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Reisebericht 27 / Chipata (Grenze zu Malawi) bis Chipata (Rundreise) / 29. Oktober 2016 - 28. November 2016

Kilometerstand von der Schweiz über China, Indien und Afrika: 73'900 km (Total 202'500 km incl. Panamericana)

Reiseroute: Chipata, Lilongwe, Cape Maclear, Zomba Plateau, Blantyre, Lilongwe, Nkhotakota, Chintheche, Mzuzu, Rumphi, Vwaza Wildlife Reserve, Chitimba, Mzuzu, Lilongwe, Chipata

Auf zum Malawi See

Nicht all zu viele Touristen verirren sich nach Malawi. Wir sind die einzigen Europäer und sofort stürzt sich eine Schar von malawischen "Grenzhelfern" und "Geldwechsler" auf uns. Büschelweise halten sie uns die vergilbten Banknoten unter die Nase und rufen: "Chance money, I have the best rate".
Es sind clevere Burschen. Nur zu oft werden Touristen mit schäbigen Tricks über die Ohren gehauen. Meistens mischen sie Copyen unter die Noten oder legen zwischen die grossen Scheine gleichfarbige kleinere Noten. Banken gibt es meistens keine und so ist man auf die Geldwechsler angewiesen. Wir schauen ihnen genauestens auf die Finger, zählen akribisch nach und erst dann wechselt das Bündel den Besitzer.
Für 100 US$ erhalten wir 75'000 Malawische Kwachas. Die Inflation ist dramatisch.

Eigentlich ist Malawi an einem stärkeren Ausbau des Tourismus interessiert, führte aber erst vor einem Jahr eine teure Visapflicht ein. Lächelnd begrüsst uns der Zöllner und sagt: "Das macht 150 US$. Somit könnt ihr einen Monat im Land bleiben".
Zähneknirschend bezahlen wir den Betrag. Ob das der richtige Weg ist den Tourismus anzukurbeln? Ich bezweifle es.

Eigentlich hat Malawi viel zu bieten. Der selbst gewählte Slogan heisst: "Das warme Herz Afrikas". Das ist wohl wortwörtlich gemeint, denn wir haben schon wieder Temperaturen um die 40° Grad.
Die eigentliche Attraktion des Landes ist der Malawisee. Der riesige See eignet sich für alle Arten von Wassersport. Hier leben etwa 500 Fischarten und bis zu 95% davon sind endemisch. Das muss ein Tauchparadies sein wenn, ja wenn die Bilharziose nicht wäre. Dies ist eine chronische Infektionskrankheit, die man sich gerne in tropischen Gebieten in stehenden oder leicht fliessenden Gewässern einholt. In dieser Umgebung lebt eine spezielle Wasserschnecke. Erkennt sie menschliche Haut, lösen sich mikroskopisch kleine Speere von ihr und durchbohren unbemerkt die Haut. Diese wachsen zu Würmern heran, die bis zu 15 Jahre im menschlichen Körper überleben können.
Es gibt jedoch Gebiete weit entfernt von Dörfern und ohne Schilfbestand, da gilt das baden als relativ sicher.

Doch erstmals fahren wir nach Lilongwe, der Hauptstadt des Landes, um unsere Vorräte aufzufüllen. Wie die meisten afrikanischen Städte gewinnt auch diese Metropole keinen Schönheitswettbewerb. Verkehrs-Chaos, lärmig, überfüllt. Das Schönst ist, wenn man den Moloch hinter sich gelassen hat. Hier zeigt sich wieder das echte Afrika.
Frauen mit grossen Holzbündeln auf dem Kopf kommen uns entgegen. Meistens haben sie ein Kleinkind auf dem Rücken und ein weiteres an der Brust. Die Männer palavern unterdessen im Schatten eines Baumes. Ein typisches Bild. Frauen arbeiten von morgens bis abends für ihre Familie, während die Männer sich bedienen lassen und ein Mittagsschläfchen halten.
Natürlich, man kann es nicht verallgemeinern, trotzdem, es ist augenfällig hier in Afrika.

