Reisebericht 03 / Athen - Van (Osttürkei ) / 3. April 2014 - 23. April 2014

Kilometerstand: 7200km

Reiseroute: Athen, Volos, Thessaloniki, Ipsala (Türkei), Istanbul, Gebze, Erdek, Troja, Bergama, Izmir, Pamukkale, Fethiye, Olüdeniz, Myra, Olympos N.P., Antalya, Manavgat, Konya, Sutanhani, Göreme N.P., Kayseri, Malatya, Van, Esendere (Grenzübergang Türkei / Iran)

Athen

Langsam wühlen wir uns durch den Moloch von Griechenland's Hauptstadt. Im Grossraum von Athen leben mit 4 Millionen fast die Hälfte der Einwohner Griechenland's. Die Strassen sind verstopft, die Parkplätze belegt und jede noch so kleine Lücke mit Motorrädern belegt.
Wir sind froh, in diesem Chaos die Koordinaten des einzigen Stadtcampings zu haben. Doch an besagter Stelle angelangt, kein Camping weit und breit. So parken wir auf dem Trottoir neben der 6 spurigen Hauptverkehrsader und erkundigen uns nach diesem ominösen Platz.
"Camping? Seit ich hier arbeite, und das ist schon über 30 Jahre, gab es hier nie welchen. Da seit ihr total falsch", meint der nette Fabrikarbeiter.
Doch wozu hat man heuzutage ein Navi? Dieses zeigt uns nun die Richtige Position des Campings an. Was machte man eigentlich früher, als es die ganze Elektronik zum navigieren noch nicht gab?
Auf jeden Fall haben wir nun die Stecknadel im Heuhaufen gefunden und fahren durch das Eingangstor in eine grüne, aber laute Oase im Zentrum der Metropole.

Noch am gleichen Tag nehmen wir die Metro zur Akropolis. Athen's bedeutendster Tempel steht auf einem 150 m hohen Felssockel mitten im Stadtgebiet. Es ist ein Meisterwekt der Architektur und der grösste Teil stammt noch aus dem 5. Jh. v. Chr. Goldgelb leuchten die Säulen, Statuen und Tempel im Licht der untergehenden Sonne und unter uns verblassen die Lichter der tausenden von Autos zu kleinen Glühwürmchen.

Ferienhaus-Idylle

Seit wir die Schweiz verlassen haben, sind wir recht zügig unterwegs. So nehmen wir das Angebot eines Freundes aus der Schweiz noch so gerne an, sein Ferienhaus auf der Halbinsel, südlich von Volos, zu benützen. Statt der Küstenstrasse entlang, schickt uns das Navi gnadenlos über die Berge bis hinauf zur Schneegrenze und den Skiliften. Von hier hat man einen wunderbaren Blick über die sanft geschwungenen Hügel des wilden, griechischen Hinterlandes.
Auf einer Landzunge finden wir das Grundstück und der Schlüssel liegt wie abgemacht am vereinbarten Ort. Nach der vielen Fahrerei der letzten Tage, kommt diese kleine Auszeit vom Reisen sehr gelegen. Der nächste Morgen ist klar und frisch. Die Regenwolken haben sich verzogen und die Zitronenbäumchen und Frühlingsblumen leuchten rot, gelb und purpur. Nach einem kräftigen Frühstück mit Kaffee, Schwarzbrot und Orangensaft ist ein erfrischendes Bad im Meer angesagt.
3 Tage später verlassen wir nur ungern die Idylle und fahren Richtung Türkei.

Istanbul, weit mehr als Döner und Kebab,

denn hier beginnt für uns die eigentliche Seidenstrasse. Die letzten Nächte auf europäischem Boden verbringen wir auf einem Parkplatz am Bosporus, mit direktem Sichtkontakt zur Hagia Sophia, Istanbuls grösster Moschee. Diese Meeresenge bildet die geografische Grenze zu Asien. Istanbul oder Konstantinopel wird seit alters her als Tor zum Orient bezeichnet, als Schmelztiegel europäischer und orientalischer Kulturen. In den gedeckten Bazaren geniessen wir das erste Mal, im Orient angelangt zu sein.
Pünktlich um halb sechs Uhr werden wir am nächsten Tag geweckt. Der Muezzin predigt lautstark den Ezan von einer der vielen Moscheen in unserer unmittelbarer Nachbarschaft.
Den Tag verbringen wir mit dem Besuch der Hagia Sophia, dem bedeutendsten Bauwerk der Stadt, der Blauen Moschee, dem grossen Bazar und essen Süssigkeiten in einer der vielen guten Konditoreien.

