Reisebericht 29 / Francistown bis Ramatlabama ( Grenze zu Südafrika ) / 16. 01. 2017 - 12. 02. 2017

Kilometerstand von der Schweiz über China, Indien und Afrika: 79'500 km (Total 208'100 km incl. Panamericana)

Reiseroute: Francistown, Nata, Nxai Pan, Maun, Moremi National Park, Maun, Rakops, Central Kalahari, Orapa, Serowe, Gaborone, Ramatlabama (Grenze zu Südafrika)

Zauberhaftes Botswana

Eben haben wir Simbabwe verlassen und ohne Probleme den neuen Stempel im Carnet erhalten.

Nach den bevölkerungsreichen Ländern der letzten Monate fühlen wir uns in Botswana wohl, ja gar "sauwohl". Hier leben weit mehr Tiere als Menschen, also wie geschaffen für uns.

Insgesamt 30 % der gesamten Landesfläche stehen unter Naturschutz, ein beträchtliches Areal aus Savanne und Grasland, das einen Lebensraum für die mehr als 160 verschiedenen Säugetierarten, die Botswana zum zweifellos besten Safariland Afrikas machen. Giraffen, Zebras, Flusspferde, Kaffernbüffel, Geparde, Hyänen, Afrikanische Wildhunde, Gazellen, Erdmännchen, Löwen, Nashörner … die Liste der hier vorkommenden Tierarten ist lang, sehr lang. Das Land kann sich zum Beispiel über eine der größten Elefanten-Populationen weltweit rühmen. Nicht weniger als 100'000 Dickhäuter streifen im Grenzgebiet von Namibia und Simbabwe umher.
Wir sind gespannt, was wir alles zu Gesicht bekommen.

So fahren wir von der zweitgrössten Stadt Botswanas, Francistown, direkt in die weite Ebene der nördlichen "Makgadikgadi" Nationalparks, in die "Nxai Pan". Sie präsentiert sich als weitläufige Ebene, gelegentlich von eher spärlichen Mopane- und Akaziengruppen durchsetzt. Zur Trockenzeit ist es wenig sinnvoll, im weitläufigen Park umherzufahren, da sich die Tiere überwiegend im wasserreichen Okavango Delta aufhalten.
Zahlreiche kleinen Loops bringen uns zu lohnenden Aussichtsstellen. An den Tümpeln der Nxai Pan versammeln sich im lichten Wald mit Würgefeigen und Leberwurstbäumen vielerlei Tierarten. Marabus zwischen einer grossen Herde Antiolpen und dann....."Wildhunde"! Ruth hat sie inmitten der Steppe entdeckt. Wie sich später herausstellt, sind es nicht Wildhunde, sondern Fledermausohren Füchse.
Trotzdem, sie sehen drollig aus, wie sie miteinander herumtollen, nach Mäusen graben und immer wieder ihre langen Ohren in den Himmel recken.

Es dämmert schon, höchste Zeit den Park zu verlassen. Für eine Nacht auf dem Camping, ohne Strom und Wasser, hätten wir 100 US$ hinblättern müssen. Das ist uns doch zu viel und so verdrücken wir uns ausserhalb des National Parks in die Büsche und schlagen unser Camp direkt unter der großartigen Milchstraße auf. Hier ist nichts ausser den Geräuschen der Tierwelt, die hier unmittelbar um uns herum ist. Nicht alles können wir einordnen, das Meiste wird von der Geräuschkulisse der Zikaden übertönt.

In Maun quartieren wir uns auf dem Camping der Sedia Riverside Lodge ein. Direkt am "Thamalakane" River gelegen, bietet sie eine schöne Sicht auf den mit tausenden von Seerosen bedeckten Fluss. Am späten Nachmittag steigt ein dickes, fettes Flusspferd aus den Fluten und beginnt das Ufer abzuweiden.
Wir sind nicht alleine auf dem Platz. Jeden Tag kommen Overlander Busse mit Horden von Jugendlichen an. Meistens fahren diese Busse innerhalb von 3 Monaten von Kenia nach Kapstadt. Man kann die ganze Reise buchen oder nur eine Teiletappe. Diese Art des Reisens ist bei den meist jugendlichen Leuten mit schmalem Budget äusserst beliebt. Wir sind froh, sind diese Busse in einem andern Teil des Campings untergebracht, so haben wir unsere Ruhe.
Ausser uns sind noch Marion und Tom mit ihrem Ur-alten Magirus Deutz im Camp. Meistens sind sie mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt. Der ganze Aufbau besteht aus Holz und so ist es nicht verwunderlich, dass im Laufe der Jahre, sie sind schon 20 Jahre auf Achse, die Kabine zu modern beginnt.