Was weiter auffällt ist die Armut. Ich komme mit Georg ins Gespräch. Er arbeitet in der "Dezda Pottery" im gleichnamigen Dorf, wo auch wir einen schönen Übernachtungsplatz auf angenehmen 1500 Meter gefunden haben.
Auf meine Fragen hin meint Georg: "Bis vor 8 Jahren ging es mit Malawi immer ein wenig bergauf. Dann gab es einen Präsidentenwechsel und die Korruption wurde schlimmer. Die Machthaber schaufeln alles in die eigene Tasche. Wie es dem Volk ergeht, ist ihnen egal. Ich arbeite 5 Tage die Woche, 40 Stunden und erhalte Ende Monat 30'000 Kwacha, das sind exakt 40 US $. Wie soll ich mit gut einem Dollar pro Tag überleben. Alles wurde teurer. Der Mais, unser Hauptnahrungsmittel, hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt, doch unser Gehalt stagniert."

Es ist traurig, wenn man mit Leuten wie Georg plaudert. Wie ihm ergeht es dem Grossteil der Malawier. Die Hälfte der Bevölkerung muss mit einem Dollar pro Tag auskommen. Dafür ist die öffentliche Krankheitsversorgung, sowie die Primarschule, die 8 Jahre dauert, kostenlos.

Was weiter auffällt sind die vielen Schilder mit den blauen Sternen der EU. Die europäische Union hat in Malawi etliche Projekte im Schul- und Strassenbau. Auch werden Ausbildungsstätte und soziale Projekte gefördert. Die teuersten Fahrzeuge gehören ausschliesslich Regierungsbeamten oder Mitgliedern von Hilfswerken. Sind diese Projekte wirklich sinnvoll? In den letzten Jahren sind Milliarden, nein Billionen von Dollars nach Afrika geflossen und was hat es gebracht? Vielerorts wurde mit den Spendengeldern die Eigeninitiative der Afrikaner abgewürgt. Eine Schneiderin kann schon lange nicht mehr mit ihrem Beruf die Familie ernähren, da die Second Hand Kleider der westlichen Staaten gleich Tonnenweise nach Afrika geschippert werden.
Die Auswüchse dieser sogenannten Hilfsprojekte sehen wir jeden Tag. Winkten uns die Kinder in andern afrikanischen- sowie asiatischen Staaten noch freudig zu, wird hier oft die hohle Hand gezeigt. Kaum halten wir an werden wir um Geld und Süssigkeiten angebettelt. "Give me money, give me a pen, give me......."
Wenn schon Hilfe, dann sollte es Hilfe zur Selbsthilfe sein. Doch manchmal habe ich das Gefühl, Afrika muss arm gehalten werden. Der Wirtschaftszweig mit der Armut ist zu lukrativ. Man schätzt eine halbe Million von Arbeitsplätzen, die direkt oder indirekt damit zusammenhängt. Dieses Geschäft ist vor allem für die westlichen Geberländer, genauer die Personen, die direkt damit involviert sind, überaus profitabel.
Was wäre, wenn Afrika plötzlich auf eigenen Beinen zu stehen vermag und alle Almosen ablehnen würde? Ein Horroszenario!

Es war einmal ein Ort zum "Chillen", zum abhängen, ein Ort wie Goa in Südindien. Wir befinden uns am Cape Maclear. Eigentlich eine traumhafte Bucht, schön gelegen, von Felsen umrahmt. Die vorgelagerten Inseln gehören zum Unterwasser-Nationalpark und wären ein Paradies zum tauchen.
Die Realität sieht ein wenig anders aus. Das Fischerdorf "Chembe", das einzige an dieser geschützten Bucht, platzt aus allen Nähten. Der Strand ist übersät von Mokoros, Einbäumen und die einfachen Rundhütten reichen bis zum Strand. Der See ersetzt die Toilette und der Strand die Abfallkübel. Dementsprechend riecht es auch.
Das Eagle's Nest Camp ist eine Oase an diesem Strandabschnitt. Es ist eine von Mauern umschlossene Welt. Drinnen eine Enklave der Bessergestellten, des Geldes und draussen die einfache Bevölkerung, die Fischer. Am äussersten Ende gelegen bietet es ein wenig Privatsphäre und der glühend rote Sonnenuntergang ist legendär.
Trotzdem, mehr als eine Nacht hält uns hier nichts. Abends um 22 Uhr messen wir immer noch 33,5 Grad. Mit einem nassen Tuch auf unseren Körpern versuchen wir einzuschlafen. Der einzige Gedanke, nichts wie in die Höhe, da wird es kühler.