Die türkische Nordägäis

Nach Istanbul nehmen wir die Fähre über das Mamara Meer und fahren über die Westküste nach Troja. Kaum eine andere Stätte ist so berühmt wie deses Troja. Schon als Kind habe ich von diesem riesigen, hölzernen Pferd gehört, wo sich einige Krieger darin versteckten.
Jetzt stehen wir hier, vor diesem riesigen Pferd, das nicht für die Trojaner, sondern für uns Touristen gebaut wurde.
Doch zwischen 1300 und 1800 vor Chr. hat effektiv die List des Odysseus zum lange ersehnten Erfolg geführt. Zehn Jahre kämpten griechische Helden wie, Archilles, Hektor und Odysseus um die Stadt Troja.
Des Kämpfens müde, machten sie den Anschein, wieder heimwärts nach Griechenland zu segeln. Doch einige der besten Krieger versteckten sich im zurückgelassenen, hölzernen Pferd.
Die Trojaner zogen das vermeindliche Geschenk in die Stadt und feierten. Doch in der Nacht stiegen die Kämpfer vom Pferd, überrumpelten die Trojaner, öffneten das Tor und die zurückgekehrten Griechen konnten die Stadt einnehmen.

Es ist wichtig, diese Geschichte zu kennen, denn auf der Ausgrabungsstätte sieht man nicht mehr allzu viel. Verwirrend sind zudem die verschiedenen Ausgrabungsschichten, die nicht die Grundmauern einer einzigen Stadt zeigen, sondern neun Siedlungen in einem Zeitraum von knapp 3000 Jahren.
An unserer Faszination können auch die Behauptungen einiger Archäologen nichts ändern, dass es das trojanische Pferd nie gegeben habe. Wahrscheinlich sind es die Selben, die behaupten, Wilhelm Tell habe es nie gegeben. Solche kann man doch wirklich nicht ernst nehmen.

Ein weiteres Bauwerk der Griechen finden wir weiter südlich in Assos. Jetzt sind wir mittendrin in der türkischen Olivenriviera, ein seit der Antike berühmtes Gebiet. Das Öl in dieser Gegend steht in seiner Qualität und seinem Geschmack dem toskanischen in nichts nach.
Einen wunderbaren Ausblick über den Golf von Edremit haben wir vom schöngelegenen Athene-Tempel. Schon vor 2500 Jahren hatten die Menschen einen ähnlichen Blick. Viel hat sich nicht verändert. Es lohnt sich, nochmals in die griechische Mythologie abzuschweifen, denn hier fand der erste Schönheitswettbewerb der Geschichte statt.

Nun also, für alles Kultur interessierte:
Hier, an diesem mythischen Berg Ida, auf dessen Olymp die Götter wohnten, lagen die eifersüchtigen Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite im eifersüchtigen Streit, den der jugentliche Hirte Paris schlichten sollte. Er wählte Aphrodite, da sie ihm als Gegenleistung die schönste aller Erdenfrauen versprach, Helena. Allerdings musste Paris sie rauben, da sie bereits mit Menelaos, dem König von Sparta verheiratet war. Paris flüchtete mit ihr nach Troja. Die Tragödie nahm ihren Lauf, der trojanische Krieg begann.

Türkische Gastfreundschaft

In Izmir treffen wir uns mit Senol, dem türkischen Mann meiner Cousine. Mit von der Partie sind noch seine Schwester und ihr Mann Seladin.
Die nächsten 2 Tage wurden wir verwöhnt mit typisch, türkischem Essen, Unmengen von Süssigkeiten, türkischem Café und literweise süssem Cay.
Unser Wunsch, im Auto zu schlafen, wird energisch abgelehnt. So wird ein bequemer Platz inmitten der Stube für uns hergerichtet.
Zum Frühstück gibt es keine Gipfeli und Café, sondern Fladenbrot, hart gekochte Eier, Honig in Bienenwabenform, Tomaten, Oliven, Toast mit Tomaten und Käse überbacken, eingelegte Aprikosen, Ziegenkäse und natürlich Thé.
Im Gegenzug sieht ein europäisches Frühstück recht bieder aus.
Die meisten Türken, die in der Stadt wohnen, haben noch ein Ferienhaus auf dem Land, um während den Sommermonaten der drückenden Hitze zu entgehen.
So werden auch wir in ihr Sommerhaus eingeladen und wieder reichlich mit Essen versorgt. Nur mit Mühe, können wir uns bei der Abreise durch die Tür unseres Suri's pressen und rollen uns auf die Fahrersitze. Bye bye, Güle güle, auf Wiedersehen und vielen Dank für eure liebe Gastfreundschaft.