Die späte Rache der Hyäne

Die nächsten zwei Tage wollen wir im Moremi National Park verbringen. Vor fast 15 Jahren waren wir übrigens auch schon dort. Damals im gemieteten Landcruiser mit Dachzelt. Ich kann mich noch gut erinnern, als beim abendlichen grillen keine 2 Meter hinter mir eine Hyäne stand und mich interessiert beobachtete. Das sind die Erlebnisse, die unter die Haut gehen und einem ein Leben lang begleiten. Ob uns das Selbe erneut passiert?

Das Moremi Wildreservat ist der befahrbare Teil des Okavango Deltas, das mit einer Fläche von über 15000 Quadratkilometern das größte Binnendelta der Welt ist. Der im Hochland Angolas entspringende Okavango zerteilt sich auf der Höhe der botswanischen Grenze in eine Sumpflandschaft, das anschliessend in das Okawango-Binnendelta übergeht.

Ab der Abzweigung zum Chobe Nationalpark müssen wir uns vier Stunden lang durch tiefen aber meist griffigen Sand quälen. Auf der ganzen Strecke können wir nur den zweiten Gang benutzen, manchmal auch den ersten und dies im Untersetzungsgetriebe. Vereinzelt kommen wir an Passagen, an denen die Straße aus getrocknetem Lehm besteht, aber diese Stellen sind durchsetzt mit tiefen Schlammlöchern, die man kaum umfahren kann.
Als wir gerade durch ein besonders schwieriges Waldstück mit Schlammlöchern klettern, taucht vor uns plötzlich ein Elefant auf. Hurra, unser erster! Und da, noch einer. Mitten auf der Straße. Ungeduldig warten wir ab, bis die beiden den Weg frei geben und wir weiter fahren können. Der Wald sieht verheerend aus. Viele umgerissene Bäume mit abgeschälter Rinde. Wir passieren einen dichten Busch und ich starre auf zwei riesige graue Ohren mit einem Rüssel dazwischen. Der Riese hatte sich hinter dem Busch versteckt und steht so nah neben dem Auto, dass wir ihn fast berühren können.

Am Abend bereiten wir am Campfire unser Abendessen zu. Es gibt Bauern Bratwurst vom Grill. Plötzlich fahre ich von meiner Arbeit hoch. Ein Schatten in der Dunkelheit hat mich zu Tode erschreckt. Jetzt bleibt er unbeeindruckt wenige Meter von unserem Camp entfernt stehen und beäugt das Treiben neugierig. Es ist eine Hyäne, wie man unschwer im Kegel der Taschenlampe erkennen kann. Wahrscheinlich hat sie der Geruch des Fleisches angezogen. Doch nun fühlt sie sich durch uns gestört und verdrückt sich im Busch.

Beim anschliessenden Essen bewundern wir wieder einmal den fantastischen afrikanischen Sternenhimmel, mit der überaus deutlichen Milchstraße. Ich glaube, nirgendwo sonst auf der Welt, bekommt man einen solch beeindruckenden Nachthimmel zu Gesicht wie in Afrika!

Wo sind unsere Flipflops? Am Abend lagen beide Paar noch vor dem Suri und nun, am nächsten Morgen, sind sie verschwunden. Die Suche beginnt. Wenig später finden wir sie total zerkaut und in etliche Teile zerlegt unter den Büschen. Eindeutig das Werk unserer gestrigen Hyäne. Wahrscheinlich die späte Rache, dass sie keine Einladung zum gestrigen Dinner bekam.

Wir starten zum morgendlichen Gamedrive, aber die Ausbeute an Tieren ist ziemlich mager. Es liegt an der Jahreszeit. Die Tiere versammeln sich nicht mehr an den wenigen Wasserstellen, diese finden sie jetzt überall im Park.