Women off day

Eine weitere Etappe führt uns auf die "Zomba" Hochebene. Frische, kühle Bergwälder, klare Luft und Ruhe sind die Vorzüge des Zomba Plateaus. So oder ähnlich wird es in Reiseführern angepriesen.
Rund um unseren Stellplatz auf der "Trout Farm" haben wir effektiv eine erfrischendes Klima im wohlduftendem Fichtenwald, aber in der weiteren Umgebung schaut es teilweise traurig aus.
Ein erster Vorbote lieferten uns die Holzfäller, wie sie mit ihren mit Holz überladenen Fahrrädern schon fast in selbstmörderischer Weise den Berg hinunter rollten. Auf ihren Gepäckträgern stapeln sich perfekt zugeschnittene Holzscheite bis zu 2 Meter hoch.

Die nächsten 2 Tage geniessen wir einfach die Stille, die Einsamkeit, sowie die angenehmen Temperaturen auf 1500 Meter. Wie schnell sich das ändern kann erfahren wir heute Samstag. Es ist "women off day". Eine Horde von midestens 50 jungen Frauen, die meisten Studentinnen, quartieren sich direkt neben unserm Suri ein. Eine Disco-Anlage wird aufgebaut und der dafür benötigte Strom kommt vom Generator, der noch näher an unserem Fahrzeug platziert wird.
Somit nutzen wir die Gelegenheit und entfliehen mit unserem Führer "Frazer" auf eine Wandertour.
Das Plateau, der nördliche Ausläufer der Shire Highlands ist umschlossen von mehreren Bergspitzen. Vor nicht allzu langer Zeit bedeckten dichte Wälder die Hochebene. Doch nun sieht man überall die Folgen der illegalen Abholzung. Kahle Berghänge, auf denen es immer noch qualmt. Auf das Problem angesprochen meint Frazer: "Die legale sowie illegale Abholzung ist ein großes Problem in Malawi. Die Bevölkerung ist stark von den natürlichen Ressourcen abhängig, um sowohl die Nachfrage nach Nahrung als auch nach Energie zu befriedigen. In Bezug auf die Bevölkerungsdichte liegt Malawi in Afrika an fünfter Stelle. 80 Prozent der fast 17 Millionen Einwohner sind Kleinbauern, die sich von den Früchten ihrer Felder ernähren. 85 Prozent der Bevölkerung nutzen Holzkohle zum Kochen. Im Laufe der Jahre mussten die Holzfäller immer höher fahren, um Bäume zu finden, die sie fällen konnten. Wo gestern Urwald war ist heute Steppe.

Hinzu kommt, dass die Produktion von Holzkohle in Malawi ineffizient ist. Mit den Methoden und Werkzeugen der meist kleinen Produzenten werden letztlich große Flächen gefällt, der Ertrag bleibt aber vergleichsweise gering.
Wer Holz aus dem Wald holen will, braucht in Malawi eine Einschlaggenehmigung. Die Regierung hat allerdings seit Jahren keine Lizenzen mehr erteilt.
Als wir einige Tage später einen Forstverwalter darauf ansprechen meint er:" Wir wissen vom Problem, doch machen können wir nichts. Es sind einfach zu viele Holzfäller. Zudem sagen sie uns - wenn ihr uns nicht machen lässt, wählen wir euch nicht mehr." Dies ist natürlich in Malawi, wo jeder Regierungsbeamte froh um seinen Job ist, ein einschlägiges Argument.

Durch "Mund-zu-Mund" Propaganda haben wir von Stella und Fred gehört. Fred ist Südafrikaner und hat seinen Lebensunterhalt mit dem Bohren von Wasserlöchern und Brunnen verdient, dem sogenannten "Waterdrilling".
Stella ist gebütige Deutsche. In früheren Jahren ist sie mit ihrem "Büssli" quer durch die Sahara bis zum südlichen Kap gefahren. Hier haben sie sich kennengelernt und zusammen betreiben sie den Camping "Sunga Moyo" direkt am Malawi See.
Seit 2 Tagen stehen wir auf ihrem Privat Grundstück in der Nähe von Lilongwe, der Hauptstadt von Malawi. Auf dem weitläufigen Gelände, das übersät ist von farbenprächtigen Blumen, exotischen Bäumen und einem natürlichem Fischteich, stehen gewiss 8 Fahrzeuge von Europäern. Die meisten der geländegängigen 4 x 4 gehören Deutschen, die jedes Jahr der Kälte in Europa entfliehen und für ein paar Monate hierher zurückkehren.
Wollt ihr selbst einmal ein Fahrzeug hier einstellen, hier sind die Koordinaten und die Adresse. (Klick) hier.

