wellenreiten. Die Brecher sind teilweise haushoch und fallen nur langsam in sich zusammen. Im Dörfchen befindet sich das legendäre, 1928 im kolonialstil erbaute "Hotel California". 1976 liessen sich die "Eagels" von diesem Ambiente derart inspirieren, dass sie den Song "Hotel California" hier komponierten.
Auch wir lassen uns inspirieren von dieser mediteranen Küstenlandschaft und verweilen ein paar Tage direkt am Strand bei den Surfern. (Koordinaten: N 23°19.368' W 110°10.181' )

Bis jetzt fühlten wir uns in Mexiko sehr wohl und haben das Land als sicher und die Menschen als liebenswürdig und hilfsbereit kennengelernt. Voraussetzung ist jedoch, dass man etwas spanisch spricht. (Oder wie wir, nur ein paar Brocken und den Rest mit Händen und Füssen).

In 10 Tagen ist Weihnachten und wir wünschen allen Lesern ein schönes Fest und ein gutes, neues Jahr 2010!