Pamukkale

Am nächsten Tag brechen wir ins Landesinnere auf dund steuern die Sinterterrassen von Pamukkale an. Von weitem sehen sie aus wie eine schneebedeckte Kieshalde.
Am Beginn des Weges werden wir aufgefordert, unsere Schuhe auszuziehen um die weissen Sinterablagerungen nicht zu verschmutzen. In einer langen Karawane mit vorwiegend asiatischen Besuchern, trotten wir den Pfad hinauf. Je höher man kommt, umso schöner wird es. Einerseits ist es ganz amüsant in dem kleinen, warmen Bächlein, das den Weg hinunterrinnt, bergauf zu stapfen, anderseits werden die Ausblicke auf die einzelnen mit Wasser gefüllten Becken immer besser.
Die schönsten Becken, die zuoberst liegen, sind jedoch alle leer. Wie uns ein Parkwächter sagt, haben sie im Moment Probleme mit dem Wasser und so bleiben einige ungefüllt. Schade!
Trotzdem ist es ein unvergesslicher Anblick, wie sich das stark kalk- und kohlensäurehaltige Wasser über Jahrtausende hinweg seinen Weg in die Tiefe gebahnt hat und dabei seinen strahlend weissen Kalksinter abgelagert hat.

SOS im Pedalo

In der Nähe von Fethiye liegt einer der schönsten Badeplätze der Türkei. An diesem Sandstrand, der Ölü-Deniz-Lagune, richten wir uns gemütlich für die Nacht ein. Ich montiere gerade meine Badehosen für ein erfrischendes Bad, da winkt mir ein Pedalofahrer wie wild und ruft: "Mein Steuerruder ist gebrochen. Könntest du nicht zu mir rausschwimmen und mich mit dem Seil an Land ziehen?"
Nach dem Motto "Vollbringe jeden Tag eine gute Tat", stürze ich mich ins immer noch kalte Wasser, schwimme zu ihm hinaus, und ziehe Mann und Boot ans rettende Ufer. Dank unserem gut gefüllten Werkzeugkoffer ist das Pedalo innert kürzester Zeit wieder Hochsee tauglich. Als Dank nimmt mich Memmet zu sich aufs Boot und wir gehen zusammen angeln.
Es stellt sich heraus, dass er ein Imker ist. Auf meine Frage nach dem Gesundheitszustand der Bienen meint er: "Hier in der Türkei sind die meisten Bienen von den Krankheiten in Europa noch verschont. Ich produziere im Jahr etwa 12 Tonnen Fichten Honig. 80% des in der Welt produzierten Fichtenhonigs kommt aus der Türkei. Im Grunde bin ich nicht verheiratet, bin aber trotzdem mit mehreren Königinnen verheiratet (Bienen)."
Wir plaudern noch über dies und das, nur angebissen hat keiner.


Der Urspung des Samichlaus

Jedes Jahr am Morgen des 25. Dezember fanden die Ärmsten der Gemeinde Myra vergoldete Äpfel, Nüsse und Spielzeug für die Kinder vor den Türen oder Fenstern ihrer Häuser. Niemand hatte auch nur die geringste Ahnung, wer der grosszügige Spender sein könnte. So vergingen mehrere Jahre, ohne dass das Rätsel von Myra gelöst werden konnte.
In der Nacht zum 25. Dezember, als die Stadtwache von Myra eine verdächtig vermummte Gestalt mit einem grossen Beutel in der Hand verfolgte, wurde sie gestellt und die Kapuze von ihrem Kopf gerissen.
Es war Nikolaus, der Bischof von Myra, der mit einem Beutel voller vergoldeter Früchte die Ärmsten seiner Gemeinde beschenkte.