"Früher habe ich mit dem Bohren von Wasserlöchern gutes Geld verdient", meint Fred und zieht genüsslich an seiner Pfeife, "aber dies ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden. Die allgegenwärtige Korruption hat ein Mass angenommen, das nicht mehr zu tolerieren ist. Früher bekam ich meine Aufträge hauptsächlich von regierungsnahen Organisationen, NGO's, das sind Nicht-Regierungs-Organisationen wie "Save the Children, US Aid" und Privaten. Wenn in der heutigen Zeit eine Organisation auf mich zukommt und nach einer Offerte fragt ist immer das Erste -
wie viel können sie mir bar auf die Hand legen, um an den lukrativen Auftrag zu kommen. Es spielt keine Rolle, ob du der Billigste oder Teuerste Anbieter bist, wichtig ist nur, wie viele Dollars unter dem Tisch den Besitzer wechseln. Auch Christliche Organisationen machen da keine Ausnahme.
Das erste was der Pastor fragt, ist die Höhe des Schmiergeldes. Da mach ich nicht mehr mit."

Ich frage mich, wie kann da eine Volkswirtschaft funktionieren? Es ist immer das Selbe. Je ärmer das Land, je grösser die Korruption. Würde der IWF, die Weltbank und einige Spendernationen nicht massiv Gelder in das Land pumpen, es wäre schon längst bankrott. Im jährlichen Index der menschlichen Entwicklung aus dem Jahre 2015 liegt Malawi auf Platz 173 von 188.

Dambisa Moyo, eine intelligente Frau aus Sambia mit schwarzer Hautfarbe, hat an den Universitäten von England und Amerika studiert. Anschliessend arbeitete sie mehrere Jahre bei der Weltbank. Sie schrieb ein Buch mit dem Titel "Dead Aid", warum die Hilfe für Afrika nicht funktioniert. Sie kommt zum Schluss, dass die Lösung für Afrika eigentlich einfach ist. Stoppt endlich die Hilfsgelder. Lasst Afrika auf eigenen Beinen stehen. Lest das Buch. Es ist zu empfehlen. Danach kann sich jeder selbst eine Meinung bilden.

Zurück am drittgrössten See Afrikas

Wir folgen der Strasse entlang des Malawi See's. Unser Ziel, der Camping "Sunga Moyo" von Stella und Fred in der Nähe von "Nkhotakota". Unterwegs reihen sich auf Hunderten von Km Hütte an Hütte, Kleinstgewerbe an Wellblechkneipe. Dutzende, hunderte, wenn nicht tausende von Schülern sind unterwegs. Alte Leute findet man nur selten. Malawi ist eines der am schnellsten, wachsenden Länder der Welt. Die Hälfte der Einwohner ist unter 18. Kinder spielen mit aus Draht geformten Autos, die sie am Stöcken befestigt der Strasse entlang schieben.
Überall wird Gemüse, meistens Tomaten und Zwiebeln, zum Kauf angeboten. Zu Piramiden von einem oder zwei Kilogramm geformt stehen sie im Kontrast zu den den kleinen Trockenfischen. Man spührt und riecht die Nähe zum See.
Hier im Flachland wird das Holz zum kochen auf den Köpfen der Frauen transportiert, oder soll man sagen balanciert. Bis zu 2 Meter lange Bündel die nicht selten 30 bis 50 kg wiegen, werden so transportiert. Für Männer nicht zumutbar!
Meistens sitzen sie in Gruppen im Schatten eines Baumes und schauen den Frauen zu, wie sie unermüdlich auf den Feldern schuften. Gewöhnlich sind es junge Männer, die die Kunst des Müssiggangs bis zur Vollendung pflegen, während die Frauen und Kinder Wasser in bunten Eimern aus verschlampten Tümpeln schöpfen.