Zurück in Maun finden wir auf dem Camping einen Truck mit Deutschen Kennzeichen. Es sind Judith und Jochen mit ihren 4 Kindern. Eins nach dem andern kommt aus dem Truck, gibt uns die Hand und sagt: "Ich bin der Ruben, ich bin die Hanna, ich bin die Lea, ich bin die Marie."
Für ein Jahr hat sich die sechsköpfige Familie ein Sabbat Jahr geleistet, die Kinder aus der Schule genommen und sind mit dem Ziel Südafrika gestartet. So gibt es viel zu erzählen, wollen wir doch die selbe Strecke in umgekehrter Reihenfolge absolvieren.

Gefangen in der Central Kalahari

Die Central Kalahari ist zweifelsohne eine der grössten Herausforderungen für Selbstfahrer mit Allradfahrzeug. Um diese zu bewältigen, wollen wir gemeinsam mit der Deutschen Familie diese unendliche Landschaft mit seinen abenteuerlichen Wegen befahren. Dass es so abenteuerlich wird, hat zu diesem Zeitpunkt noch keiner geahnt!

Die Central Kalahari bedeckt eine Fläche von 52.800 qkm und ist damit grösser als die Schweiz. Es ist das grösste unter Naturschutz stehende Gebiet Afrikas.
Dieses Herzstück wird im Norden von den Flussläufen Okawango, Limpopo im Osten und Oranje im Süden begrenzt. Sie ist durchsetzt von den für sie typischen Salzpfannen, flachen Becken, deren Boden eine hohe Salzkonzentration aufweist.
Auf der Naturschutzbehörde in Maun besorgen wir uns die nötigen Bewilligungen um zu campieren und die Strecke zu befahren. Die Reservetanks werden mit Diesel gefüllt, der Wassertank ist proper voll und der Kühlschrank quillt fast über. Wir sind gerüstet für das Abenteuer.

Bis nach Rakops haben wir noch Asphalt unter den Rädern. Anschliessend fängt die Piste an. Schon die ganze Nacht hat es geregnet. Jetzt sind die Senken voll mit Wasser und oft sieht man über mehrere 100 Meter nichts mehr von der Piste nur noch einen Fluss zwischen den Dornbüschen entlang. Zwischen den beiden tiefen Fahrrillen wächst niedriges Dornengestrüpp auf dem Erdwall und die Bodenwanne unseres Toyota droht immer wieder aufzusitzen. Die Strecke ist wenig befahren, speziell in der Regenzeit.

In der Trockenzeit sieht alles anders aus.
In der Kalahari leben zahlreiche Tiere, die sich allesamt bestens an die Wasserknappheit angepasst haben. Sie nehmen die zum Überleben nötige Feuchtigkeit vorzugsweise mit ihren Futterpflanzen auf. In der Dürreperiode ziehen die meisten der grösseren Säugetiere in Richtung Norden zu den ausgedehnten Sumpfgebieten am Okawango und setzten damit die imposanten Wanderbewegungen in Gang, die uns schon seit Jahrhunderten überliefert sind.

Beim eigentlichen Parkeingang meint der Ranger: "Jetzt in der Regenzeit sind nur wenige Fahrzeuge im Park unterwegs. Es gibt viele Wasserdurchfahrten und die Strecke könnte zu einer "Night Mare", zu einem Alptraum werden." Voller Zuversicht lachen wir noch über die Aussage des Rangers ohne zu wissen, dass wir in wenigen Tagen mitten in diesem Alptraum stecken bleiben.

Doch erstmals fahren wir durch dieses riesige Gebiet, das noch weitgehend ohne menschlichen Einfluss ist. Alle halten die Augen offen nach den berühmten braunen Hyänen, den Leoparden und den schwarzmähnigen Kalahari-Löwen. Doch vorerst sehen wir eine Vielzahl von Antilopen wie Springböcke, Gnus, Erdmännchen und Orix-Antilopen.
In der Nacht hören wir die Löwen brüllen, aber bei Tag haben wir noch keine der Katzen gesehen.

Der 2. Tag fängt gut an. Im nördlichen Park, da wo wir gerade sind, gibt es flache und normalerweise trockenen Pfannen. Jetzt in der Regenzeit sind viele dieser Senken mit Wasser gefüllt in denen Gras wächst. Eigentlich haben wir uns die Kalahari als trockene Sandwüste vorgestellt aber in der Regenzeit ist sie ein einziges Blumen- und Vogelparadies.

