06 Kanada

Reisebericht 06 / Sidney (Nova Scotia) - Kenora (Ontario) / 4. Juni 2009 - 23. Juni 2009 / km 5'500 - 10'600

Reiseroute: Sidney (Nova Scotia), Baddeck, New Glasgow, Sackville, Shediac, Fundy N.P., Saint John, Fredericton, Edmunston, Rivière-du-Loup, Québec, Montreal, Ottawa, Algonquin Prov. Park, Huntsville, Sudbury, Sault Ste. Marie,
Thunder Bay, Fort Frances, Kenora


Entgegen unseren Reiseplänen (zuviel Packeis in Labrador) sind wir nun wieder zurück in Nova Scotia. Unsere Fart führt uns zunächst
über Moncton in das kleine Seebad Shediac. Doch klein ist dieser Ort nur auf der Landkarte. Schon bei der Einfahrt in das Städtchen fallen uns die vielen Café's und Souveriershops auf.

Der Barkeeper des Ocean-Beach Restaurants meint:" Shediac ist "Der In" Badeort in New Brunswick. Nirgens in Kanada wird das Wasser so warm wie hier. Das ist auch ein Grund, warum in der Saison alles total voll ist. Speziell die Einwohner von Quebec
haben diesen Flecken für ihre Sommerferien auserkoren".

Da heute so ein warmer Tag ist, mit über 20°C, wollen wir doch das Wasser testen, das uns der Barkeeper so empfohlen hat. So stürtzen wir uns in das 14°C warme, oder sagt man, kalte Wasser. Überflüssig zu sagen, dass wir unter den vielen Sonnenhungrigen die einzig badenden waren.

Über Moncton gelangen wir in den Fundy Nationalpark, der mit seinen Gezeitenunterschieden von bis zu 16 Metern und den bizarren Steilküsten, die Landschaft präat.
Hier, in diesem Park, wollen wir zum 1. Mal unser aufblasbares Kanu testen. Denn neben Wunderschönen Wanderrouten, hat es hier auch viele Seen. So lassen wir auf dem Caribou Lake unser Kanu zu Wasser und genossen die wunderschöne Moskitofreie Tour.

Heute wollen wir eine Alpakafarm in Markhamville besuchen. Das ist ein kleines Nest inmitten von grünen Hügeln im Süden von New Brunswick. Zwei Schwestern betreiben hier eine eigene Alpakafarm mit etwa 40 Tieren.
Als wir ankommen, wollen sie gerade mit einem Truck voller Wolle zu ihrer eigenen Verarbeitungsmühle. Alica meint:" Kommt doch mit uns! Wenn ihr Interesse habt, zeigen wir euch gerne unsere Wollverarbeitungsmühle".
Natürlich haben wir Interesse und so folgen wir ihnen über die Schotterstrasse zu einem kleinen Farmhaus. Mit Stolz führt sie uns Ihre Kardmaschine, wowie die Wollwaschmaschine, (sieht aus wie ein grosser Tumbler) und die Spinnmaschine vor. In den letzten Jahren konnten sie ein paar Farmer überzeugen, ebenfalls ein paar Alpakas zu halten. Jetzt bekommen sie aus der ganzen Gegend das Flies und verarbeiten es für die Farmer zu Wolle.
Auch weidet seit einigen Jahren, zusammen mit den Alpakastuten, ein Pferd auf der Wiese. Auf die Frage, ob noch nie ein Alpaka durch das Ausschlagen des Pferdes verletzt worden sei, meint Alica: "Ganz im Gegenteil. Das Pferd bewacht sozusagen die Alpakas. Wenn ein wildes Tier in der Gegend ist, es hat hier viele Coyoten, Füchse und zum Teil auch Schwarzbären, dann rennt das Pferd aufgeregt zwischen dem wilden Tier und den Alpakas hin und her. So schützt es die Alpakas und das Tier getraut sich nicht näher zu kommen.

Im Süden New Brunswick liegt das kleine Städtchen St' Martins. Wir haben gehört, hier soll es einen schönen Wander- und Velweg geben. Und tatsächlich, der Fundy Trail ist ein herrlicher Fahrradweg entlang der hügeligen Küste. Ein etwa 20 km langer Trail führt von St' Martin zum Salmon River und zurück. Der Weg führt uns über hohe Klippen und glattes, rutschiges Gestein. Die Aussicht, bei den speziell eingerichteten Aussichts-Platformen, auf die Küsten- und Dünenlandschaft, ist grandios. Wieder einmal sind wir froh, dass wir unsere eigenen Fahrräder dabei haben.

Als nächstes fahren wir in die Hauptstadt von New Brunswick, nach Saint John. Als weiteres gibt es über Saint John zu sagen:
"Saint John ist die Hauptstadt von New Brunswick".......!!!!!!!