Chinteche befindet sich am mittleren Westufer des Malawi Sees. Nicht weit davon entfernt liegt der zuvor erwähnte Camping "Sunga Moyo" von Stella und Fred. Es ist fast wie im Paradies. Ein Stellplatz unter Mangobäumen mit Sicht auf den See, der sich fast wie ein Meer anfühlt. Wellen, weisser Strand, Männer, die mit ihren Einbäumen morgens und abends zum Fischfang auf den See hinaus paddeln. Frauen waschen Kleider und Geschirr am See, während die Kinder darin baden.
Hier sollte die Bilharziose Gefahr am Kleinsten sein, doch das Risiko ist uns immer noch zu hoch. Wir benützen lieber das Camp eigene Schwimmbad, machen Strandspaziergänge und kaufen von den Fischern frischen Fisch. Das letztere gestaltet sich unerwartet schwierig. Obwohl es keine grosse Fischindustrie gibt, gilt der See, wie uns einheimische Fischer selbst erzählen, als überfischt. Meistens ist die Ausbeute sehr gering. "Es ist Vollmond und der Wellengang ist zu hoch", meint ein Fischer und zeigt mir den Fang des Tages. Eine Hand voll kleiner Fische liegt auf seinem selbst gezimmerten Einbaum. Und davon sollen sie eine Familie ernähren?
Später ergattern wir trotzdem noch einen "Jambo". Er gilt als der Beste Speisefisch aus dem Malawisee. Davon können wir uns am selben Abend selbst überzeugen bei einem feinen Fischessen mit Reis und indischer Sauce à la Ruth. Mmmm lecker!

Der Paarungstanz der Büschelmücken

Der nächste Abend bringt uns eine ganz andere Spezialität. Eine Delikatesse für die Einheimischen.
"Geröstete Mücken mit Tomaten", schwärmt Henri, der Manager der Lodge. Dabei verdreht er die Augen und sein Gesicht verwandelt sich in ein glückseliges Lächeln. "Einmal im Monat kommen ganze Schwärme von Fliegen an Land. Diese fangen unsere Frauen ein und kochen dies zu meinem absoluten Lieblingsmeü. Ich könnte nur davon leben".
Der Zufall will es, dass wir am selben Abend Zeuge dieses Spektakels werden. Anfangs glaubten wir, riesige Rauchsäulen über dem Malawisee zu entdecken. Es handelt sich dabei um den Paarungstanz der geschlüpften Büschelmücken, sogenannte Seefliegen. Nach der Paarung sinken sie zur Seeoberfläche und legen ihre Eier ab, die sich im See zu Glasstäbchenlarven entwickeln, die nun wochenlang unter Wasser bleiben. Um den gefrässigen Fischen zu entgehen, bleiben die Larven tagsüber auf 250 Meter Tiefe. Nachts tauchen sie auf und ernähren sich vom tierischen Plankton. Meistens bei Neumond, heute ist zwar Vollmond, schlüpfen die Larven und beginnen ihren Paarungstanz.
Da der Wind die winzigen Büschelmücken in unsere Richtung bläst, sind wir kurze Zeit später von Abermillionen winziger Fliegen eingehüllt. Es zieht sie zu den Lichtquellen am Campingplatz, wo sie von den Frauen in Körben und Pfannen eingesammelt werden.
Henri kann am nächsten Morgen kaum aufhören zu schwärmen, als er vom gestrigen Festschmaus berichtet.