Einmal mehr führt uns die Piste entlang einer sumpfigen Salzpfanne. Plötzlich werden ich von Jochen, der mit seinem "Magirus-Deutz" Lastwagen hinter uns fährt, an gefunkt: "Haltet an, wir sind eingebrochen."
Sofort kehren wir um und schauen uns das Debakel an. Da die Spur des Lastwagens deutlich breiter als die der normalen Safarifahrzeuge ist, muss Jochen mit einem Rad immer ausserhalb der festgefahrenen Spur fahren. Da braucht es nur wenig dass man abrutscht und im Schlamm feststeckt. Das ist ihm eben passiert.
So schaufeln wir den ganzen Morast weg, legen Sandbleche aus und spannen unseren Suri davor. Schon der erste Versuch klappt. Der Lastwagen hat wieder festen Grund unter den Rädern und die Reise kann weiter gehen.
Keine 10 Minuten später hören wir das vertraute Hupen des Magirus. Wieder das gleiche!. Die Erde in diesem Abschnitt ist sehr instabil und er kam erneut von der Piste ab mit dem gleichen Resultat wie vorher. Wieder darf gebuddelt werden, wieder werden Sandbleche ausgelegt und wieder kommen die guten, PS starken Eigenschaften unseres Suri zum Zuge.

Langsam machen wir uns ernsthaft Sorgen. In der Zwischenzeit stecken wir mitten in der Kalahari. Pro Tag begegnet uns höchstens ein fremdes Fahrzeug. Wird die Strecke noch schlimmer? All das Ungewisse belastet uns immer mehr.
Da hilft es keineswegs, dass es die ganze Nacht schüttet wie aus Kübeln. Ein Unwetter mit Blitz und Donner entladet sich über unseren Köpfen.
Am nächsten Morgen sind, wo gestern noch Pfützen waren, kleine Seen entstanden. Natürlich bleibt uns nichts anderes übrig als weiterzufahren.

Eigentlich wollten wir auf Grosswild Safari, aber anhand des Regens ist es mehr eine Enten Safari geworden. Witwenpfeifgänse und Rotschnabelenten schwimmen auf der überfluteten Piste. Sattelstörche, Marabus und hunderte von Riesentrappen suchen im Sumpf nach Würmern und kleinen Krappen.
Das kann doch nicht sein. Schon wieder werden wir an gefunkt: "Wir sind erneut steckengeblieben!." Keine 2 km haben wir heute geschafft, ohne dass sich der LKW eingegraben hat.
Beim Begutachten des Schadens müssen wir erstmals tüchtig durchatmen. Das über 11 Tonnen schwere Gerät hat sich diesmal bis zur Hinterachse in den Schlamm gesetzt. Eigentlich haben wir in der Zwischenzeit Übung mit dem Rausziehen von LKW's, doch durch den nächtlichen Dauerregen ist der Untergrund bis weit in die Tiefe nur eine zähe Brühe aus Schlamm und Schlick. Der erste Versuch scheitert kläglich und durch die durchdrehenden Räder des Lasters hat er sich nur noch Tiefer in den Dreck gesetzt. Den ganzen Morgen schaufeln wir die Räder frei und machen weitere Versuche mit dem Resultat, alles wir noch schlimmer!
Am Nachmittag kommt ein Fahrzeug mit 4 Schweden. Sie haben sich ein 4x4 Toyota mit Dachzelt gemietet. Nun versuchen wir es mit ihrem Fahrzeug von der andern Seite her. Es ist leichter als unser Suri und somit kein Problem für sie, unsere beiden Autos durch die Savanne zu umfahren und es von der anderen Seite zu versuchen. Die Motoren dröhnen, Schlamm spritzt in alle Richtungen und die Kupplung riecht nach Verbranntem. Gebracht hat auch dieser Versuch nichts! Sie versprechen uns, am Parkausgang die Ranger zu benachrichtigen, damit sie uns Hilfe schicken. Von hier aus haben wir mit unseren Handys keinen Empfang. Das einzige was nützen würde wäre ein Satellitentelefon. Aber eben, was wäre wenn und aber. Im Nachhinein ist man immer klüger.

