Reisebericht 19 / Mahendranagar ( im Westen von Nepal) - Srinagar (Kashmir) / 21. Juli 2015 - 16. September 2015

Kilometerstand: 45'900km (Total 174'500 km)

Reiseroute: Mahendranagar, Haridwar, Dehra Dun, Chandigarh, Shimla, Mandi, Manali, Rohthang La Pass (3975m), Kunzum La Pass (4551m), Kaza, Dankar, Nako, Kingal, Mandi, Manali, Manali, Rothang La, Keylong, Baralacha La Pass (4980m), Sarchu, Lachalung La Pass (5065m), Tso Kar Lake, Taglang La Pass (5330m), Upshi, Leh, Kahrdung La Pass (der Höchste der Welt 5606m),
Nubra Valley ( Sumur, Hunder), (zurück nach Leh), Chang La Pass (5290 m) Pangong Lake (4300 m), Leh, Lamayuru, Kargil, Zanskar, Kargil, Drass, Srinagar

Haridwar, die Stadt der Gläubigen

Ohne grössere Schwierigkeiten fahren wir zum 2. Mal über die Grenze nach Indien. Es ist heiss, sehr heiss und die Luftfeuchtigkeit ist gefühlte 100%. Quirlige Dörfer, Frauen in bunten Saris, spielende Kinder und frisch bepflanzte Reisfelder ziehen an uns vorbei. An einer Bahnschranke stauen sich Radfahrer, Rikschas, Ochsenkarren, Fussgänger, Lastwagen und wir mitten drin. Indien hat uns wieder!

Am Morgen ist die Hitze noch erträglicher, aber bei 40°C im Suri übernachten, das tun wir uns nicht an. So nehmen wir uns vorläufig Hotels mit Air Condition, bis wir die rettenden Berge erreichen, wo es wieder erträglicher wird.

Ein paar Sehenswürdigkeiten sind auf der Strecke und diese müssen natürlich besichtigt sein. Eine davon ist "Haridwar", eine heilige Stadt mit 200'00 Einwohner, im indischen Bundesstaat "Uttarakhand".
Alle 12 Jahre findet hier die berühmte Kumbh Mela statt, zu der Millionen von Hindus anreisen. Hier ist nicht nur Alkohol verboten, sondern auch der Genuss von Fleisch und Eiern. Die Stadt lebt streng vegetarisch. Für die grosse Zahl von Pilgern, die die Stadt besuchen, gibt es zahlreiche Daramsalas, sogenannte Pilgerunterkünfte, die auch die ärmsten Pilger kostenlos oder gegen ein kleines Entgelt verpflegen und beherbergen.

Haridwar gilt als heilig, weil hier der Legende nach ein Tropfen des Nektars der Unsterblichkeit (Amrita) auf die Erde gefallen sein soll. Außerdem gibt es einen Tempel mit einem Fußabdruck Vishnus am "Har-Ki-Pauri-Ghat", dem öffentlichen Badeplatz.
Wer hier in den Wassern des Ganges badet, befreit sich von allen Sünden. Für viele Pilger ist Haridwar der Ausgangspunkt zu den Quellen des Ganges.
Wir lassen uns per Tuk-Tuk zum Ganges hinunterfahren, wo zahlreichen Saddhus, heilige Männern, barfuß und mit ihrem typischen Dreizack, dem Zeichen Shivas, am Boden sitzen. (siehe unter Bilder)
Viele Inder suchen hier in Haridwar nach "ihrem" Pandit, einem brahmanischen Schriftgelehrten, der die Namen und Lebensumstände aller Pilger notiert, die zu ihm kommen und das selbst über Generationen hinweg. Der Beruf des Pandit wird vom Vater auf den Sohn vererbt, so dass Familien auch von den entlegensten Gegenden Indiens ihren persönlichen Pandit aufsuchen können und dort die Geschichte ihrer Familie erfahren und weiterführen können.

Wir beobachten lange eine indische Familie die im Ganges steht, mehrmals in die braunen, eisigen Fluten des Ganges eintaucht, das Flusswasser sich in den Mund rinnen lässt und dieses sich über den Kopf streicht.

Ganze Großfamilien, von der uralten, gebrechlichen Großmutter, die von ihrem Sohn gestützt werden muss, bis zum Neugeborenen bitten um die Fürsprache der Götter, werfen sich zu Boden, zahlen den Priestern für ihre Gebete hohe Beträge und hoffen, damit schneller ins "Nirwana" zu kommen.

Auf zum "Leichenpass", dem "Rothang La"

In "Chandigarh" haben wir uns mit unseren Freunden Niels und Anna vom Overlander Camping verabredet. Lange wird beim gemeinsamen Nachtessen diskutiert und Übernachtungs - Koordinaten ausgetauscht. Eben sind sie von der Route Srinagar / Leh / Manali zurückgekommen, eben dieser Hochgebirgsstrecke, die auch wir in umgekehrter Reihenfolge befahren möchten.
Ihre einjährige Reise geht bald zu Ende. In zwei Wochen werden sie von Mumbai aus ihr Auto per Container zurück nach Deutschland verschiffen.
Am nächsten Tag verabschieden wir uns von den 2 Globetrottern und wir machen uns auf, den "Rock Garden" zu erkunden. Wir fahren quer durch die grünen, baumbestandenen Avenuen, die einst vom gebürtigen Schweizer Architekten "Le Corbusier" entworfen wurde.
Direkt neben dem "Sukna-See", mit seinen Cafeterias und Ruderbootverleih, befindet sich der bemerkenswerte Rock Garden. Dieser 10 Hektar grosse Park wurde aus Müll und Geröll gestaltet. Für uns fast so faszinierend wie der Park selbst, sind die indischen Frauen. Mit ihren bunten Saris, der tadellosen Frisur und ihrem Lächeln sind sie der wahre Farbtupfer der weitläufigen Anlage.

