25 Rumänien - Schweiz

Reisebericht 49 / Ruse (Grenze nach Rumänien) bis in die Schweiz / 14. 05. 2019 - 2. 06. 2019

Kilometerstand von der Schweiz über China, Indien, Afrika bis in die Schweiz: 131'400 km (Total 270'000 km incl. Panamericana)

Reiseroute: Ruse, Bukarest, Sibiu, Genze zu Ungarn, Budapest, Platten-See, Héviz, Köszeg (Grenze zu Österreich), Neusiedler See, Wien, St. Pölten, Wolfgang See, Salzburg, Insbruck, Bludenz, Schweiz


Die unaufhaltsame Osteuropäisierung der Autobahn

Ein weiterer Grenzübergang liegt vor uns. Langsam rollen wir an den bulgarischen LKW's vorbei zum rumänischen Zollgebäude. Eine kurze Inspektion des Innenraumes, ob wir auch keine Flüchtlinge versteckt haben, ein vorzeigen des Reisepasses und schon sind wir in Rumänien.

Was fällt uns auf?
Die Häuser sind gut erhalten, der Rasen um das Anwesen ist liebevoll gepflegt und Blumen schmücken die Veranden der kleinen Eigenheime. Doch was uns am meisten ins Auge fällt, sind die vielen Fahrzeuge deutschen Fabrikates. Waren es in Bulgarien noch Suzuki, Renault, Fiat und Peugeot, sind es hier BMW's, Mercedes, Audi und Porsche's. Eigentlich ist Rumänien auf der Liste der Reichsten Länder Europas auf dem zweitletzten Platz, doch die Anzahl der Autos der oberen Mittelklasse und Luxusklasse spricht da eine andere Sprache.
Wetten, nicht wenige Mittel-Europäer, die ihr Auto als "verloren" gemeldet haben, würden es hier bestimmt wieder finden.

Etwas anderes, das uns hier ins Auge sticht, sind die Lastwagen. Es herrscht ein unglaublicher Verkehr an schweren Brummis und grossen Lastzügen. Überall sieht man Logistik-Center und allerlei Zubehör für LKW's.

Wie uns schon vor ein paar Jahren ein Deutscher Spediteure mitgeteilt hat, findet er fast keine Fernfahrer mehr und wenn, sind sie zu teuer. Trotz eines Mindestlohnes in Rumänien, die Billig-Rivalen aus dem Osten profitieren. Bei einfachen Angeboten für eine Tour über lange Distanzen könne er sich nicht mit Osteuropäern messen. Stattdessen müsse er sich etwas anderes einfallen lassen.
Mit durchschnittlich rund 2500 Euro Bruttolohn plus Spesen für seine Lkw-Fahrer kann er nicht gegen die paar Euro Stundenlohn der Konkurrenten aus Bulgarien oder Rumänien antreten. Transporte von Rampe zu Rampe sind für deutsche Mittelständler zumindest auf langen Strecken nicht mehr wirtschaftlich zu machen, meinte er. „Davon müssen wir uns verabschieden. Transportaufträge auf Fernstrecken von und nach Deutschland sind fest in der Hand ausländischer Fuhrunternehmer oder deutscher Subunternehmer mit ausländischen Fahrern. In diesen Firmen kommt zum Beispiel ein rumänischer Trucker auf etwa 1300 Euro Monatslohn – etwa die Hälfte des deutschen Niveaus."

An dieses Gespräch erinnern wir uns, als wir das gewaltige Verkehrsaufkommen in Rumänien erblicken.

Langsam nähern wir uns der "Walachei", so nennt sich das Gebiet rund um die rumänische Hauptstadt Bukarest. Der Verkehr wird immer schlimmer. Bis zum Stadt-Camping in Bukarest bleiben wir immer wieder im Stau stecken. Der Stellplatz dann ist nicht gerade das Gelbe vom Ei. Es ist ein grosser Asphalt Parkplatz, an dem sich Reih an Reih die Wohnmobile aufstellen. Aber eben, Stadtcampings zeichnen sich mehr durch ihre Nähe zum Zentrum aus, als durch ihre idyllische Lage.

Am nächsten Tag nehmen wir die Metro in die Millionenstadt und starten unsere Sightseeingtour
Auf dem Weg dorthin rauschen an uns die abweisenden Wohnblöcke der kommunistischen Zeit vorbei, verschanzt hinter Plakaten, die den neuen Kapitalismus verherrlichen.
Doch schon beim Betrachten der Gebäude und ihrer Aneinanderreihung zeigen sich die eigentlichen geschichtsträchtigen Details. Das Stadtbild von Bukarest erinnert noch heute an den Diktator Nicolae Ceausescu, der von 1965 bis 1989 das Land regierte. Ceausescu ließ damals Tausende Gebäude und ganze Dörfer zerstören, um Platz für den sogenannten Zuckerbäckerstil zu schaffen.

