Reisebericht 41 / Coihaique (Chile) - Zapala (Argentinien) / 1. Februar 2012 - 12. März 2012 / 98'600 km -100'800 km

Reiseroute: Coihaique, La Junta, Galeta Gonzalo, mit der Fähre nach: Hornopirén,
Puelo, Petrohué, Frutillar, Puerto Octay, Osorno, Entre Lagos, Panguipulli, Conaripe, Villarrica, Pucon, (Grenze nach Argentinien) N.P. Lanin, San Martin de los Andes, 7 Lagos, Traful, Junin de los Andes, Aluminé, Zapala

Patagonisches Volksfest

Eine endlose Kolonne von Ochsengespannen zieht an uns vorüber. Jedes dieser Gespanne zieht einen Wagen vollgepackt mit Heu, Holz oder einer mobilen, dampfgetriebenen Dreschmaschine.
Wir sind in Villa Cerro Castillo, wo eben das alljährliche, traditionelle Volksfest stattfindet. Zudem schreitet noch eine Kavallerie von stolzen Gauchos mit ebenso stolzen Pferden über das Kopfsteinpflaster. Die Reiter sind bekleidet mit einem Wollponcho, Lederstiefel, breitkrempligem Hut und dem obligatorischen Messer im Gürtel.

Auf der Farm " Fundo San Pedro", wird dem interessierten Publikum gezeigt, wie im tiefen Patagonien echte Schaftszucht betrieben wird.
Zur Kennzeichnung des Schafs wird ihm ein Teil des Ohres abgeschnitten. Anschliessend werden die weissen Wollknäuel kastriert. Jeder westliche Tierarzt bekäme einen Herzinfakt, müsste er dem Schauspiel beiwohnen. Für diesen Vorgang braucht es 2 waschechte Gauchos. Der erste macht dem Schaf einen kurzen Schnitt zwischen die Beine und der andere beisst mit dem Mund die Hoden ab und spuckt sie danach auf einen Haufen, wo die Hunde schon gierig draufschauen. Nichts für schwache Nerven, aber das ist Tradition und wird bis zum heutigen Tag immer noch so praktiziert.
Der Gaucho meint: "Eine kurze und ziemlich schmerzlose Methode". Ob das wohl stimmt? Vielleicht hat er das selbe Prozedre bei sich selber schon erlebt!

Nun zum Kulinarischen. Die Vorspeise ist etwas gewöhnungsbedürftig. Für das Assado werden etwa 20 Schafe, Lämmer und Ziegen geschlachtet. Ein kurzer Schnitt durchschneidet die Kehle und das Blut fliesst in eine Schale. Dieses wird gemischt mit frischen Kräutern und Zitrone bis es gerinnt. Dannach werden kleine Häppchen geschnitten und die Zuschauer werden aufgefordert, davon zu kosten. Das ganze schmeckt wie eine Blutwurst, ist noch lauwarm und gar nicht mal so schlecht wie es aussieht!