Nun zieht es uns immer schneller in die kühleren Berge. Wir haben genug, ständig mit schweissdurchtränkten T-Shirt's herumzulaufen. Unser nächstes Ziel ist "Shimla", die Hauptstadt von "Himachal Pradesh". Sie liegt auf angenehmen 2100 Metern und war einst der Sommerregierungssitz des Britischen Vizekönigs.
Eigentlich möchten wir hier eine Nacht verbringen, aber der grauenhafte Verkehr und die Massen von Leuten zwingen uns weiter zu fahren. So finden wir ausserhalb der City, in einem tief eingeschnittenen Tal, doch noch eine Bleibe auf dem Gelände des "Zürich" Resorts.

Mit zunehmender Höhe wird die Luft frischer. Deutlich riechen wir den angenehmen Duft der uns begleitenden Tannenwälder. Das Flachland liegt weit unter uns im Dunste der weitläufigen Ebene. Manali liegt an den ersten, steilen Ausläufern des Himalaya. Obwohl wir Nachsaison haben, platzt der Ort aus allen Nähten. Auf der verkehrsfreien "Mall" tummeln sich Tibeter, Inder, Händler, Mönche, Bettler und das erste Mal, seit wir Nepal verlassen haben, auch wieder viele Traveller.
In Manali gibt es auch ein tibetisches Flüchtlings-Camp. Hier im Exil versuchen Tibeter ihre von der Ausrottung bedrohte Kultur lebendig zu erhalten. Einige der vielen tausend zerstörten Klöster und Schulen Tibets konnten in Indien wieder aufgebaut werden. In ihrer Heimat sind sie der Willkür einer aggressiven Besatzungsmacht ausgeliefert.


Wieso wollen wir gerade jetzt nach Ladakh?
In den Sommermonaten, wenn der Monsun ganz Indien fest im Griff hat, ist das auf der tibetischen Hochebene gelegene Ladakh im Regenschatten des Himalaya und deshalb gut zu bereisen.
Doch nun sind wir immer noch im Grenzgebiet der grossen indischen Wasserscheide und die Regenschauer prasseln mit voller Wucht auf das Dach unseres vierräderigen Hotels. Doch wir sind nicht im sondern über unserem treuen Begleiter. Genauer auf der gedeckten Terrasse des "Astha Magnum Cottages" von unserem Freund "Anjum Thakur".
Kennengelernt haben wir Ihn über das Facebook, in der Gruppe des "Northern India Offroad Club". Da hat er uns spontan eingeladen, sollten wir in Manali eintreffen, dann seien wir seine Gäste im Astha Magnum Hotel.
Davon haben wir natürlich Gebrauch gemacht, denn sein Hotel liegt ruhig, etwas Ausserhalb der City und von hier haben wir einen wunderschönen Blick auf die immer noch schneebedeckten Berge. Anjum, vielen Dank für deine Gastfreundschaft.

Vier Tage später sind die Vorräte aufgefüllt und unser Suri abfahrbereit. Wir sind bereit für das Abenteuer Ladakh. Die Täler dieser Hochgebirgs-Landschaft liegen auf 3500 bis 4000 Meter, Pässe und Berge sind nochmals 1000 beziehungsweise 2000 Meter höher. Das Klima ist extrem trocken und kalt. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt knapp 10 cm, nicht mehr als in der Sahara. Das meiste fällt im Winter als Schnee und im Sommer bewässert das Schmelzwasser die Felder.

Auch ethnisch, kulturell und geografisch gleicht Ladakh eher Tibet als Indien. Seit 1947 gehört das ehemalige Königreich zu Indien. Damit entging Ladakh der Besetzung und Zerstörung durch China. In Ladakh ist die uralte tibetische Kultur und Religion bis heute erhalten geblieben, darum wird es seit Jahrhunderten auch "Kleintibet" genannt. Grenzstreitigkeiten mit Pakistan zwangen Indien, dieses wirtschaftlich uninteressante, aber strategisch wichtige Region zu verteidigen. Zu diesem Zweck wurde die einstige Karawanenroute zu einer Fahrstrasse ausgebaut und damit die Region aus ihrer Isolation gerissen. Erst seit 1989 ist die Militärstrasse von Manali nach Leh für Touristen geöffnet.
Bevor wir die Bergstrasse in Angriff nehmen können, müssen wir uns noch die Bewilligung für Ladakh besorgen. (siehe unter "Tipps" / "Länderinfos" / "Indien")

Langsam nähern wir uns dem 3975 Meter hohen "Rohtang La" Pass, der wegen seinen vielen Unfällen auf "Leichenberg" genannt wird. Dieser Weg ist die einzige Verbindung zwischen den tiefer gelegenen indischen Bundesstaaten im Süden und der Bergregion von Ladakh. Unzählige Last- und Tanklastwagen quälen sich langsam, mit einer langen Rauchfahne hinterher ziehend, der Passhöhe entgegen. Laut hupend überholen uns die wendigen "Mahindra" Geländewagen in den engen Kurven. Oben angekommen, geniessen wir erstmals das herrliche Bergpanorama, machen Frühstück und beobachten belustigt, wie sich die Flachlandinder im Schnee austoben. Auf der Passhöhe flattern die roten Hindufähnchen und buddhistischen Gebetsfahnen einträglich nebeneinander. Mit dem Rothang Pass überschreiten wir auch die Religionsgrenze.