Am späteren Nachmittag kommt ein weiteres Fahrzeug. Es sind zwei Parkmitarbeiter, die mit einem kanadischen Paar auf Safari sind. Ihr Landcruiser sieht stabil aus und so versuchen wir es ein weiteres Mal den Laster aus dem Morast zu ziehen mit dem Resultat, dass auch ihr Fahrzeug im Schlamm eingegraben wird. 2 Stunden benötigen sie alleine, um ihren Toyota wieder frei zu kriegen. Mehr können sie nicht tun ausser dem Versprechen, uns Hilfe zu schicken. So fahren auch sie weiter und wir sind wieder alleine in der Wüste.
Als letzten Versuch des Tages versuchen wir die Variante mit der Seilwinde. Wir fahren auf den inzwischen abgetrockneten Pistenabschnitt, 70 Meter vom Magirus entfernt. 50 Meter Seilwinde und unsere zwei Abschleppseile. Die Idee dieses Vorhabens ist, dass unser Suri als sogenannten Anker dient. Die Räder werden mit Bremsschuhen blockiert und ich stehe tüchtig auf die Bremse. Judith gibt das Zeichen und Jochen betätigt die Seilwinde. Die Seile spannen sich, es knirscht in der Verankerung und unser Suri wird über die Bremsschuhe gezogen. Wie von Geisterhand wird unser 4 Tonnen Gefährt mitsamt den 4 Kindern im Wageninnern, mit blockierten Rädern über die Piste gezogen. Bei all dem hat sich der Laster keinen Millimeter bewegt.

Langsam sinkt die Stimmung auf den absoluten Nullpunkt. Nun beschliessen wir, alles so gut wie möglich vorzubereiten, das heisst, Steine, Sandbleche und Äste unter die tief eingegrabenen Reifen zu legen und auf Hilfe zu warten. Unser Suri ist einfach zu leicht, um ein 11 Tonnen Gefährt aus dem Schlick zu ziehen.

Schon während des Tages hat Ruth für die 4 Kinder zu Mittag gekocht. Sie essen bei uns im Suri und wir zeigen ihnen die Fotobücher. In dieser Zeit haben Jochen und Judith ein wenig Zeit für sich alleine und können in Ruhe über die weitere Vorgehensweise beraten.

Tag 4 in der Kalahari ist angebrochen.

Unser Plan, wenn endlich Hilfe eintrifft, kann sich das neue Fahrzeug an die Seilwinde hängen und wir mit dem Abschleppseil dahinter. So kann Jochen erneut die Seilwinde betätigen aber dieses Mal haben wir 2 Anker. Sollte auch das nicht klappen werden wir mit vereinten Kräften versuchen, den Magirus aus dem Dreck zu ziehen. Die Zeit vergeht, es ist schon Mittag und niemand weit und breit. Einzig einige Orix Antilopen, sowie ein Schakal leisten uns Gesellschaft.

Wir nehmen die Kinder erneut in unsern Suri und backen Schokoladenkuchen. Lesen ihnen Geschichten vor und zeigen die Fotobücher unserer ersten Reise durch Nord- und Südamerika.

Tag 5 in der Kalahari.