Im Lande des Berglöwen

In Coihaique reservieren wir die Fähre von Caleta Gonzalo nach Hornopieren, die in einer Woche ausläuft. Wir haben beschlossen, Chile für die nächsten Wochen treu zu bleiben um den nördlichsten Teil der Carretera Austral, den wir als einziges noch nicht gesehen haben, einen Besuch abzustatten.
Je weiter wir uns gegen Norden bewegen, eingeklemmt in ein Korsett zwischen Ozean und den Anden Gipfeln, desto mehr befinden wir uns in der tropischen Umarmung dieser feuchten Wildnis. Diese Enge scheint dem Land die Sonne abzuschnüren. Seit Tagen stecken wir in einem Tief aus Regen, Nebel und kalten Winden. Die Bergketten sind von Regenwolken verhangen und nur schwer zu erkennen.
In den Wäldern dieser Region wachsen die meisten der noch existierenden patagonischen Zypressen, die im tiefsten Süden beheimatet sind und bis zu 2000 Jahre alt werden können. Douglas Tomkins, ein nordamerikanischer Multimillionär und Gründer der Label "North Face" und "Esprit", hatte eines Tages genug von der Modewelt und kaufte grosse Landstriche in dieser Gegend zusammen. Diese Landkäufe wurden anfänglich noch im stillen abgewickelt und bevor auch nur irgendjemand begriff, was dieser Tomkins trieb, hatte er bereits 2590 Quadratkilomerter fantastisches Waldgebiet gekauft, das sich vom Ozean bis zur gebirgigen Grenze nach Argentinien erstreckt.
Wenn die Chilenen bereis erstaunt darüber waren, dass in ihrem Land ein Fremder derart viel Land besass, musste Tomkins zweiter Schritt sie verblüffen, denn er verkündete, er wolle das Land der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. So wurde der Park "Pumalin", der soviel wie Land des Berglöwen heisst, zu einem Vermächtnis an die Öffentlichkeit, das für immer Bestand haben sollte. Er investierte sein Vermögen in eine umweltgerechte Infrastruktur, liess Wanderwege und Campingplätze für Besucher errichten und das Parkareal durch eine nichtkommerzielle Stiftung verwalten, in deren Aufsichtsrat hauptsächlich Chilenen sitzen. Die Reaktionen auf dieses grosszügige und weitsichtige Geschenk fielen ganz unterschiedlich aus.
Manche meinten, er wolle hier ein nukleares Endlager oder eine amerikanische Basis errichten. Der frühere Verteidigungsminister von Chile bezeichnete Tomkins gar als "lästig und nicht ganz bei Trost."

Die meisten Chilenen, mit denen wir über dieses Projekt reden, sind ihm nicht feindlich gesinnt, sondern eher etwas verwirrt. Wie kann ein wohlhabender Mann einfach dermassen viel Land verschenken. Landbesitz war in Chile schon immer ein Zeichen für grossen Reichtum und sozialen Status. Entweder ist man Landbesitzer oder man ist gar nichts. Schon gar nicht verschenkt man Land einfach so.
So wandern wir durch diesen Park, folgen den schmalen, kaum begehbaren Pfaden durch herabhängenden Farn und Wasserläufe, über denen nasse, rindenlose Baumstämme liegen und betrachten ehrfürchtig die riesigen Aurakarien.

In Caleta Gonzales angekommen, reihen wir uns in die Kolonne der wartenden LKW's und Autos ein, die ebenfalls die Fähre nach Hornopirén nehmen wollen. Nach einem chaotischen Lademanöver, nicht alle haben Platz auf der Fähre, können wir uns doch noch im letzten Winkel plazieren. Nun wird die Laderampe hochgezogen, der unförmige Metallkasten dreht sich einmal um die Achse und wir gleiten langsam über die unebene Wasseroberfläche durch eine unberührte Fjordlandschaft. Delphine begleiten unsere Fahrt nach Norden und wir sind erstaunt, welche Geschwindigkeit diese Tiere unter und über Wasser entwickeln können.

Von Hornopirén nehmen wir die westliche Küstenstrasse entlang von malerischen Dörfchen, farbigen Holzkirchen, die uns an die Insel Chiloe erinnern und einfachen Menschen, die vor allem vom Fischfang leben.
Am Rio Puelo steht eine ganze Armada von Fliegenfischer, die pausenlos ihre Fliege rauswerfen.
"Das ist einer der besten Lachsflüsse von ganz Chile", meint ein alter Fischer überschwenglich freudig und legt seine Stirn in Falten wie seine abgenutzte Lederjacke.
Kurz darauf haben wir ein schönes Plätzchen am Fluss gefunden und ich werfe ebenfalls meine Angel in die glasklaren Fluten des Rio Puelo. Schon bald zappelt eine Regenbogen-Forelle an der Schnur und kurz darauf die nächste und somit ist unser Menüplan für das Nachtessen bestimmt.
Es ist Mitternacht und ich träume wie die Forellen vor meiner Angel Schlange stehen, damit sie zubeissen können, als wir durch lautes Klopfen an der Tür geweckt werden.
Im halbdunkel des Mondes erkennen wir den Platzwart und er fordert uns mit erergischer Stimme auf: "Ihr müsst sofort den Platz verlassen. Der Fluss staut sich zurück und in einer Stunde ist euer Platz schon meterhoch überschwemmt. Der Rio Puelo fliesst weiter vorne ins Meer und da nun Vollmond ist, befindet sich die Flut auf ihrem Höchststand. Dadurch wird der Fluss wie eine Staumauer aufgehalten und er schwillt mehrere Meter an."
Warum er uns das nicht schon früher mitgeteilt hat, leuchtet uns nicht ganz ein, trotzdem haben wir das dringende Bedürfnis, diesen Patz schnellstmöglich zu verlassen und unser restliches Nachtlager an einem höheren Ort aufzuschlagen.
Am nächsten Tag, als die Flut am höchsten steht, ist unser ehemaliger Platz effektiv grossflächig überschwemmt.