Die Strasse hinunter ins Lahul Valley ist dann bedeutend schlechter. Tiefe Schlaglöcher säumen die Strasse und wir kommen nur langsam voran. Wir beten, dass wir nicht ins rutschen kommen, denn zum Abgrund hält uns keine Planke.
In Zukunft werden wir uns ständig in Höhen zwischen 4000 und 5000 Meter aufhalten. Da ist eine gute Höhenanpassung ein Muss. Somit entscheiden wir uns, einige Tage am "Chandra" Fluss, gegenüber einem imposanten Wasserfall zu campieren, damit sich unser Körper langsam an die Höhe gewöhnen kann. Plötzlich glauben wir, schweizerdeutsch zu hören. Das kann doch nicht sein, um uns drängeln sind doch lauter Tibeter und Familien aus Ladakh in ihren schönsten Trachten gekleidet. Ein erneutes "Grüezi" bestätigt uns, wir haben uns nicht verhört. Es sind Tibeter, die vor dreissig Jahren dank des "Roten Kreuzes" in der Schweiz Zuflucht vor Verfolgung, Folter und Tod gefunden haben. Jetzt machen sie Urlaub um die heiligen Berge hier in Indien zu besuchen.

Bis 1993 ein verbotenes Land

3 Tage später nehmen wir den Kunzum La (La = Pass) in Angriff. Dieser trennt das Lahul- vom Spiti Valley. Die Piste hinauf ist nichts für Menschen mit schwachen Nerven. Mit jedem km verändert sich die Perspektive. Immer mehr Berge krönen den Horizont. Rundum nur Steine, Fels und Geröll. In der dünnen Luft quält sich unser Wohni nur langsam dem 4551 m hohen Pass entgegen. Eigentlich bewegen wir uns in einer Zone, wo Menschen nichts zu suchen haben. Trotzdem ist Schwerstarbeit angesagt. Warum? Zwei Fahrzeuge vor uns haben sich im Flussbett festgefahren. An dieser Stelle ist die Strasse und der Fluss dasselbe. Infolge eines Erdrutsches hat sich das Wasser einen neuen Weg gesucht und dieser führt genau entlang unserer Schotterpiste. Reissendes Schmelzwasser kreuzt die Strasse. Tiefe Furchen und grosse Steine liegen überall verstreut und darin haben sich die kleinen indischen "Tatas" festgefahren. Es wird geschoben, gezogen, Steine werden unterlegt und am Schluss sind die Beiden Fahrzeuge wieder befreit nur um einige Meter weiter erneut stecken zu bleiben. Das ganze geht ohne Hektik von statten. Es wird viel gelacht und alle haben ihren Gaudi an dieser Situation. Mir ist da schon etwas mulmiger in der Magengegend, wenn ich bedenke, dass auch wir da durch müssen. Doch unser Suri meistert die heikle Passage mit Pravour.
Oben angekommen, knöpfen wir unsere Gebetsscherpe, die wir vom Vater unseres Patenkindes in Kathmandu erhalten haben, an eine der weisses "Stupas", sogenannte Sakralbauten, der den erleuchteten Geist Buddhas symboliesiert, an der bereits viele andere, zum Teil schon völlig verwitterte Gebetsfahnen flattern. Sie ist bedruckt mit heiligen Mantras und Gebeten. Nun flattert sie im kalten Wind und trägt unsere Dankbarkeit und guten Wünsche in die Welt hinaus. Solche Tschörten, wie sie auf tibetisch genannt werden, sollte man immer respektvoll links umschreiten, damit man ihren Segen erhält.

Von der Passhöhe blicken wir hinunter in ein völlig vegetationsloses Tal, auf dessen Grund der Spiti Fluss die einzige Lebensader darstellt. Haarsträubend windet sich die schmale, ungeteerte Passstrasse in das Tal hinunter, wo wir nach einer einsamen Übernachtung am nächsten Tag "Losar" auf 4000 Meter Höhe erreichen. Das Spiti Tal verläuft von der Zanskar-Bergkette bis an die tibetische Grenze und wird im Norden durch Ladakh und im Südosten durch Kinnaur begrenzt. Die umliegenden Sechs- und Siebentausender schirmen es praktisch komplett vom Monsum ab, so dass die Niederschläge hier besonders rar sind.

Weil die indischen Behörden Spiti erst 1993 für Ausländer geöffnet haben, ist viel vom traditionellen Leben erhalten geblieben. Das Leben in den Dörfern wird bis heute von den Lamas der umliegenden Klöster dominiert. Hier hat sich das Leben seit Jahrhunderten kaum verändert. Auf windgepeitschten Hochebenen züchten die Bewohner Yaks und Ziegen, Kühe und Schafe. Auf bewässerten Feldern, wo die Bauern das Schmelzwasser der Gletscher über kilometerlange, ausgeklügelte Bewässerungskanäle ableiten, bauen sie Gerste und Erbsen an. Das wenige Grün, das einem in der vegetationslosen Bergwüste in die Augen fällt, ist in mühsamer handarbeit gefertigt und der Natur abgerungen worden.
Die weissgekalkten Steinhäuser und die wenigen Bäume wirken da wie Oasen.

Noch bevor wir "Kaza" erreichen, das Verwaltungszentrum der Region, sehen wir auf der gegenüber liegenden Seite des Spiti Flusses, hoch oben auf einem Felsvorsprung, die "Kye Gompa", das grösste Kloster von Spiti.
Wie uns ein junger Mönch bei einer Tasse Tee, inmitten eines mit Kerzen erleuchteten Gebetsraums erklärt, wurde das Kloster in den letzten 100 Jahren mehrmals stark beschädigt. Speziell im Jahre 1975 richtete ein Erdbeben enorme Schäden an. Mit etwa 300 Mönchen ist die Key Gompa das spirituelle Zentrum der umliegenden Dörfer. Dieses wird stark von der Bevölkerung unterstützt und dafür geben die Mönche ihr Wissen an die Menschen weiter und leisten Bildungsarbeit.
Kultur und Lebensweise der Spitis sind ganz von der Lehre Buddhas durchdrungen. Doch Feldarbeit und Familie lassen den Bauern nur wenig Zeit, sich dem Studium der Religion zu widmen. Deshalb versuchen viele Eltern, nicht nur im Spiti-, sondern im ganzen Ladakh, wenigstens einem der Söhne diese Möglichkeit zu bieten, indem sie ihn der Obhut eines Klosters anvertrauen. Buddhisten missionieren nicht, sie geben höchstens Erklärungen ab. Ob man sie annimmt oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Ein Nebeneffekt dieser äusserst friedvollen Religion ist, dass die Kriminalität praktisch unbekannt ist.