Das beste Beispiel für seinen zweifelhaften Geschmack ist der Parlamentspalast im Zentrum der Stadt - das größte Gebäude Europas. 700 Architekten und 20.000 Handwerker arbeiteten über einen Zeitraum von fünf Jahren an dem Gebäude, das 5'100 Räume besitzt. Zum Vergleich: Der Londoner Buckingham Palace hat "nur" 775 Räume. Von dort aus steuerte der Diktator seine leidbringende Politik. Er trieb das Land in die Armut, führte zahlreiche Unternehmen zur Insolvenz und nahm Tausenden Menschen ihr Obdach. Die Auswirkungen auf die Hauptstadt sind bis heute sichtbar. Neben Bettlern spaziert die Schickeria Bukarests durch die Einkaufsstraßen entlang der teuren Läden, wo sich ein paar Meter dahinter der Putz von der Mauer löst.

Bukarest ist vor allem eines, viel bunter, schicker und sicherer als sein lädierter Ruf. Der hängt ihm noch immer hartnäckig nach. Dabei hat sich gerade in den letzten Jahren viel getan in der Balkanmetropole, die einst „Paris des Ostens“ genannt wurde. Die rumänische Hauptstadt ist spannend und voller Widersprüche, dazu unschlagbar preiswert. Ich würde sogar behaupten, die günstigste Hauptstadt Europas. Ihr diskreter Charme offenbart sich uns in den unzähligen Cafeterien, die allerdings nicht auf den ersten Blick zu finden sind. Genauer hinzuschauen lohnt sich.

Sibiu, die ehemalige europäische Kulturhauptstadt

Sibiu, auch Hermannstadt genannt, verströmt das Flair einer bayerischen Kleinstadt. Selten schlenderten wir derart entspannt durch solch eine schöne und fröhlich anmutende Fußgängerzone. Es wird rumänisch gesprochen, aber man hört ebenso Deutsch, Ungarisch, Englisch oder Französisch.
Am Abend fahren wir zurück auf den Camping, der nur ein kurzes Stück ausserhalb der Stadt liegt. Wie schon die letzten Tage vorher, stehen wir Rad an Rad mit europäischen Wohnmobilen. Es sind meist deutsche, ältere Paare, vielmals um die 80 Jahre, die, obwohl in der Zwischenzeit recht wacklig auf den Beinen, noch ohne Probleme das Gaspedal durchdrücken können. Auf diese Weise erkunden sie Osteuropa. Im Grunde nichts aussergewöhnliches, doch was auf uns sehr befremdlich wirkt ist das Desinteresse anderen Gleichgesinnten gegenüber.
Trafen wir in der Vergangenheit auf irgendwelche Reisenden, war stets ein grosses "Hallo". Man sprach über die Reise, über Pläne, die politische Lage oder sonst was doch je mehr wir uns "old Europa" nähern, desto abgekühlter, anonymer wird die Fahrt. Wo sind denn nur die Freundlichkeiten, die Emotionen der südlichen Länder geblieben?
Ich glaube, daran müssen wir uns gewöhnen. Bei uns in Europa gibt es einfach zu viele Wohnmobillisten, zu viele Camper die unterwegs sind. In der Masse verliert sich wahrscheinlich die Tugend der Freundlichkeit, der Neugier auf seinen Gegenüber.
Doch nicht desto trotz, Rumänien hat noch viel zu bieten. Wir fahren entlang eines wild romantischen Tals. Die Häuser sind frisch gestrichen und die in Turnhosen gekleideten Männer plaudern rauchend vor ihren farbigen Eigenheimen.

Auf dem Weg zur Grenze begegnen uns, wie eigentlich überall im Land, Kolonnen von LKW's. Allgegenwärtig ist die waghalsige, oft rücksichtslose Fahrweise vieler rumänischer Bus-, Lkw- oder Autofahrer, denen es zu langsam vorangeht. Im EU-Vergleich belegt Rumänien bei der Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle einen Spitzenplatz. Doch aus dem bettelarmen Land der Ceausescu-Ära ist ein Staat geworden, dessen Wirtschaft sich seit Jahren positiv entwickelt. Viele Unternehmen investierten massiv in Rumänien. Was wir sehen sind riesige Logistik-Zentren entlang der Strasse, die wie Pilze aus dem Boden spriessen und daraus entwickelt sich eine LKW Lawine, die von Budapest über Ungarn bis nach Deutschland rauscht.