"Ist das nicht Evi und Hans-Hermann", meint Ruth und zeigt auf das entgegenkommende weisse Wohnmobil. Natürlich sind sie es! Schon zum 6. Mal kreuzen sich unsere Wege in Südchile. Vor 5 Jahren haben sie in Deutschland ihre Werkzeugfabrik verkauft und sind seither mit ihrem Landrover quer durch Asien und Amerika unterwegs. Da gibt es natürlich viel zu quaseln bis spät in die Nacht.

Am nächsten Tag fahren wir durch ein enges, verschlungenes Tal, das uns immer weiter in die Amden führt, bis wir schliesslich an die Steilhänge des Vulkans "Osorno" kommen. Der Osorno ist immer noch aktiv, aber die strahlendweissen Schneefelder, die mit einer Steigung von 45 Grad nach oben verlaufen sind der Beweis, dass er momentan erkaltet und nicht aktiv ist. Nach fast 2 Monaten Naturstrasse, fahren wir auf einer neuen Asphaltstrasse bergwärts bis zum Parkplatz des "Refugio" auf 1200 Meter, kurz unterhalb des mit Spalten übersäten Gletschers.
Im Rücken der imposante Osorno mit seiner perfekten Kegelform und weiter vorne der touristische Ort "Petrohué" am Lago "Todos los Santos", was auf deutsch "Alle Heiligen" bedeutet. An diesem von Bergen umgebenen See gibt es offenbar ebenso viele Bergspitzen wie Heilige in der katholischen Kirche.
Am Abend lässt die untergehende Sonne die Schneefelder des Osornos so hell erstrahlen, dass es uns fast in den Augen wehtut. Ein idealer Übernachtungsplatz.

Und immer wieder lernt man interessante Leute kennen

"Wenn ihr in der Nähe seit, dann kommt uns doch besuchen. Wir würden uns freuen".
Eben erreicht uns dieses Mail von der deutsch / chilenischen Bäckersfamilie, die wir vor einem Jahr im chilenischen Seengebiet kennengelernt haben. Da wir das letzte Mal schon eine herrliche Zeit mit ihnen verbracht haben, lassen wir uns nicht zweimal bitten. Über Puerto Montt und Frutillar fahren wir erneut zum Lago "Panguipulli", an dessen Ufern sie ihr Ferienhaus haben.

4 Tage später verlassen wir schweren Herzens diese nette, gastfreundliche Familie und rollen erneut nordwärts. Nochmals vielen Dank für die schöne Zeit, die wir mit euch verbringen durften.

Wie schon vor einem Jahr sind rund um Villarrica und Pucon die Strassen verstopft und in den Geschäften herrscht ein unglaubliches Gedränge. Es ist Mitte Februar und bis Ende dieses Monats haben die Chilenen noch Ferien. Welch ein Gegensatz zur unberührten Natur auf der Carretera Austral.
Da auch die Campingplätze überfüllt sind, kommen wir gerne auf das Angebot eines Reisefreundes zurück. Als wir ihn vor zwei Jahren in den USA getroffen haben, meinte er: "Als ich das letzte Mal in der Gegend um Pucon war, hat es mit so gut gefallen, dass ich sogleich ein Stück Land gekauft habe. Wenn ihr in die Nähe kommt, könnt ihr selbstverständlich das Wohni dort stehen lassen. Man hat eine herrliche Sicht auf die Vulkane und zum Einkaufen ist es auch nicht weit. Das Grundstück ist ein wenig schwer zu finden, aber geht doch einfacht zum Hans Saler, der kann euch dorthin führen."