Heute erstrahlt das Kloster dank den Spenden der Dorfbewohner und der immer grösseren Anzahl Touristen aus aller Welt, wieder im neuen Glanz. Dieses Kloster, mit seiner ganz besonderen spirituellen Atmosphäre und der grandiosen Lage, ist sicherlich eines der schönsten auf unserer bisherigen Reise.

In Kaza müssen wir uns noch das "Inner Line Permit" besorgen. Dieses braucht es, wenn wir die südwestliche Strasse des Spiti befahren wollen, welche sich in unmittelbarer Nähe der Chinesischen Grenze befindet. So lernen wir den "Commisioner Pam Singh Bodh" kennen, der Herr über sämtliche Bewilligungen. Wir unterhalten uns nett in seinem Büro und als uns noch eine Kopie fehlt, holt er kurzerhand sein Auto und besorgt uns dieses Papier. Zum Schluss machen wir noch ein Foto von uns Dreien und Pam Singh meint: "Hier ist meine Adresse. Es wäre sehr schön, wenn ihr mir das Foto schicken könnt."
Wir schauen uns an und denken, das kann aber lange gehen bis er das Photo bekommt.
Doch wozu hat man einen Photodrucker mit an Board? Noch am selben Abend drucken wir das Gruppenfoto aus und überbringen es am nächsten Tag einem überaus erfreuten Pan Singh, der es sogleich in seinem Büro an die Wand hängt.

Spektakuläre Landschaft und eine grosszügige Gastfreundschaft

Anschliessend fahren wir weiter zum 4300 m hoch gelegenen Dorf "Kibber". Dieses war lange Zeit das höchstgelegene Dorf der Erde. Es ist eine Ansammlung einfacher Steinhäuser, umgeben von kleinen ummauerten Gerstenfeldern. Auf den flachen Hausdächern trocknet das Brennmaterial für den Winter. Yakdung, Moos und Wurzeln, anderes gibt es nicht zum heizen, denn Holz wächst hier nicht.

Beim füllen unseres Wassertankes am Dorfbrunnen der kleinen Gemeinde, lernen wir eine einheimische Familie kennen. Wir schenken den kleinen Mädchen die uns schüchtern ein herzliches "Dschulee" zurufen, was soviel heisst wie "Grüezi" in Spiti und Ladakh, ein wenig Schokolade und werden spontan von dessen Mutter zum Tee eingeladen. So steigen wir den steilen Bergrücken empor, bis wir ihr im traditionellen tibetischen Stil erbautes Lehmhaus erreichen. Gebetsfahnen wehen vom mit dicken Zweigen belegten Dach.
In der einfachen Hütte werden wir herzlich mit Buttertee und Yak-Yoghurt verwöhnt. Die drei Geschwister springen aufgeregt, mit Schokolade verschmierten Mündern, durch die Küche, die gleichzeitig Wohn- und Schlafraum ist.
Wie so oft meinen viele, wenn sie das Schweizerkreuz am Auto erblicken, wir seien Ärzte. Somit erzählt uns der gerade von der Feldarbeit zurück gekehrte Vater von seinen Kopf- und Magenschmerzen. Da wir im Wohni allerlei Pillen gegen etwelche Leiden haben, versprechen wir ihm, ihm einige abzugeben. Als Dank erhalten wir wiederum ein versteinertes Fossil, das die Familie nicht weit ausserhalb ihres Hauses gefunden hat. Es ist ein grossartiges Erlebnis, mit dieser Familie zusammen zu sitzen und Tee zu trinken. Einen Grossteil des Jahres sind sie komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Schnee und Eis verhindern den Warenfluss zum nächsten Ort und somit ist das Anlegen von Vorräten für den harten Winter lebensnotwendig. Trotz den einfachen Verhältnissen machen die Leute einen glücklichen und zufriedenen Eindruck und würden mit einem Fremden noch das letzte Krümel Reis teilen.

Hier, im ehemaligen Königreich Spiti, folgen wir weiter der Strasse nach Westen, bis wir die legendäre "Dankar Gomba" erreichen. Dieses Kloster klebt wie ein Adlernest an den steilen Gebirgshängen und rundherum haben sich die einfachen Häuser der Einheimischen angeordnet. Wir fragen uns: "Gibt es einen Ort auf der Welt, der abgeschiedener ist"?
Das alte Kloster wurde den Mönchen zu klein und so haben sie vor kurzer Zeit ein Neues, Grösseres erbaut. Hier können wir den Gebeten der Mönche lauschen. Mit verschränkten Beinen sitzen wir auf harten Kissen, lehnen an der lehmverputzten Wand und lauschen dem Gesang der tiefen Stimmen. In Meditation versunken wiegen die Mönche im Rhythmus des Gebets ihre Oberkörper, läuten mit Glocken und lassen die Tschimbeln erklingen. In den Gesichtern erkennt man eine friedvolle, innere Ruhe. Ihre Ferse handeln von Glück und Leiden, Leben und Tod. Es sind die Lehren von Buddha Shakyamuni, die zur heutigen Zeit ebenso aktuell sind wie vor über 2000 Jahren. Seit Jahrhunderten werden sie übertragen vom Meister zum Schüler. Wie lange wird diese bedrohte Kultur in diesem abgelegenen, isolierten Teil der Welt wohl noch Bestand haben? Die Zukunft wird es zeigen.