Langsam neigt sich die Sonne gegen Westen hinunter. Das ist für uns der Startpunkt, dass wir angestrengt in jeden kleinen Feldweg hineinspähen. Verbirgt sich wohl dort, hinter Büschen versteckt, und trotzdem schöner Aussicht auf Berge oder Seen, unser nächster Übernachtungsplatz? Meistens braucht es mehrere Versuche, bis wir unseren Stellplatz gefunden haben. Auch jetzt wieder. Die letzten waren zu stark bewohnt (man konnte uns gut sehen), zu nahe an einer Strasse (zu laut) und eine Sackgasse. Jener Weg aber verspricht Gutes.
Direkt am Grenzfluss zu den USA, an einem Waldrand, richten wir uns heute für die Nacht ein. Das scheint ein ruhiger, sicherer Übernachtungsplatz zu werden.
Doch weit gefehlt! Schon nähert sich ein Motorrad und dahinter ein Pickup mit 4 Personen.
Ist das wohl der Eigentümer oder die Grenzpolizei, die hier in der Nähe regelmässig patrouliert? Wir hätten doch den Farmer vorher um Erlaubnis fragen sollen, ob wir hier übernachten können! Jetzt ist es zu spät!
Die Fahrzeugkollone hält direkt vor unserem Suri und als ich ihnen erkläre von wo, warum, wie lange und wie schön dass wir Kanada finden, öffnen sie ihre Kühlbox und wir trinken alle zusammen ein "Canadian Bier". Noch lange unterhalten wir uns zusammen mit dem Farmer und seinen Söhnen vor dem Lagerfeuer, das sie vor unserem Wohnmobil entfachen. So kommt eine anfänglich ungemütliche Situation doch noch zu einem gutem Ende.

Québec, die Hauptstadt des gleichnahmigen Bundesstaates, besticht durch seine vielen Restaurants, Boutiquen und kleinen Cafés mit französischem Flair. Es tut gut, nach all den vielen Mc. Donalds und Mc. usw., wieder in einem stilvollem Strassencafé einen Capuccino zu schlürfen.
Es gibt viel zu sehen, wie das Chateau Frontemac, die Strasse du Petit Champlain und vieles mehr.

Montreal. Nebst der schönen Altstadt und den vielen Cafés direkt am St. Laurent Strom, hat es uns der Biodom besonders angetan.
Er führt uns durch die verschiedenen Eco-Systeme, wie Maritimes, Tropische Wälder und Antarktik. Es ist etwas zwischen Zoo, Aquarium und botanischem Garten.

Bärenbegegnung und Möwenangriff

Nach all den Grosstädten zieht es uns wieder aufs Land, in die Weite der kanadischen, unverfälschten Natur. Was eignet sich besser, als eine Kanutour im Algonquin Provincial Park. Kurz entschlossen mieten wir für 3 Tage ein Kanu und kaufen dazu eine Karte mit all den verschiedenen Kanurouten. Wir entscheiden uns für eine Rundreise auf 14 verschiedenen Seen.
Doch kaum haben wir das Zelt, den Schlafsack, die Esswaren und all das "unentbehrliche" Material im Boot verstaut, kommt ein Gewitter auf. Bei Blitz und Donner können wir unmöglich starten. So warten wir noch ein wenig, bis das Unwetter vorüberzieht. Bei leichtem Regen starten wir trotzdem zu unserem "Back-Country" Abenteuer.
Im Hinterland, wo Elche, Bären und Luchse leben, ist auch heute die Fortbewegung nur zu Fuss oder mit dem Kanu möglich. Es ist Mitte Juni, unser Hochzeitstag und was gibt es schöneres, als mit dem Kanu über die glatte Oberfläche des tiefblauen Wassers zu gleiten.
Besonders faszinieren uns die die Loons, eine Tauchvogelart. Bis auf wenige Meter können wir uns ihnen mit dem Boot nähern, bevor sie urplötzlich ins dunkle Blau abtauchen. Kurz darauf erscheinen sie wieder an unerwarteter Stelle in beträchtlicher Entfernung. Wie ein spöttischen Lachen schallt dann ihr Ruf über den See.
Um die Ursprüchlichkeit der Wildnis zu bewahren, ist das Campen im Hinterland nur auf sogenannten "primitiv Campsites", welche jeweils Platz für ein bis zwei Zelte bieten, möglich.
Am Ende des jeweiligen Sees müssen wir das Kanu auf einer "Portage" zum nächsten See befördern. Zuerst mit dem Gepäck und dann wieder zurück und mit dem Kanu den gleichen Weg. Wenn nur die Moskitos und Blackflies (Schwarzfliegen) nicht wären, die gierig über uns herfallen. Denn trotz Moskitomittel werden wir tüchtig zerstochen. Doch eine Stunde später treiben wir wieder gemütlich in ruhigem Wasser und lassen uns von der Sonne verwöhnen.
Wir paddeln fast lautlos durch die Wildnis, als wir auch schon die nächste Portage erblicken. Doch was bewegt sich dort, direkt neben unserem Aussteigeort. Beim Näherkommen sehen wir es eindeutig, es ist ein Schwarzbär beim fressen. Das pechschwarze Bärenfell glänzt im Sonnenlicht und schon bald verschwindet Meister Petz im dichten Unterholz.
Der Tag zieht vorüber wie die bewaldeten Ufer der Seen. Gegen Abend erreichen wir völlig erschöpft vom Paddeln und den Portagen das Ufer des Burnt Island Lake, wo wir unter schattigen Pine Trees unser Nachtlager aufstellen. Während wir am Lagerfeuer sitzen und den purpurroten Sonnenuntergang betrachten, lauschen wir dem klagenden Konzert der Loons.
Am nächsten Morgen gleiten wir wieder wie schwerelos übers Wasser, auf einen Punkt am Horizont zu, der im Laufe der Zeit zu einer kleinen Insel heranwächst. Doch plötzlich werden wir von einem Luftzug, knapp über unseren Köpfen, aus unserem friedlichen paddeln überrascht. Von hinten hatte eine Möve einen Angriff auf uns gestartet. Doch schon bald wendet sie sich wieder und fliegt geradewegs von vorne auf uns zu. Im letzten Moment können wir uns noch ducken. Dieses Spiel wiederholt sich noch ein paar mal, bevor wir endlich den Grund der wütenden Angriffe der Möwe entdecken. Auf der kleinen Insel, nicht weit von uns entfernt, sitzt der Partner der Möwe, mit 2 kleinen Jungen, die noch nicht fliegen können. Die Möwe wollte nur seine Jungen verteidigen, wenn es sein muss, auch mit dem eigenen Leben. Als wir das erkennen, kehren wir sofort unsere Richtung.
Am Joe Lake gilt es nochmals eine Landbrücke zu überwinden. Mit dem Kanu auf den Schultern folgen wir einem Trampelpfad, der uns zurück zum Canoe Lake bringt, zu unserem Ausgangsort.
Es war ein unvergessliches Erlebnis, aber mit den vielen Moskitostichen sind wir trotzdem froh, wieder beim Suri zu sein.