Nun sind wir hier in Pucon und klappern die "Outdor" und "Adventure" Agenturen ab, von denen es nur so wimmelt. Endlich finden wir jemanden, der diesen Hans Saler kennt und wir rufen ihn an. Er meint: "Kommt doch zu mir. Auf dem Grundstück von Herbert hat es weder Strom noch Wasser und von uns aus hat man eine schöne Sicht auf den Lago Villarrica."
Also fahren wir zu ihm, wo er mit seiner holländischen Frau Druus ein kleines aber traumhaftes Answesen sein Eigen nennt. Bei der abendlichen Unterhaltung stellt sich schon bald heraus, dass er in Deutschland und speziell in Bergsteigerkreisen, eine Berühmtheit ist.
Er war 1970 an der Nanga-Parbat Expedition dabei, bei der Reinhold Messner unter tragischen Umständen seinen Bruder Günther verlor. Bei dieser Expedition im Himalaya Gebirge, wurde doch erstmals die grösste Steilwand der Erde durchstiegen. Man stelle sich vor, diese senkrechte, teils überhängende Wand ist ca. 3x so gross wie die Eiger-Nordwand, übersät mit Gletscherspalten und Eisrinnen und das auf einer Höhe von 7000 und 8000 Meter, in der sogenannten Todeszone.
30 Jahre haben die Expeditionsteilnehmer über die Wiedersprüche von damals geschwiegen, wie der Bruder von Messner ums Leben kam. Doch in letzter Zeit hat Reinhold Messner, einige der ehemaligen Teilnehmer sind in der Zwischenzeit schon verstorben, diese mit unhaltbaren Anschuldigungen konfrontiert.
Auch Hans wurde darin angeschuldigt, worauf hin er in einem Buch, "Zwischen Licht und Schatten", seine Darstellung der Geschehnisse von damals niederschrieb.
Danach gab es in Deutschland einen riesen Wirbel und Messner versuchte in einem Prozess, dieses Buch vom Markt zu nehmen, was ihm aber nicht gelang.
Anschliessend veröffentlichte Hans in einem zweiten Buch "Gratwanderungen meines Lebens", seine überaus abenteuerliche Biografie, die nun in Indien verfilmt wird.
Ihr könnt euch ja vorstellen, dieser Mensch, der nun seit über 12 Jahren hier in Chile lebt, ist ein wahnsinnig interessanter Typ. Gebannt hören wir ihm zu, wie er von seiner Atlantiküberquerung im selbstgebastelten Segelboot berichtet, oder den vielen Besteigungen der höchsten Berge der Welt.


Die Gegend rund um Villarrica und Pucon ist bekannt für seine heissen Quellen, die "Thermen". Es ist immer noch Ferienzeit, das Wetter ist kühl und regnerisch, also ideal, um sich in einem wamen Pool die alten Knochen aufzuwärmen. Leider sind wir nicht die einzigen, die diese Idee haben. Die Parkplätze vor den Thermen sind überfüllt und als ich eine Chilenin frage wie es dort ist meint sie kopfschüttelnd: " Mucho gente, demasiado", viel zu viele Leute.
Haben wir nicht kürzlich diesen Geheimtipp von dieser heissen Quelle bekommen?
Nichts wie hin! Ein kleiner, glitschiger Pfad führt steil den Berghang hinunter. (Koordinaten unter "Tipps in Chile") und direkt oberhalb des tosenden Flusses haben ein paar waghalsige Chilenen die kleine, heisse Quelle gefasst und ein natürliches Becken darum herum gebaut. So sitzen wir alleine in diesem Pool, inmitten einer grandiosen Schluchtenlandschaft und geniessen das Privatbad. Welch ein Unterschied zu den öffentlichen Bädern, wo man vor lauter Köpfen das Wasser nicht mehr sieht!

Nach über einer Woche verabschieden wir uns von diesen 2 besonderen und aussergewöhnlichen Menschen, die unser Leben mit den vielen, interessanten Gesprächen zutiefst bereichert haben. Die tausend flüchtigen Bekanntschaften und das Leben für den Augenblick scheinen für uns längst normal zu sein.
Am besten lässt es sich ausdrücken, mit unserem Eintrag in ihr Gästebuch.