Immer wieder säumen Klöster, Stupas und Manimauern unseren Weg. Das Letztere sind Schieferplatten, auf denen in schönen, tibetischen Schriftzeichen Mantras eingekerbt sind. Das sind kraftvolle, heilige Silben wie das bekannte "Om Mani Padme Hum", das ein grenzenloses Mitgefühl an seine Mitmenschen bedeuten soll. Diese Zeugen innigster Religiosität spiegeln den tiefen Glauben seiner Bewohner in dieser abgeschiedenen Region im Spiti Valley.
Doch das idyllische Leben der "Bergler" ist ein ständiger Kampf ums Überleben. Das bisschen Gerste, die Kartoffeln und die Erbsen, das sie in der kurzen Zeit des Sommers ihrem steinigen Boden abringen, reicht nur knapp zum überleben. Eine einfache Krankheit kann hier tödliche Folgen haben, denn, speziell im Winter, ist die ganze Gegend über mehrere Wochen infolge des Schnees total abgeschnitten.

Das älteste Kloster, die "Tabo Gomba", liegt am äussersten Rande das Spiti Tals. "Jangchup", ein junger Mönch, begleitet uns durch die dunkle Klosteranlage, dessen über 1000 Jahre alter Haupttempel bereits gebaut wurde, als Spiti noch zu Tibet gehörte. Damals war Spiti ein Teil des tibetischen Königreiches. Butterlampen geben ein schales Licht auf die meisterhaften Wandmalereien, die alle noch im original Zustand vom 10. Jahrhundert her erstrahlen. Furchterregende Schutzgottheiten blicken auf uns hernieder und gütige Buddhas sitzen mit verschränkten Beinen auf ihren Sockeln. Unzählige, wertvolle Holzdrucke sind sorgsam in Brokat eingewickelt und hinter Glasregalen dem Verfall ausgesetzt. Wie uns "Jangchup" erklärt, werden diese handgedruckten Texte nicht mehr hervorgeholt, da sie sonst zerfallen würden.

Am Abend suchen wir uns einen abgeschiedenen Übernachtungsplatz auf 4000 Meter und ein gewaltiger, funkelnder Sternenhimmel überspannt das Tal, wie er schöner nicht sein könnte.

Was nun kommt, ist eine der gefährlichsten und gleichzeitig atemberaubendsten Strassen des Himalaja die wir je gefahren sind. Es ist die Piste von Tabo, dem Ende des Spiti Valley's durch die skurille Schlucht nach Nako und weiter über das Kinnauer Tal nach Süden. Senkrecht türmen sich die Felsen über- und unter uns ins unermessliche. Immer wieder ist die Strasse infolge von Erdrutschen unterbrochen, da der Steilhang nicht abgesichert ist. Meistens ist ein Auge auf die Strasse gerichtet und das andere beobachtet konstant die Bergflanke, wo immer wieder Geröll und kleinere Steine herunterkullern.

3 Tage und viele Umwege später, erreichen wir zum 2. Mal Manali, wo wir uns sogleich das Permit besorgen, um ein weiteres Mal den Rothang Pass zu befahren. Einquartiert haben wir uns ebenfalls wieder im Hotel Astha Magnum, von unserem Freund "Anjum". Das letzte Mal war er noch geschäftlich in Deli doch nun ist er hier. Beim gemeinsamen Nachtessen erzählt er ein wenig von sich und wie es in Indien so läuft. "
"Wisst ihr, das Wichtigste in Indien ist Geld und Power. Das Kastenwesen hat dem Sozialen Status Platz gemacht. Ich komme ursprünglich aus einer der obersten Kasten, was man an meinem Namen direkt erkennen kann. Mein Vater ist der beste Freund vom Vize Präsidenten und solltet ihr mal ein Problem haben, dann gebt mit einfach kurz bescheid und das Problem wird sich in kurzer Zeit verflüchtigen. Erst kürzlich wollte ein Polizist ein unverschämt hohes Bussgeld und er liess nicht mit sich reden. Da telefonierte ich meinem Vater und er dem obersten Chef der Polizeibehörde. Ein paar Minuten später klingelte das Telefon des Streifenpolizisten und sogleich versteifte sich sein Rücken und er salutierte mit dem Handy in der Hand. Ohne eine Rupie zu bezahlen konnte ich danach weiter fahren."
Gut zu wissen, dass man im Falle eines Falles Anjum zu seinen Freunden zählen kann!

Erdbeben in Nepal

Heute kam ein Mail aus der Redaktion der "Zentralschweiz am Sonntag", dass am kommenden Sonntag ein weiterer Artikel über unsere Erdbebenhilfe gedruckt wird. Wer es interessiert, kann auf folgenden Link klicken. Erdbebenhilfe Nepal Teil 2 [3'665 KB] , oder man findet den Artikel unter Tipps / Zeitungsberichte.

Auf zu den höchsten Passübergängen der Welt, dem höchsten Café, der höchsten Tankstelle, dem höchsten.........

Im Gegensatz zu früher, regnet es nun die ganze Zeit, als wir den fast 4000 Meter hohen Rothang Pass überqueren. Doch auch dieses Mal meistert unser Suri den Kräfte raubenden Anstieg über die Passhöhe entlang den flatternden Gebetsfahnen. Im Tal angekommen, fahren wir am folgenden Tag nicht rechts ins Spiti Tal sondern links Richtung Ladakh. Ladakh bedeutet - Land der hohen Pässe - und einer davon ist der 4980 Meter hohe "Baralacha La". Wind, Wasser, Eis und Erdrutsche haben tiefe Schluchten und spitze Berge hinterlassen. Wir können uns kaum satt sehen an den verschiedenen Farben und Formen der urtümlichen Landschaft. Hinter dem Pass gibt es keine Dörfer mehr. Hier herrschen allenfalls Berggeister und Dämonen und bewachen Gipfel und Pässe.
Die einzigen die hier noch arbeiten sind dunkelhäutige, indische Bauarbeiter, die mit Pickel und Schaufel versuchen, die Strasse irgendwie in Schuss zu halten. Sie kommen aus den ärmsten der armen Regionen Indiens und haben ansonsten keine Perspektive. Sie hausen während den kurzen Sommermonaten direkt am Strassenrand unter Plastikplanen, wo die vorbeidonnernden Lastwagen sie mit Dieselruss besprühen. Frauen wie Männer zertrümmern den ganzen Tag nur mit einem Hammer bewaffnet Klötze zu grossen Steinen, die grossen Steine zu kleinen Steine und die Steine zu Kies. Kaum ist einer der riesigen Klötze zerkleinert, wird schon der nächste herbeigerollt und so lange hartnäckig bearbeitet, bis nur noch ein Haufen Kies übrig bleibt. Dabei sind sie ständig den Wettereinflüssen des Hochgebirges ausgesetzt.
Noch lange denken wir in der Nacht unter unserer warmen Alpakadecke an die indischen Arbeiter, wie sie in ihren provisorisch hergerichteten Zeltcamps versuchen, der schneidend kalten Hochgebirgsluft Herr zu werden.