Der ganze gestrige Tag keine Menschenseele weit und breit. Heute bereiten wir uns erneut auf die erhoffte Hilfe der Park-Ranger vor. Eigentlich sollten die schon längst eingetroffen sein, aber...... Wir sind in Afrika!
Endlich, es ist schon 4 Uhr Nachmittags, ein Fahrzeug nähert sich. 4 Ranger und 2 Frauen auf der Ladefläche parken bei uns und sagen: "Wir haben von eurem Problem gehört und wollen euch nun rausziehen."
Unsere zuvor ausgelegten Sandbleche werden entfernt und dafür kleine Bäume gefällt, deren Äste so gut als möglich unter die Räder des LKW's geschoben werden. Der Toyota der Parkverwaltung hängt sich an die Winde und wir sind das letzte Fahrzeug des Bandwurms. Ebenfalls mit einem Abschleppseil an den Toyota gebunden. Es geht los! Jochen betätigt die Winde und unsere 2 Fahrzeuge werden mit blockierten Bremsen über die Savanne gezogen. Dabei bewegt sich der Magirus ganze 5 cm in unsere Richtung. Ein erneuter Versuch wird gestartet, aber jetzt gibt die Winde den Geist auf. Es geht nichts mehr!
Plan 2 wird umgesetzt. Mit vereinten Kräften geht es los. Eins, zwei, drei, die Motoren heulen auf, Räder drehen durch, die Kupplung stinkt erbärmlich und was passiert mit dem Laster? Einen halben Meter wurde er vorwärts gezogen, aber nur, um erneut in einem Schlammloch zu versinken. Wieder wird alles mögliche unterlegt. Bäume, Sträucher, Steine Sandbleche.
Beim nächsten Versuch versinkt das 11 Tonnen Gefährt bis unter die Achsen im Morast. Getan hat sich absolut nichts. Eigentlich ist es jetzt am Schlimmsten! Betroffene Gesichter der sogenannten "Spezialisten" der Parkverwaltung. Der Chef meint: "Wir können nichts mehr tun. Wir brauchen schweres Gerät. Es gibt eine Lodge im Park und die haben einen Traktor. Dieser ist aber seit Wochen defekt. Vielleicht ist er morgen Betriebsbereit und wenn nicht, organisieren wir ausserhalb des Parks eines Laster oder einen Traktor. Auf jeden Fall kommen wir morgen zurück "with a better plan." Wir sind gespannt, wie der bessere Plan aussehen wird.

Von unserem Suri aus sehen wir das schwere Gefährt der deutschen Familien, wie es komplett schräge im Schlamm steht. Wie sollen die nur kochen? Können sie überhaupt schlafen?

Tag 6 in der Kalahari.

Nur warten können wir nicht. Mittels 2 Wagenhebern versuchen wir das Koloss hinten anzuheben und Steine darunter zu legen. Jeder Stein muss von weit her herangeschleppt werden, denn hier gibt es nur Sand und Schlamm. Wir rackern den ganzen Tag. Fällen erneut ein paar Bäume, legen Äste und Steine darunter, bis er einigermassen waagrecht steht. In der Zwischenzeit ist es später Nachmittag. Wo sind die Ranger mit dem "besseren Plan"? Am Horizont zieht ein gewaltiges Gewitter auf. Wir beschliessen, keinen Versuch mehr zu wagen, denn diese Nacht will die Familie waagrecht schlafen. Infolge der Schräglage hat auch der Kühlschrank den Geist aufgegeben.

Die ersten Tropfen prasseln auf das Autodach. Wir fliehen ins Wageninnere und schon sind wir eingehüllt in gespenstisch, schwarze Wolke. Es blitzt und donnert und der Regen hat gewaltige Dimensionen angenommen. In Kürze hat sich rund um uns ein See gebildet. Der weitere Verlauf der Piste ist nur noch als Fluss erkennbar.

Dieser Regen reicht, um das Bild der Kalahari grundlegend zu verändern. Die sandige Tonerde ist ein Substrat, auf dem sich etliche Pflanzen entwickeln können. Dort, wo noch vor wenigen Tagen ein unfruchtbarer Sandboden zu sein schien, entsteht jetzt vor unseren Augen ein üppiger Garten. In manchen Jahren sammelt sich das Regenwasser in grossen Mengen in den Pfannen oder anderen Senken und hält sich dort bis zur Verdunstung unterschiedlich lange auf. Damit verwandelt es sämtliche Bodenvertiefungen in Pfützen und nachfolgend in gefährliche und tiefe Sümpfe.

Tag 7 in der Kalahari.

Am Morgen kommen Jochen und Judith völlig demoralisiert zu uns rüber. "Es sieht traurig aus rund um unser Fahrzeug", meint Judith mit wenig Hoffnung in der Stimme, "nur noch Wasser und Schlamm. Die ganze Arbeit von gestern hat der Regen wieder zerstört und die Ranger, die uns hoch und heilig versprochen haben zurückzukommen, sind auch nicht gekommen. Wir haben uns überlegt, wenn heute auch nichts geht das Fahrzeug aufzugeben und mit euch aus dem Park zu fahren."