Bei Hansi und Truus, den zwei Lieben,
sind wir effektiv eine Woche hängengeblieben.

Spannende Geschichten kamen aus ihrem Mund,
da staunte sogar der Esel, das Lama und der Hund.

Von Ozeanüberquerungen und Gletscherspalten,
vor Anspannung mussten wir uns am Stuhlbein halten.

Fliegt doch nicht immer nach Indien oder Chang Mei,
kommt doch mal in die Schweiz und schaut bei uns vorbei.

Nochmals möchten wir uns herzlich bedanken auf diese Weise,
eure liebe Gastfreundschaft werden wir nie vergessen auf unserer Reise.

Höher und noch höher. Die Strasse verengt sich zu einer bescheidenen, einspurigen Erdpiste, die sich durch die Falten der südlichen Anden windet, dem steilsten Gebirge der Erde. Das ist Suris natürliches Terrain, obwohl er nur wiederwillig nach oben kriecht. Wir befinden uns inzwischen im argentinischen Teil des Lanin National Parkes und markieren unsere Ankunft mit einer langen Staubfahne.

Strasse der sieben Seen

Schon von weitem haben wir den schneebedeckten Kegel des gleichnamigen, 3800 m hohen Vulkans gesehen. Nebst den vielen Südbuchen begeistern uns vor allem die grossen Bestände der Aurakarien. Die pinienartige Konifere trägt Nüsse, die lange zu den Grundnahrungsmitteln der Mapuches gehörten. Nur die Eingeborenen dürfen die Nüsse der Aurakarien sammeln. Es gibt im Park eine vielzahl von faszinierenden Seen, die einst von Gletschern geformt wurden.
Über Junin de los Andes fahren wir zum grössten See des Parks, zum "Lago Huechulafquen". Regen und eins eisiger Wind zwingen uns am nächsten Tag schon zeitig zum Aufbruch. So fahren wir in die Touristenhochburg "San Martin de los Andes".
Eingebettet in einer traumhaften Bergszenerie und an den Ufern des "Lago Lacar", liegt dieser schicke und ziemlich teure Urlaubsort.
Im Gegensatz zu Bariloche hat dieser Ort viel von seinem alten Charm behalten. Wir bummeln durch die Alleen entlang des Seeufers, geniessen einen Café "Cortado" in einem der vielen Gartencafés und lassen uns die Bergsonne ins Gesicht scheinen.

Die grösste Attraktion der Gegend, wenigstens in der Sommerzeit, ist die landschaftlich einzigartige Panoramastrasse, die "Ruta de los Siete Lagos" (Strasse der 7 Seen). In den letzten Jahren war das effektiv der Fall, aber nun sieht es leider anders aus.
Die meisten Leser erinnern sich noch an den Sommer 2011, als der Vulkan "Puyehue", der eigentlich in Chile liegt, ausgebrochen ist. Seit dieser Zeit trägt der konstante Westwind die Asche hinüber nach Argentinien. Es leben ca. 200'000 Menschen im Einzugsgebiet dieses aschespeienden Vulkans, der für dieses Chaos die Verantwortung trägt. Einmal mehr wird uns vor Augen geführt, dass Vulkane keine toten Gebilde sind und wir ziehen unseren Hut vor den Menschen, die hier ihr (Über-) Leben fristen.
Unglaublich, die Asche dringt in alle Bereiche des täglichen Lebens und ist omnipresent.
Wir sprechen mit der Besitzerin eines kleinen Fischereigeschäftes, welche normalerweise einzig und allein vom Tourismus lebt.
"Es ist eine Katastrophe", meint sie kopfschüttelnd, "diese Saison haben wir 90% weniger Gäste und der Umsatz sieht nicht besser aus."

