Reisebericht 05 / Chiwa (Usbekistan) - Bekobod (Ausreise nach Tadschikistan) / 11. Mai 2014 - 26. Mai 2014

Kilometerstand: 12'800km

Reiseroute: Chiwa, Urganch, Buchara, Lake Aydarkul, Samarkand, Bekobod, Oybek (Ausreise nach Tadschikistan)

Im Land des weissen Goldes (Baumwolle)

Usbekistan ist mit 447'400 Quadrat km grösser als Italien und zählt etwa 28 Mio. Einwohner, die sich aus mehr als hundert Nationen zusammensetzen: Usbeken, Tadschiken, Russen, Kasachen, Tataren, Karakakpaken, Kirgisen, Koreaner usw.

Nun sind wir endlich im Herzen der legendären Seidenstrasse, die durch das heutige Usbekistan verlief, China mit Europa veband und dank derer viele blühende Wüstenstädte entstanden. Im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion ist 1991 die unabhängige Republik Usbekistan entstanden, die exakt das Gebiet der einstigen sozialistischen Unionsrepublik umfasst. Davor hatte es nie einen Staat mit diesen Grenzen und dem Namen Usbekistan gegeben.

In Chiwa scheint die Zeit seit Jahrhunderten still zu stehen

Schon kurz nach der Grenze kommen wir in die berühmt-berüchtigte Oasenstadt Chiwa. Hier hatten früher die Kahne mit brutalster Gewalt regiert und es war einer der grössten Sklavenmärkte seiner Zeit.
Wir parken unser Suri innerhalb der 8 Meter hohen Stadtmauer inmitten eines Freilichtmuseum. Was wir hier an islamischer Baukunst zu sehen bekommen ist schlicht überwältigend. Eine Monumentalarchitektur mit Moscheen, Minaretten, Palästen, Medressen, Mausoleen, Gräbern und Hammas.
Für uns hat Chiwa die allerschönste Altstadt unserer bisherigen Reise. Die aneinandergebauten Häuser sind alle aus luftgetrockneten Ziegeln gebaut und mit einer ockerfarbenen Lehmschicht überzogen. Zu Fuss kann man sich dutzende von überwältigenden Bauwerken anschauen, die tausend Jahre Geschichte wiederspiegeln.

Buchara, ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht

2 Tage fahren wir durch die glühend heisse Wüste Kara-Kum, durchqueren einen Ozean aus rauem Sand und knochenbrechender Löcherpiste, bis wir die nächste Perle an der Seidenstrasse erreichen, Buchara. Hier lassen wir uns ein weiteres Mal gefangennehmen vom Mythos der Seidenstrasse, jenem Geflecht von Handesrouten, die vor Jahrhunderten Rom mit China verband. Karawanen brachten Seide nach Persien und Gewürze nach Istanbul.
Entgegen unseren bisherigen Gepflogenheiten, quartieren wir uns in Usbekistan bis jetzt meistens in Hotels ein. Der Grund, man muss sich jeden Tag bei der Behörde registrieren lassen, was meistens die Hotels übernehmen.
Der andere Grund ist jedoch auch die grosse Hitze von über 35°C im Schatten. So geniessen wir die Annehmlichkeit eines kleinen Hotels im Stadtkern mit "Air-Condition", wo man sich während der drückenden Hitze etwas zurückziehen kann. Gegen Abend sind wir wieder voller Tatendrang und besichtigen die unzähligen Sehenswürdigkeiten, bis wir auf dem benachbarten Markt eine Teepause einlegen. Unter schattigen Arkaden sitzen alte Männer auf bettgestellartigen, hölzernen Sofas, rauchen Wasserpfeife und trinken Tee. Die perfekte, orientalische Kulisse. Gelegentlich haben wir Schwierigkeiten, all das Geschehene unter einen Hut zu bringen. Märchenhafte Szenen wie aus Tausenduneiner Nacht, die Gerüche des Basars mit seinem üppigenm Angebot an Obst und Gemüse, an Rosinen und getrockneten Aprikosen, duftenden Kräutern und Gewürzen, von denen uns die Gewürzfrau gleich eine Mischung zubereiten. Sie nimmt von jedem Gewürzhaufen einen Löffel voll, legt eine Muskatnuss sowie eine Ingwer Wurzel in den Mörser und alles wird tüchtig zerstampft und gemischt.

Der grosse Unterschied zum Iran sind die lebhaften und farbenfrohen Frauen. Sie tragen kräftig gefärbte, golddurchwirkte Seide und unter den knöchellangen Kleidern Seidenhosen. Ihre dunklen, verschiedenartigen Gesichter, mit den hohen mongolischen Wangenknochen, füllen wie ein Regenbogen die Flaniermeile am "Labi-Hauz".