Raubritter der Strasse

Drei Tage später verlassen wir den See und fahren Richtung Livingstonia. Wieder reiht sich ein Dorf ans andere. Aus Rücksicht wegen den vielen Leuten fahre ich meistens unterhalb der Höchstgeschwindigkeit von 50 kmh. Trotzdem winken mich drei Polizisten an den Strassenrand. "Guten Tag, sie sind statt der erlaubten 50 Stundenkilometer 60 gefahren. Das gibt eine Fine, eine Busse", meint ein Uniformierter lächelnd und zeigt auf den Kollegen, der mit der Radarpistole auf die Autofahrer zielt. Da ich mir sicher bin, die Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten zu haben, diskutieren wir 20 Minuten über Sinn und Unsinn von Verkehrsregeln und Verkehrsbeschränkungen. Man muss wissen, in Afrika sind die "gesetzlosen" Busfahrer oft nur durch "Speed breaker" zur Vernunft zu bringen. Fährt man zu schnell über diese Schwellen kann man schon eine neue Achse bestellen. Ausserhalb des Dorfes überholen sie auf Bergkuppen und bei unübersichtlichen Kurven. Die Höhe bei einer Busse ist meistens Verhandlungssache. Es kommt darauf an, ob eine Quittung ausgestellt wird oder nicht!!!!!
Natürlich sind wir für die Einhaltung von Verkehrsregel, aber ich bin mir sicher, die 50 kmh nicht überschritten zu haben. Somit lasse ich mir auf dem Video die Aufzeichnung zeigen. Doch, o Wunder, im Gegensatz zu den andern Autos ist meines nicht mehr zu finden. Er meint: "Wir können ihnen nichts beweisen, somit müssen sich auch nichts bezahlen. Es wäre jedoch toll, wenn sie trotzdem bezahlen". Diese Raubritter der Strasse sind sehr geschäftstüchtig und erfinderisch.
Ich entgegne: "Wisst ihr was, wir machen einen Deal. Ich bezahle euch nichts, aber wenn wir das nächste Mal Kinder am Strassenrand sehen, denen es anhand ihres Aussehens sehr schlecht geht, dann stoppen wir und kaufen ihnen in der Höhe des Busgeldes Mais und Zucker".
Wenn das kein Angebot ist! Damit sind sie einverstanden und zum Abschied klopfen wir uns auf die Schultern und schütteln uns die Hände wie alte Freunde.
Ein paar Tage später kaufen wir am Strassenrand wie abgemacht Maismehl sowie Zucker und verschenken es einem freundlich winkenden Jungen mit einem verschlissenen T'Shirt.

Auf der weiteren Fahrt weist uns ein Schild darauf hin, dass Strassenarbeiter am Werk sind. Wir staunen nicht schlecht, als wir in der Mitte der Fahrspur etwa 10 Arbeiter ausmachen, die damit beschäftigt sind, die Mittelstreifen von Hand neu anzumalen. Auf der ganzen Welt, sogar in Indien, macht dies eine Maschine, die die Streifen mit Farbe bespritzt. Hier in Malawi sind die Löhne so niedrig, dass die menschliche Arbeitskraft viel günstiger kommt als eine Mechanische. Somit bestreichen noch viele Jahre mit Farbe und Pinsel bewaffnete Strassenarbeiter die Mittelstreifen neu mit leuchtend weisser Farbe. Arbeitsbeschaffung auf Afrikanisch.

In Mzuzu treffen wir auf Judith und Wilfred. Die zwei Holländer haben ihren Toyota mit Pop-Top Dach von Rotterdam nach Süd Afrika verschifft. Ihr Ziel, die Ostküste Afrika's hoch und vom Sudan nach Saudi Arabien verschiffen. Da wir beide das selbe Ziehl haben wird es ein langer, gemütlicher Abend. Am nächsten Tag vereinbaren wir, gemeinsam das "Vwaza Marsh" Wildreservat zu erkunden.
Vom Campingplatz aus haben wir eine schöne Sicht auf das grosse Wildschutzgebiet mit dem dazugehörigen Kazunisee. Es ist eine Sumpflandschaft mit weiten Grasebenen. Eigentlich sollten etwa hundert Elefanten im Reservat beheimatet sein, doch infolge der Trockenzeit sind die Meisten Richtung Sambia ausgewandert.
Trotzdem sehen wir etliche Wasserböcke, Kudus, Pukus und Warzenschweine. Im See beobachten wir viele Flusspferde und abends hören wir ihr grunzen, wenn sie in der Nähe des Camps grasen.

Korruption und Misswirtschaft

Eigentlich wollten wir noch das Nyika Plateau und das hoch gelegene "Livingstonia" besuchen, doch die überaus schlechte Strasse zwingt uns zur Umkehr. Unser robuster HZJ würde es gewiss schaffen, doch mit dem Häuschen drauf sind wir einfach zu schwer. So entschliessen wir uns, einen weiteren Tag am Ufer des Malawi-See's zu verbringen.