Wir fahren zu einem abgelegenen Bergsee, dem Lago "Filo Hua-Hum", eingerahmt in einer einzigartigen Bergkulisse. Ein einziges Zelt steht auf dem grossen, direkt am See gelegenen Campingplatz. Unter normalen Bedingungen wäre dieser Platz ziemlich bevölkert, aber warum es nicht so ist, wird uns schnell klar. Kaum machen wir einen Schritt aus dem Auto, schon wirbelt eine Aschefahne, fein wie Mehlstaub, auf. Schon nach kurzer Zeit spührt man ein Kratzen beim atmen und die Augen fangen zu brennen an.
Am nächsten Morgen ist der blaue Himmel von einem grau-braunen Schleier überzogen und wir werden von einem Ascheregen berieselt. Nun ist es höchste Zeit, so schnell als möglich gegen Norden zu fahren, nur weg aus der näheren Umgebung dieses aschespeienden Vulkans.
Wir setzen uns ins Auto und fahren weg. Was aber machen die Leute, die schon seit Generationen dieses Land bebauen, die hier ein Geschäft betreiben oder Arbeit gefunden haben? Es ist wirklich eine Katastrophe!

100 km weiter nördlich spürt man nichts mehr von dieser Tragödie. Auf einen Tipp hin, danke Evi und Hans-Hermann, haben wir am Lago "Rucachoroi" ein kleines Paradies gefunden. Mapuches betreiben einen kleinen Campingplatz und so stehen wir direkt am klaren Bergsee. Die Tage vergehen wie im Flug mit wandern, lesen, fischen und Seesack streichen!? Das hat eine Vorgeschichte!

Vor ein paar Wochen, am Lago General Carrera, holten wir unser aufblasbares Gummiboot vom Dach und wollten eine Bootstour machen. Wir waren nur wenige Meter vom Ufer entfernt und schon begann sich das Boot mit Wasser zu füllen. Schnellstmöglichst paddelten wir zurück und begutachteten den Schaden. Einige Nähte hatten sich gelöst und die Verbleibenden konnten wir wie Kaugummi lösen. Was war geschehen?
Das Gummiboot haben wir aus Platzgründen in einem schwarzen Seesack, ebenfalls aus Gummi, auf dem Dach montiert. Durch die enorme Hitze in Bolivien und Paraguay, hat sich, durch die schwarze Farbe des Seesacks, ein Hitzestau gebildet. Wahrscheinlich waren in dieser Zeit im Innern des Sacks Themperaturen von 80 - 90°C, die den Leim schlicht auflösten.
In Pucon haben wir einen Spezialisten gefunden, der sämtliche Nähte fachmännisch frisch verleimte. Im Moment haben wir wunderbares Wetter und ich nütze die Gelegenheit, dem schwarzen Sack eine beige Farbe zu verpassen, damit die helle Farbe die Sonnenstrahlen reflektiert. So werden in Zukunft die Themperaturen im Sack erträglicher sein und der Leim sollte sich nicht mehr auflösen. Wir werden sehen! Das sind eben die kleinen "Sörgeli" des Reisenden.

Da wir unser Haus mit uns herumtragen, wie eine Schnecke, sind wir eigentlich vollkommen unabhängig. Schon längst haben wir uns an diesen Rythmus gewöhnt und es ist wohl das wunderbarste Leben, das man führen kann. Das Gefühl, nicht wissen, welcher Tag es ist, ist ein Ausdruck von Freiheit. Wir überlegen, ob wir nicht für immer hier sein wollen.

Doch die Realität holt uns schneller als erwartet ein. Ich drehe den Zündschlüssel und es passiert.....nichts! Unglaublich, erst vor gut einem Jahr haben wir die Batterie gewechselt und nun, mitten im Niergendwo, geht wieder nichts. Mit Glück können wir mit der Bordbatterie, die durch die starke Sonneneinstrahlung gut geladen ist, uns selber überbrücken.
So ändern wir unsere Pläne und fahren die nächste, grössere Stadt an, um die defekte Batterie zu ersetzen.

Die nächsten Tage werden uns nochmals in abgeschiedene Bergregionen bringen mit klaren Seen, Geysiren und heissen Badebecken, bevor wir uns Richtung Mendoza, der Weingegend Argentiniens zuwenden.

Ob wir nach dem Degustieren den Ausgang aus den vielen Weinkeller noch finden, dann im nächsten Bericht.

Die mit dem Reisevirus,
Ruth und Walter