Ungarn, die Wellness Oase

Wir auf jeden Fall rauschen unwillkürlich der Grenze nach Ungarn entgegen. Unverhältnismässig schnell erledigen wir die Formalitäten am Schlagbaum der beiden EU-Länder. Nach Afrika, wo wir vielerorts oft stundenlang an der Grenze festgehalten wurden, unsere Personalien in dicke Bücher einschreiben mussten, können wir uns noch nicht daran gewöhnen, dass hier alles so reibungslos, glatt und ohne Pannen über die Bühne läuft.

Was für ein Panorama! Unser Blick schweift über die Donau und ihre Brücken auf eine Stadt, dessen Pracht verzaubert. Unsern Suri haben wir gut verstaut im Camping gelassen und sind mit dem Bus ins Zentrum gefahren. Hier stehen wir nun, schauen auf Buda, das hügelige Land jenseits der Donau und auf das flache Pest, da wo wir gerade stehen.
Um uns einen Überblick zu verschaffen begeben wir uns auf eine Donaufahrt, von wo aus wir die architektonische Schmuckstücke der Stadt besichtigen. Wie Perlen auf der Schnur: am Pester Ufer beispielsweise das imposante Parlament, die Akademie und viele prächtige Bürgerhäuser, am Buda'er Ufer der gewaltige Burgpalast mit seiner Zitadelle. Was immer die Donau an Trennendem darstellt, sie ist auch der Ort, an dem Brücken geschlagen werden. Was wörtlich zu verstehen ist, denn es sind die Brücken, die verbinden und viel zum Charme von Budapest beitragen.
Fast 1,7 Mio. Menschen - etwa jeder fünfte Einwohner Ungarns - lebt in der quirligen Hauptstadt.
Wir fahren vorbei an einem grossen Ausflugsboot, das hier an der Donau vor Anker liegt. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen ist, dass sich in wenigen Tagen mit diesem Schiff eine unvorstellbare Tragödie abspielen wird.
Denn ein paar Tage später wird die "Viking Sigyn" bei Nacht und Nebel ein kleineres Ausflugsboot rammen und dabei über 20 Passagiere in den Tod reissen.
Doch wie gesagt, von diesem Unfall wissen wir noch nichts und so schippern wir gemütlich an der Margareteninsel vorbei, machen zahllose Fotos und bestaunen die im alten Glanz erstrahlten Bauwerke aus längst vergangenen Epochen.


Budapest zählt zweifellos zu den schönsten Städten Europas. Die Stadt punktet mit einer hübschen Altstadt, verwinkelten Gassen, prächtigen Avenuen und Jugendstilhäusern und, was uns immer wieder gefällt, die Pester Kaffeehäuser, zu denen grosse Namen mit einer bewegten Vergangenheit gehören. So zum Beispiel das «New York» oder das «Centràl» die erneut zur alten Pracht auferstanden sind.

Doch oft braucht es nur ein paar Schritte hinter die Fassaden der Plattenbauten und Herrschaftshäuser, denn da bröckelt es gewaltig. Während die noblen Strassen herausgeputzt sind, Wohnhäuser saniert und durch Neubauten mit Wohnungen im gehobenen Segment ersetzt wurden, gibt es daneben ganze Häuserzeilen, die leer stehen und baufällig sind. Für die nötige Renovierung fehlt das Geld. Doch insgesamt hat uns Budapest extrem gut gefallen. Es muss nicht immer Barcelona, Paris oder London sein, auch Budapest würde sich für einen Städtetrip durchaus lohnen.

Bad Héviz, ein Planschbecken für Erwachsene

Schon von weitem sehen wir eine Dampfwolke über dem See. Aus dem Dunst leuchten bunte Badekappen und hellblaue Styroporringe. Andächtig ziehen Paare ihre Runden im Wasser, andere Badende klammern sich an Metall- und Holzverstrebungen, machen Übungen oder lassen sich genüsslich durch das milchige Nass treiben.

Wir befinden uns im größten natürlichen Thermalsee der Welt. Er ist die Hauptattraktion im ungarischen Kurort Héviz, nicht weit entfernt des Plattensees. Ein Krater in 38 Meter Tiefe spuckt jede Sekunde 410 Liter heißes Wasser, angereichert mit Kohlendioxid, Kalzium, Magnesium und Hydrogencarbonat. Wer nach Héviz kommt, tut das, um in den Thermalsee zu steigen, dessen Temperatur auch im härtesten Winter nie unter 24 Grad Celsius sinkt. Das heilende Wasser, das Krankheiten aller Art lindert und vorbeugt, lockt pro Jahr Tausende von Besuchern an.
Im Moment beträgt die Temperatur des Wassers etwa 30 Grad, je nachdem wo man sich gerade befindet.
Auch unsere Glieder werden mit der Zeit immer schwerer denn laut Anweisung, sollte man sich nicht mehr als maximal 90 Minuten pro Tag im Thermalwasser aufhalten.
Uns gefällts. Ein Spa Erlebnis der ganz besonderen Art und wer weiss, sollten uns einmal die Beschwerden des Alters plagen, werden wir gewiss hierhin zurückkehren.