Bei Upshi öffnet sich das Indus-Tal und wir fahren entlang von etlichen, schneeweissen Stupas in eine landwirtschaftlich genutzte Ebene.
Als erstes besichtigen wir die "Tikse Gompa", die wie eine Festung auf einem schmalen Grat thront. Mehrere Stockwerke hoch haben die mittelalterlichen Baumeister das Gebäude auf die Spitze einer erodierten Felsnadel geklebt.

Einen Tage später erreichen wir Leh und sind erstmals schockiert über die vielen westlichen Touristen. Menschenmassen teilen sich die schmalen, staubigen Strassen mit dem motorisierten Verkehr. Deutsche Bäckereien, Internet Café's, Souvenirstände und unzählige Treckingagenturen buhlen um finanzkräftige Gäste. Unbeirrt vom Verkehr verkaufen einheimische Frauen ihr frisches Gemüse auf dem Trottoir und Kashmiris bedrängen einem mit ihren Tüchern und Teppichen.
Die Meisten der Besucher aus aller Welt kommen wegen den zahlreichen Klöster und um kleinere und grössere Wanderungen in der Umgebung zu machen. Uns zieht es erstmals zum neunstöckigen Königspalast, der wie der Potala in Lhasa ehrfürchtig über der Altstadt thront.
Am Abend stürzen wir uns in den Rummel und geniessen die Vorzüge der zahlreichen Restaurants mit ihrem reichhaltigen Angebot.

Im Nubra Valley

Heute wollen wir den höchsten, befahrbaren Pass der Welt erklimmen. Mit seinen 5602 Metern wirkt der Khardung La wie ein Magnet auf alles das 2 oder 4 Räder hat. Langsam und kontinuierlich bahnt sich unser Suri seinen Weg durch die engen Kurven, über holprige Bäche und etliche Baustellen auf die windige, von Gebetsfahnen eingehüllte Passhöhe hinauf. Wir haben es geschafft, wir sind oben.
Hier hängen wir die mitgebrachten Gebetsfahnen auf und Gedenken unseren erst kürzlich verstorbenen Eltern. Nie sind wir ihnen so nahe wie auf diesem Hochgebirgspass.
Für das obligatorischen Foto neben dem Schild mit den Höhenangaben und dem Schriftzug, "highest, motorable Pass in the world", müssen wir regelrecht Schlange stehen. Zuerst posiert sich eine Motorrad-Clique aus Bengalen mit ihren typisch indischen "Royal Enfields" vor dem Schild und danach die völlig ausgepumpten Mountainbiker aus England, die ebenfalls mit ihren Begleitfahrzeugen die Strecke Manali - Leh- Khardung La gemeistert haben. Hut ab vor diesen Velofahrern. Immer wieder haben wir mit ihnen beim Überholen oder auf den verschiedenen Pässen ein paar Worte gewechselt. Es sind Junge wie Alte, Frauen wie Männer, auf Bikes oder auf Tandem's. Was ihnen gemeinsam ist, ist der Traum, mit eigener Muskelkraft die Höchsten Pässe der Welt zu befahren. Das wird nun bei 50% Sauerstoffgehalt hier auf dem Himalaya Pass ausgiebig gefeiert.
Im höchsten Tea-House der Welt nehmen wir noch ein "Chai", bevor es die steinigen, haarsträubenden Serpentinen wieder hinunter ins Nubra Valley geht.
Noch bevor wir das Tal erreichen, sehen wir die Verwüstung, die ein sindflutartiges Gewitter vor 2 Wochen angerichtet hat. Normalerweise regnet es in diesem Tal höchst selten und wenn, dann nur ein paar Millimeter. Selbst die alteingesessenen Nubra Bewohner können sich nicht erinnern, je eine solche Sintflut erlebt zu haben.
"Khalsar", das Erste Dorf im Tal wurde komplett zerstört und die Reste der Häuser vom Fluss mitgerissen. Erst seit einer Woche ist die Strasse durch das Dorf, die einzige Zugangsstrasse überhaupt, wieder geöffnet. Es ist einfach traurig was man hier sieht. Der kleine, so harmlos aussehende Bach hat ganze Arbeit geleistet. Ein paar Grundmauern stehen noch, Geschäfte sind mit Schotter gefüllt und die Dächer der Häuser erblicken wir 100 Meter flussabwärts. Trotzdem, die Menschen sind mit dem Wiederaufbau beschäftigt und winken uns freudig zu.