Von hier aus verbreitete sich der Brauch, dass der Niklaus im Dezember Kinder mit Nüssen und Süssigkeiten beschenkt.

Eigentlich gibt es hier in Myra noch ein Samichlaus Museum. Dieses lassen wir aus, hatten wir doch für mehrere Jahre etwas ähnliches in unserer Bäckerei mit tausenden von Samichlaus Bilder, die wir in der Vorweihnachtszeit auf Lebkuchen klebten. Dies war auch eine Art Museum.

Göreme Nationalpark

Über Konya und Aksaray kommen wir nach Kappadokien. Es ist schon spät, die Sonne geht gleich unter und wir parken nach einer Schotterstrasse gleich oberhalb der bizarren Tuffsteingebilde mitten im Niergendwo.
Doch wir sind nicht alleine. Es kommt eine Frau auf uns zu, die sich als Charlotte vorstellt und meint: "Herzlich willkommen auf meinem Grund und Boden. Natürlich könnt ihr hier campen, aber morgen müsst ihr bei uns vorbeikommen und einen Café trinken. Ich wohne gleich unterhalb des Canyons in einem in den Tuffstein gehauenen Haus."
Wir haben schon gehört, dass es hier Leute gibt, die noch in Höhlen leben, die in den weichen Tuffstein gehauen wurden. Wir sind gespannt, was uns morgen erwarten wird.
Nach einer sternenklaren und kalten Nacht wachen wir auf und staunen nicht schlecht, als über uns Dutzende von Heissluftballone kreisen. Das war einer der schönsten Übernachtungsplätze auf unserer bisherigen Reise.
Wie versprochen besuchen wir Charlotte in ihrer durchlöcherten Höhlenwohnung. In ihrer kleinen Höhle gibt es eine einfache Küche, einen Essraum mit Holzheizung und im oberen Stock ein Schlafzimmer. Alles ist sehr einfach eingerichtet.
Die türkisch-holländische Doppelbürgerin eklärt uns: "Es gibt nur noch 2 Familien, die dauerhaft in sogenannten "Wohnfelsen" leben. In früheren Zeiten lebten etliche Leute hier und verdienten ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Tauben Kot und Bienenhonig. Der Taubenkot war zu dieser Zeit mehr wert als Gold."
Charlotte zeigt auf die verschiedenen Felstürme und nun wird auch uns klar, wieso alle Tuffsteingebilde kleine Löcher haben. Durch diese Öffnungen kamen früher die Tauben und Bienen rein.
Wie sich herausstellt, ist Charlotte eine berühmte Keramikkünstlerin. Das Fernsehen hat schon mehrmals über ihre Werke berichtet und eben bekam sie eine internationale Auszeichnung.
Sie meint: "Weisst du, ich brauche kein Verkaus-Atelier, die Leute wissen wo ich zu finden bin und kommen hierhin."
Es ist wirklich eine spezielle Frau, die hier zwischen bizarren Tuffsteingebilden in ihrer Höhlenwohnung ihr neues Zuhause gefunden hat.

Unterwegs in Ostanatolien

Von Göreme geht es durch die grossartige Bergkulisse Anatoliens nach Osten. Diese fast 1000 km sind wir recht zügig unterwegs, da wir in den nächsten Tagen in den Iran eireisen wollen.
Anders, als im Westen der Türkei, schaut uns die mehrheitlich kurdische Bevölkerung interessiert nach. Unterbricht das Balaver am Stammtisch und winkt uns freundlich zu. Die Leute hier sind Wohnmobil Reisende nicht gewohnt. Die klassische Touristenroute führt nicht nach Ostanatolien.
Meistens fahren wir auf einem Hochplateau zwischen 1500 und 2000 Meter Höhe. Die Temperaturen sinken auf unter 10° und die Behausungen werden kontinuierlich einfacher und die Bevölkerung ärmlicher. Die Post geht eindeutig im Westen der Türkei ab.

Morgen fahren wir über die Grenze in den Iran.
Was haben wir nicht alles über dieses Land gehört. "Die Achse des Bösen" und auch die täglichen Meldungen in der Lokalpresse sind nicht überwiegend Positiv.

Es ist an der Zeit, endlich ein persönliches Bild von diesem tief religiösen Land und seinen Menschen zu machen.

Bis dann.