Servus Österreich

Wir sind in Wien und damit schon fast zu Hause.
Mozartkugeln vernaschen, Schlösser bestaunen, Opernklängen lauschen, Sachertorte verschlingen oder durch die alten Gassen schlendern… Wien ist definitiv eine Stadt zum Genießen. Es hat so viel Kultur, da kommt man als Geschichtsfan voll auf seine Kosten.
Wien hat außerdem eine geniale Kaffeekultur, was uns als absolute Kaffeeliebhaber direkt in den 7. Himmel katapultiert.
Hier liegen alle Sehenswürdigkeiten auf relativ kleinem Raum dicht beieinander. Während wir von einem Ort zum nächsten schlendern, kommt man vorbei an imposanten Bauwerken, alten Gemäuern, schönen Parkanlagen, trendigen Cafés, einladenden Restaurants, quirligen Stadtplätzen und modernen Kaufhäusern – und fast überall kann man sie hören, die Fiaker, die Pferdekutschen, die zum Stadtbild Wiens einfach dazugehören.

Über die historischen Städte St.Pölten und Salzburg fahren wir immer näher der Heimat entgegen. In St. Gilgen erkunden wir unter der strahlenden Nachmittagssonne den Wolfgang See, trinken einen Cappuccino zwischen den alten Häusern und lassen doch ein wenig wehmütig unsere Reise Revue passieren.
Wir lieben dieses Gefühl frei zu sein. 5 Jahre sind wir jetzt über die Seidenstrass bis nach Indien gefahren, haben den Suri nach Afrika verschifft und fuhren anschliessend während dreier Jahre die afrikanische Ostküste hoch, verschifften nach Saudi Arabien und gondelten gemächlich über den Iran zurück nach Europa.

Wir schlendern zurück zum Suri, der uns in all den Jahren mehr als ein Fahrzeug war, eher ein guter Freund und ich zeichne auf der Weltkarte mit schwarzem Filzstift den letzten Rest der Reise ein. Zurück in die Schweiz, zurück in die Heimat. "Suri, du hast dich fabelhaft gehalten. Nur dank dir konnten wir diese Freiheit auch wirklich ausleben", sage ich zu ihm ein wenig melancholisch. Ich glaube, auch er ist ein wenig stolz, was er in den vergangenen Jahren so alles geleistet hat.
Aber noch stolzer bin ich, denn ich habe eine Frau, eine treue Reisegefährtin, die mit mir während all den Jahren durch dick und dünn gegangen ist.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei dir ganz herzlich bedanken und wie die Österreicher sagen, gebe ich dir ein dickes "Busserl" auf die Lippe.

Fazit nach 9 Jahren des Reisens, 63 Ländern, 97 Reiseberichten und Millionen von Eindrücken

Auf der ganzen Reise lebten wir meist einfach und doch komfortabel in unseren eigenen vier Wänden. Oft schliefen wir mit dem Rauschen der Wellen ein und wachten morgens mit den ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages auf. Wir lebten einfach in den Tag hinein, genossen jeden einzelnen Moment und oft wussten wir nicht, welcher Wochentag, welche Zeit gerade herrscht. Es war ein Gefühl von unendlicher Freiheit und wir waren überglücklich, unsere Träume leben zu dürfen.
Wir Menschen brauchen solche Sehnsüchte, für uns ist es das Reisen. Erst wenn wir raus fuhren in die unbekannte Welt spürten wir die wahren Glücksmomente.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig man zum Leben eigentlich braucht. Man lernt, den Augenblick zu leben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dort wo wir parkten, war unser Zuhause. Ein Stück Heimat in der Fremde.

Was ist von dieser gigantischen Reise geblieben? Es sind dutzende von Ländern, hunderte von Bekanntschaften, tausende von Bildern, Millionen von Eindrücken und eine Gewissheit: Diese Welt ist zu schön, um sie nicht zu erleben!

Wir lieben das Reisen, denn unsere Welt ist so unglaublich vielseitig.

Nun wünschen wir euch ebenfalls viele Glücksmomente mit mehr Höhen als Tiefs, mit Sonnenstrahlen, Glück und Lebensfreude.

Danke, dass ihr mit uns um die Welt gereist seit.

Alles Liebe

Eure Reisenomaden

Ruth und Walter

Nach 5 Jahren sind wir zurück in der Schweiz.

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