Nur beim Essen sollte man sich nicht auf allzu viel Abwechslung freuen. Meistens bekommen wir Salate aus Gurken, Tomaten und einem Berg von frischen Zwiebeln und Kräutern. Als Hauptspeise wird ein "Plow" gereicht, bestehend aus Reis, Lammfleisch, gelben- und roten "Rüebli", Rosinen, Knoblauch und allerlei Kräutern und Gewürzen.
Nicht entgehen lassen sollte man sich ein "Schaschlik". An etlichen Strassen stehen Männer hinter schmalen Grillgestellen, eingehüllt in eine dichte Rauchschwade und wenden die köstlichen, aber etwas fettigen Fleischspiesse. Diese sind entweder aus Rind- oder Lammfleisch mit Tomaten und Zwiebeln bestückt.
Gerade diese "Köstlichkeiten" werden mir zum Verhängnis. An eine Weiterfahrt ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu denken, denn ich liege mit einer Magen-Darm Grippe im Bett. Ruth erkundet in der Zwischenzeit rund um den schönen Stadtkern des "Labi-Hauz" die Umgebung. Um den künstlich angelegten See, der früher als Wasserreservoir gedient hat, haben sich einige gut besuchte Restaurants unter hohen Maulbeerbäumen angesiedelt. Hier herrscht vor allem gegen Abend ein emsiges Treiben. Frauen in ihren schönsten Seidenkleidern spazieren stolz mit ihrem Nachwuchs durch die Arkaden, im Restaurant spielt eine usbekische Musikband schmalzige Rythmen und die Teenager fingern cool wie überall in der Welt auf ihren Smartphones herum.

Im Herzen Bucharas ragt das fünzig Meter hohe Kalan-Minarett über seiner Moschee auf, das von Dschingis Khan verschont worden war, als er die Stadt im Jahr 1220 zerstörte. Genau gegenüber trohnen die herrlichen blaugrünen Kuppeln des Miri-Arab-Medrese, der ältesten noch arbeitenden Religionsschule der Stadt.

Nach so vielen Moscheen, Kultur und Menschenmassen, brauchen wir eine kurze Auszeit. Was eignet sich da besser als der abgelegene Lake "Aydarkul". In dieser sanddurchfurchten Leer entblöst sich dieser See wie eine Fata Morgana.
Hier campieren wir ein paar Tage, schwimmen im leicht salzhaltigen Wasser, beobachten die Vögel und geniessen die Ruhe dieses abgeschiedenen Ortes.
Am nächsten Morgen klopft es an der Tür. Draussen steht ein einfacher Fischer und deutet mit Händen und Füssen wir sollen zu seinem Fischerboot
am nahen Ufer kommen. Hier presentiert es uns seinen Fang von letzter Nacht. Ein grösserer und ein paar kümmerliche Fische schwimmen im Kessel. Diese Menschen müssen mit wenig durchs Leben kommen, trotzdem sind sie aufgestellt und fröhlich.
Wir kaufen ihnen den Grossen ab und braten ihn am Abend auf dem Grill.
Am Abend, es ist ca. 23.00 Uhr, haben wir ein mekwürdiges Erlebnis. Tausende von Sternen erstrahlen am Himmel. Der Mond ist zu dieser Zeit nicht zu sehen. Plötzlich ein heller, weisser Fleck am Sternenhimmel der sich immer weiter ausdehnt, bis er ca. 5% des Nachthimmels einnimmt. Es sieht aus wie eine glühende, weisse Wolke. Was kann das sein? Es ist richtig beängstigend, als ob irgendwo ein Meteorit verglüht oder eingeschlagen hätte. Wir können uns dieses Phänomen nicht erklären.
Nach 20 Minuten hat sich das ganze wieder aufgelöst.


Die 1000 Kuppeln Samarkands

Von weitem schon erblicken wir die Skyline von Samarkand, die türkisfarbenen Kuppeln der vollkommenen islamischen Bauwerke. Samarkand wurde vermutlich im 5. Jahrhundert v. Chr. gegründet und war bereits eine grosse Stadt, als Alexander der Grosse sie 329 v. Chr. einnahm.

Eine junge Studentin, die an der Uni Deutsch studiert, bietet sich an, uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen.
Voller Stolz meint sie: "Samarkand gilt als eine der ältesten Städte der Welt und innerhalb Usbekistans die Schönste. Im Jahre 1220 wurde sie von den Mongolen fast vollständig verwüstet und ausgeplündert. Danach kam die Zeit "Timurs", einer der grössten Eroberer der Weltgeschichte und Samarkand blühte unter seiner Herrschaft wieder auf und entwickelte sich zu einem riesigen Imperium."

Das mächtigste Bauwerk bilden drei gigantische Bauten von Moscheen und Medresen und sind eines der besterhaltenen architektonischen-Ensebles Mittelasiens. Dieser Platz war Knotenpunkt des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens von Samarkand.
Wie erschlagen stehen wir vor der riesigen Kuppel und den überdachten Arkaden. Alle Innenwände sind mit Gold verkleidet und hervorragend restauriert.

Ganz in der Nähe haben wir übrigens unseren Suri auf einem grossen Parkplatz abgestellt. Vom Wohnzimmerfenster haben wir einen phantastischen Blick zu den Monumenten aus der Timurzeit. Wir können uns nicht satt sehen und immer wieder gehen wir zu Registan oder zum farbenfrohen Basar, wo die meisten Menschen immer noch wie früher in traditionellen Gewändern aus Seide und farbenfrohen Kopftüchern ihre Waren feilbieten und uns immer wieder etwas zum probieren anbieten.
Auf der anderen Seite des Fensters sehen wir von Weitem die Ausläufer des schneebedeckten Pamir und denken respektvoll an unser nächstes Abenteuer, diese Bergketten an der afghanischen Grenze entlang zu befahren.
Im Grunde genommen sind wir zu früh für die Fahrt über die 4500 m hohen Pässe, denn es könnte zu dieser Zeit noch Schnee liegen, aber wir müssen einfach dort durch, wollen wir Kirgistan und die Mongolei erreichen.

Ob wir im Schnee stecken bleiben oder in einem der wilden Gebirgsbäche Tadschikistans versanden, dann im nächsten Bericht.

Vor der Stadtmauer in Chiva