Nachdem wir 2000 Meter hinunter gefahren sind, befinden wir uns an der Gabelung, die uns entweder ins Nubra- oder ins Shyok Tal führt. Wir beschliessen, zuerst das Rechte, das Nubra Tal zu erkunden. Ein riesiger, mit braunen Sedimenten angereicherter Fluss, sucht sich seinen Weg durch das weite Tal. Die Landschaft ist wild, karg und trotzdem atemberaubend. Buddhistische Gebetsmühlen, uralte Klöster, lange Mani Walls, weiss getünchte Stupas, wilde Kamele und Esel, sowie bunte Gebetsfahnen zieren die schier unbewohnten, in der Farbe grau/braun bemahlten Berghänge. Die Strasse zu den heissen Quellen wir immer schlechter. Ein Überbleibsel von den heftigen Unwettern. So beschliessen wir am nächsten Tag umzukehren und das gegenüber liegende Tal zu befahren. Dieses wurde weniger Schlimm betroffen.
Wie auf zwei Stockwerken sind Dörfer und Bauernhöfe auf der fast baumlosen Ebene erbaut.

Wir wollen wissen, wie Menschen in solch lebensfeindlichen Regionen überhaupt existieren können und begeben uns auf einen Fussmarsch, der uns über eine schwankende Hängebrücke in ein kleines Dorf führt, das seinen Bewohnern Dank einem Gebirgsfluss ein wenig Landwirtschaft ermöglicht.
Hier lernen wir "Jahangir" kennen, der uns ein wenig über das Dorfleben erzählt. "Wisst ihr, die Leute hier im Himalaya brauchen nicht viel zum leben. Wir sind tief verwurzelt in unserer Religion und schöpfen daraus unsere Zufriedenheit. Somit rücken die materiellen Bedürfnisse in den Hintergrund. Wir sind ein Teil der Natur und passen uns der harten Umwelt an. Leben heisst auch leiden und wir glauben nicht, die Natur beherrschen zu müssen um glücklich leben zu können. Gemäss der Lehre Buddhas sind Gier, Hass und Unwissenheit die Ursachen aller Probleme. Wir versuchen, die materiell orientierte Denkweise des Westens zu ignorieren, was uns aber infolge des unaufhaltsamen Fortschrittes auch in diesem Tal, immer schwieriger fällt."
Wir hoffen für Jahangir und sein Dorf, dass sie sich noch lange den Einflüssen von Aussen erwehren können und glücklich und zufrieden in ihrer Abgeschiedenheit leben können.

6 Tage bleiben wir im Nubra Valley. Machen Wanderungen, schauen den Indern beim Kamelreiten zu und geniessen einfach die himmlische Ruhe dieser abgeschiedenen Region. Anschliessend fahren wir über den Khardung La zurück nach Leh, um uns das Permit für einen der schönsten Seen der Welt zu besorgen.
Es ist dies der Pangong Lake, der Größte der zahlreichen Seen im Osten Ladakhs. Wir folgen zunächst dem Industal und danach fahren wir über den dritt höchsten Pass der Welt, den 5290 hohen "Chang La". Die Ostrampe des Passes führt durch Traumlandschaften, die Abendsonne scheint von einem dunkelblauen Himmel, dazu schweben weiße Wölkchen über den schneebedeckten Sechstausendern. Wir suchen uns einen Übernachtungsplatz und fahren erst am nächsten Morgen zum 4300 Meter hoch gelegenen See der 150 Kilometer lang und nur vier Kilometer breit ist. Zwei Drittel seiner Fläche liegen in Tibet.

Dunkelblau hebt sich der See gegen die schneebedeckten Berge ab. Wir stehen vor dem feinen Sandstrand und hätten wir nicht Mühe in dieser Höhe zu atmen, man könnte meinen, man befinde sich an einem der zahlreichen Seen in Patagonien.
Eine herrlich weisse Landzunge schirmt eine kleine Bucht ab. Hier befinden sich zahlreiche Inderinnen und Inder und machen wie wild Selfis. Hier zu stehen, wo vor 5 Jahren die Bolliwood Stars zum Film "The 3 Idiots" ihre Liebes Szenen gedreht haben, ist das höchste der Gefühle.

Ein paar km abseits des Rummels bleiben wir für die nächsten 5 Tage direkt am See stehen, lassen die Seele baumeln und baden im 10° Grad kalten, leicht salzhaltigen Wasser. Was will man mehr.

Von Leh nach Kargil, auf der Strasse der Klöster

Über Leh, das dritte Mal auf unserer Tour, fahren wir Richtung Westen. Rechts und Links der Strasse säumen Stacheldrähte und nicht enden wollende Kasernenanlagen das Strassenbild. Mit dieser hohen Militärpräsenz möchte Indien seine nördlichen Provinzen vor möglichen Übergriffen Pakistans oder Chinas schützen.
Nach einer menschenleeren Fels- und Steinwüste, flankiert von schroffen Fünftausendern, sehen wir schon von weitem das Kloster "Likir", wie es neben einer riesigen "Maitreya" Statue und weissen Häusern auf einem Hügel thront. Eine Oase wie aus dem Bilderbuch. Beeindruckend ist hier die Bibliothek, wo bis zu 400 Jahre alte Schriften in Taschen aus Yakleder gewickelt und gegen den unvermeidlichen Verfall archiviert werden.
Im Innenreich schmücken Dutzende von Schutzgöttern die Klosterwände. Die meisten der dargestellten Götter bleiben für uns jedoch unbestimmbar. Geschätzte 800 Götter gibt es im Tibetischen Buddhismus. Viele Götter, viele Rätsel.