Eigentlich wollten wir in der Nähe von Thunder Bay die längste Fussgänger-Hängebrücke von Kanada besichtigen, aber da sie pro Person 18 Dollar wollten, machten wir rechtsumkehrt. Nun sind wir schon etwas genervt. Dieser ganze Umweg über Schotterstrassen für nichts. Doch was steht da am Wegesrand. Das schwarze Wollknäuen entpuppt sich beim Näherkommen als Schwarzbär. Genüsslich knappert er an einem Strauch voller Knospen und lässt sich auch nicht stören, als wir direkt vor ihm unser Auto stoppen. Erst nach etlichen Minuten verlässt er langsam seinen Fressplatz und zieht sich langsam in den Wald zurück. Nun sind wir trotzdem froh, dass wir diesen Umweg für die Hängebrücke gefahren sind.

Die grösste Sehenswürdigkeit Thunder Bay's ist Fort William Historical Park, eines der besten "lebenden" Museen Canadas. Das einstige westliche Hauptquartier der North West Company von 1803 bis 1821, hat man am Kaministiquia River orginalgetreu wieder aufgebaut. Das Fort diente den Pelztierjägern westlich und nördlich des Lake Superior als Treffpunkt, zentraler Umschlagplatz und Winterquarier. Von hier aus wurden ihre Felle auf riesigen Lastkkanus im Frühjahr nach Montréal weitertransportiert.
Zuerst werden wir von einem "Voyageur" (Lastenträger) empfangen, der uns fragt: "Von wo kommt ihr? Ich hab euch noch nie hier gesehen! Ihr seit sicher müde vom paddeln bis hierher."
So geht es die ganze Zeit weiter. Diese Inszenierung der guten alten Zeit erreicht im Fort Williman einen hohen Grad an Perfektion. Die meist Jugentlichen "Bewohner" vermitteln in zeitgenössischer Kleidung ein authentisches Bild vom Leben und Alltag am Rande der Wildnis im Jahre 1815.
Da wir uns nicht so wohl fühlen (so sagt man es uns), werden wir zum Doktor gebracht, der Ruth sogleich mit einer Säge das Bein amputieren möchte. Zur Schmerzlinderung hat er ein braunes Gebräu zur Hand, ein Gemisch aus Alkohol, Opium und Tabak. Doch augenblicklich fühlen wir uns wieder "sauwohl". Was doch ein Anblick so alter Arztgeräte und Mixturen alles bewirken kann!

Heute übernachten wir zum letzten Mal im Bundesstaat Ontario. Dafür eignet sich der Rushing River Provincal Park vorzüglich. Er liegt in einer malerischen Fels- und Waldlandschaft, unterbrochen von zahlreichen Seen. Das Gebiet hier nennt sich Lake of the Woods Region und gehört zu den besten Abschnitten des Trans Kanada Highway in Ontario. Am Lagerfeuer beschliessen wir einen Tag, der ausgefüllt war mit Kanufahren, baden im glasklaren See und wandern zu den Lower Rapids Falls.