Die "Hakuna Matata" Campsite wird vom Südafrikaner Willi geführt. Hier hat er sich seinen Traum von der eigenen Lodge erfüllt. Anfangs zusammen mit seiner Frau, doch vor ein paar Jahren ist es ihr zu eintönig geworden und sie reiste zurück nach Südafrika.
Willi, inzwischen 70 Jahr alt, weiss viel über Malawi zu berichten

"Wisst ihr", meint er, "mit dem Land geht es immer mehr den Bach runter. Die Kurruption ist immens und jeder weiss, dass unser Präsident einer der Korruptesten des Landes ist. Nicht weit von hier war der grösste Arbeitgeber von Malawi beheimatet, die "Paladin" Uranmine. 1500 Malawier hatten hier einen guten Job, verdienten weit mehr als der Durchschnitt und hatten freien Zugang zu Ärztlicher Versorgung.
Die Mine hatte mit dem Präsidenten langfristige Verträge abgeschossen. Z.b. mussten sie einen Teil des Gewinns direkt der Regierung abliefern. Vor ein paar Jahren wollte der Präsident, entgegen den Verträgen, von einem Tag auf den andern mehr als das Doppelte. Das konnte und wollte die Mine nicht bezahlen. Darauf schloss sie die ganze Anlage."

Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Details ans Tageslicht. So musste die Mine dem damaligen Päsidenten Bingu alle 3 Monate 5 Millionen US$ auf ein australisches Konto überweisen. Auch der Minen-Inspektor wollte zusätzlich seinen Teil am Gewinn.
Nun stellt die Paladin Mine, die zum Australischen Konzern Rio Tinto gehört, selbst Forderungen. Sollten wir den Betrieb je wieder aufnehmen, muss zuerst der Uran Preis steigen. Anschliessend wollen wir, dass sämtliche Verträge und Abmachungen mit der Regierung in der Zeitung publiziert werden. Ausserdem wollen wir einen Stromanschluss. Bisher mussten wir für Generatoren und Fahrzeuge alleine 1 Million an Diesel aus Tansania importieren.
Ob die Mine je wieder ihre Tore öffnet, daran glauben in der Zwischenzeit die Wenigsten.

"Der jetzige Präsident, Peter Mutharika, ist nicht gerade ein Vorbild für seine notleidende Bevölkerung. Eben hat er sich einen Lexus gekauft. Dieses Jahr besuchte er über 30 Staaten und das Reisebudget betrug 215 Millionen US$. Letztes Jahr besuchte er mit einem Tross von 121 Leuten die Sitzung der Vereinten Nationen in New York. Diese 2 Wochen kosteten das Land Malawi 84 Millionen US$. Mit privaten Jets ging es erst nach Dubai, man muss doch einkaufen und erst dann in die USA. Dort bettelte er für Geld und Nahrungsmittel.
Dies ist bei der Bevölkerung, wo die Hälfte mit 1 US$ pro Tag auskommen muss, nur schwer verständlich. Malawi hat zwischen 17 und 18 Millionen Einwohner. Nur 11% haben Zugang zu Elektrizität. In den letzten 26 Jahren hat sich die Bevölkerung verdreifacht. Schon 12-jährige Mädchen werden verheiratet und mit 15 haben sie 3 Kinder.
In Dezda wurde mit ausländischen Geldern eine Klinik gebaut. Vor 12 Jahren sollte sie eröffnet werden, aber weil gewisse Strom- und Wasseranschlüsse fehlten blieb sie geschlossen. In der Zwischenzeit wurden die ganzen Einrichtungsgegenstände gestohlen und das Spital ist nur noch eine Bauruine.
Dieses Jahr ist eine völlig überladene Fähre auf dem Malawisee gekentert. Einige Passagiere konnten noch Notrufe an den Rettungsdienst am gegenüberliegenden Ufer abschicken. Hier hat die Polizei ein Rettungsboot. Dieses konnte aber nicht auslaufen, da das Boot kein Benzin hatte. 16 Personen sind ertrunken." Dies und ähnliche Stories erzählt uns Willi.
Ist Malawi ein Einzelfall? Wohl eher nicht. Es ist einfach Afrika.

Nicht desto trotz, die Malawier sind unheimlich nett. Vor lauter winken fällt uns fast die Hand ab und grüsst man in ihrer Sprache, erntet man ein breites Lächeln.
Es ist ein ursprüngliches Land, ein Afrika, wie man es sich vorstellt. Trotz der Armut lachen die Malawier oft und gerne.