Eine Stunde später haben wir uns bei "Manish", im Garten seines "Norboo" Guest Houses eingerichtet. Im Moment ist er voll damit beschäftigt, die reife Gerste auf dem Feld hinter dem Haus abzuernten. In der Zwischenzeit ist es Herbst geworden und die ganze Familie schneidet von Hand mit der Sichel fröhlich singend bis am späten Abend das Getreide. Wenn die Äcker abgeerntet sind, unterscheiden sie sich kaum noch von der steinigen Umgebung. Hier auf 3500 m ist die Vegetationszeit sehr kurz. Was an Gerste, Kartoffeln und Erbsen gedeiht, muss für den Rest des Jahres reichen.
Aus der Gerste wird zu grössten Teil "Tsampa" und das lokale Gerstenbier, das "Chang", hergestellt. Manish ruft mich zu sich in die Küche und mit Hilfe seiner Mutter kann ich das beliebte Tsampa herstellen. "Lakhani", seine Mutter befielt mir: "Wasch dir erst mal die Hände! Jetzt koche Tee auf dem Gasbrenner, gib etwas gesalzener Butter und Zucker dazu und lass es erkalten. Nun gib das geröstete "Tsampa", das Gerstenmehl dazu und knete alles zusammen mit zwei Fingern im Holzschälchen". Ich mache was mir aufgetragen wird und werde von der ganzen Familie aufmerksam beäugt. Das Resultat ist anscheinend nicht schlecht, denn alle naschen voller Freude von diesem für uns etwas gewöhnungsbedürftigen Nahrungsmittel. In den langen Wintermonaten gibt es einfach nichts anderes und ausserdem ist es sehr nahrhaft.

Durch eine bizarre Mondlandschaft fahren wir weiter in das vollkommen tibetisch anmutende Dorf "Lamayuru". Über allem thront das berühmte, gleichnamige Kloster mit seinen alten Chörten und Gebetsmühlen. Trotzdem, das ganze Dorf mit seiner Gompa macht auf uns einen renovationsbedürftigen Eindruck.
Da sind wir schon mehr Beeindruckt von dem aus dem 12. Jh. stammenden Kloster "Alchi". Die Malereien aus dem einst buddhistischen Kaschmir sind grossartige Zeugnisse der alten Künste, obwohl zum heutigen Zeitpunkt die Wände mit eben diesen Wandmalereien bedenklich ausgebuchtet sind. Der schiefe Turm von Pisa lässt grüssen.

Zanskar, eine Begegnung mit einer andern Welt

Viele haben uns gewarnt, fahrt nicht nach Zanskar. Die Strassen sind derart schlecht, dass ihr euer Auto demoliert. Das schwer zugängliche Tal ist von hohen Bergen umgeben und eine nur im Sommer befahrbare Strasse verbindet Kargil mit Zanskar. Ansonsten ist das Tal nur auf Trekkingpfaden erreichbar. Genau das sind Gründe, die einen Besuch so lohnenswert machen.
Mit dem Erreichen von Kargil haben auch die bunten Gebetsfahnen seiner buddhistischen Bewohner ein Ende. Hier leben schiitische Muslime und seit langem sehen wir wieder Moscheen mit ihren Minaretten.
Auf dem Weg nach Zanskar fahren wir als erstes durch das fruchtbare "Suru-Tal", bis sich nach 40 km das Tal verengt und schneebedeckte Gipfel das Landschaftsbild prägen.
Schnaufend und pustend müht sich unser Suri die Piste hinauf. Der ohnehin schon unebene Strassenbelag ist gespickt mit Schlaglöchern, Rissen und Rinnen. Bei jedem Stoss, das unser Wohni aushalten muss, zehrt der Schmerz auch bei mir bis zum Kopf. Ich leide mit ihm!

Am nächsten Tag können wir aus einiger Entfernung die weissen, kuppelartigen Shilouetten einiger Tschörten ausmachen. Sie sehen aus wie Kegel mit terrassenförmigen Stufen. Meistens blicken vier Augenpaare des allsehenden Buddhas in alle vier Himmelsrichtungen. Wir halten an und fühlen uns wieder wie zu Hause, denn diese Tschörten zeigen an, dass es nicht mehr weit bis zur ersten buddhistischen Ortschaft "Yüldo" ist.
Auf dem Weg zum Dorf begegnen uns auch schon die ersten typischen "Zanskari". Hier auf 4000 Meter hat die intensive Sonne ihre Gesichter wie Dörrpflaumen verschrumpeln lassen. Kaum fahren wir an ihnen vorbei und rufen ein herzliches "Tschüle", winken sie freundlich, wobei ihr einzig verfärbter Zahn, der schief aus ihrem Mund herausschaut, ihr Lächeln nur noch gewinnender macht.

Kurz vor "Rangdum" haben wir im Schnittpunkt von 5 Tälern einen hübschen Übernachtungsplatz gefunden. Es ist ein Traum. Die karge Hochgebirgslandschaft gepaart mit grünen Tälern und zum greifen nahe Gletscher runden das Landschaftsbild ab. Aus dem Fenster können wir dem Treiben der fetten Murmeltiere beiwohnen, wie sie quer über die Felder rennen und bei der kleinsten Annäherung von Gefahr auf ihre Hinterpfoten stehen und mit einem Pfeifen laut ihre Artgenossen warnen.
Am nächsten Morgen machen wir eine Tageswanderung zu den beiden schneebedeckten Gipfeln "Nun" (7135 m) und "Kun" (7077 m). Am Basecamp, bei der mächtigen Gletscher-Moräne, endet unsere Tour. Von hier aus geht es nur noch für geübte Bergsteiger weiter. Trotzdem, nur schon diese Wanderung hat den beschwerlichen Weg nach Zanskar vollauf gerechtfertigt.
Fast eine Woche verbleiben wir in in diesem herrlichen Tal, machen Wanderungen, besuchen im Talkessel "Gompas" und geniessen die kühlen Nacht - Temperaturen von Minus 8°, wohl wissend, dass es im Tiefland wieder drückend heiss sein wird.

Trotz ihres harten Lebens strahlen die Menschen des Himalaya soviel Freude, Liebe und Zufriedenheit aus, dass sie für uns immer ein Vorbild sein werden. Wenn diese Reise dazu beiträgt, dass auch wir von diesen Qualitäten etwas weitergeben können, dann hat sich diese Reise wirklich gelohnt.

Über Drass, der kältesten Siedlung der Welt ausserhalb Sibiriens, fahren wir nach Srinagar, Kaschmir.

Ob wir hier ein Hausboot mieten und wie wir die momentanen Demonstrationen erleben, dann im neuen Bericht.