Das wäre wirklich die letzte Option. Wir würden mit 8 Personen die 2 tägige Fahrt durch die Savanne starten, bis wir auf eine Asphalt Strasse stossen. Ob unser Suri das Aushält ist eine andere Frage. Von dort aus würden Judith und Jochen die weitere Hilfe selbst in die Hand nehmen. Würden einen Laster organisieren mit Holzbohlen und Steinen, mit dem sie die Evakuierung einleiten können.
Dies und ähnliche Gespräche führen wir während dem Frühstück, bevor wir uns erneut an die Arbeit machen. Da der Magirus in einer Senke steht, hat sich das ganze Wasser im weiteren Umkreis dort angesammelt. Alle versuchen, auch die Kinder, mittels Kübeln und abgeschnittenen Plastik Flaschen das Wasser rund um den Laster abzuschöpfen. Eine riesen Arbeit, auch dadurch, weil das Wasser immer wieder zurückläuft.
Und wo ist eigentlich die versprochene Hilfe? Sie sollte schon gestern bei uns eintreffen und niemand, sowie gestern als auch heute ist aufgetaucht. Zum Glück haben wir genügend Vorräte mit an Bord, doch langsam geht uns das Wasser aus. Geduscht habe ich gestern im Gewitterregen, um unser kostbares Wasser zu schonen.

Ein Auto naht! Es sind Betty und Klaus in ihrem Toyota Hi-Lux. Spontan beschliessen sie, ihre Pläne zu ändern um uns zu helfen. Doch es ist stets dasselbe, jeder weitere Rettungsversuch scheitert kläglich.

Tag 8 in der Kalahari.
Es hat keine Sinn, weiter auf Hilfe der National Park Ranger zu warten. Schweren Herzens müssen wir den "Grüdi", den grünen Dicken zurücklassen.
Jochen meint: "Wann sehen wir unser rollendes Zuhause wohl wieder? In ein paar Tagen, in ein paar Wochen oder erst am Ende der Regenzeit?"
Nicht nur bei den Kindern fliessen beim Abschied Tränen. Jochen und Judith mit ihren 4 Kindern nehmen im Suri Platz und abwechselnd eines kann bei Betty und Klaus in ihrem 2-Plätzer mitfahren. Das Gepäck hat ebenfalls noch bei ihnen Platz.

7 Personen, so viel hat unser Suri noch nie transportieren müssen. Die Rettungs Aktion kann beginnen. Betty und Klaus fahren bei strömendem Regen voraus mit dem Ziel des östlichen "Matswere Gates", da wo wir vor einer Woche frohen Mutes reingefahren sind. Im Schneckentempo geht es durch die aufgeweichte Piste, fahren durch Schlammlöcher und zerkratzen uns den Lack an den scharfen Dornbüschen. An einer besonders heiklen Stelle wühlt sich das Hinterrad des Suri tief in den Schlamm ein. Nichts geht mehr. Es wird einmal mehr die Schaufel hervorgeholt und das Rad ausgegraben. Mit Hilfe des vorgespannten Hi-Lux können wir unser Fahrzeug bergen. Gut haben wir gestern noch Betty und Klaus angetroffen, denn alleine in der Regenzeit zu fahren wäre ein hohes, ein zu hohes Risiko gewesen.

Gegen Abend erreichen wir die Ranger Station am Ost Gate. Dies war die fürchterlichste Fahrt in meinem ganzen Leben. Es gab Schlamm Passagen, die waren über einen Meter tief und nur mit viel Glück kamen wir da wieder raus.
Hier am Gate sagt uns der Ranger: "Schön seit ihr da. Wir haben schon den Helikopter angeordnet um euch zu evakuieren. Diesen muss ich nun sofort abbestellen. Mit euch sind noch 5 weitere Fahrzeuge irgendwo in der Kalahari stecken geblieben. Der Lastwagen, der euch eigentlich zu Hilfe kommen sollte, ist ebenfalls stecken geblieben. Ein weiterer ist auf der Fahrt um diesen zu bergen und anschliessend wird er zu eurem LKW fahren. So viel Regen habe ich noch nie erlebt im Park, wahrscheinlich ein Jahrhundertregen."

Am nächsten Tag beschliesst Jochen alleine hier zu campen und auf den Laster zu warten. Die restliche Familie bringen wir nach Rakops in ein Hotel. Wie lange sie hier warten müssen das weiss keiner. Zumindest haben sie es hier bequem und sind im telefonischem Kontakt zu Jochen und zur National Park Verwaltung.
Wir verabschieden uns alle herzlich voneinander. Was haben wir nicht alles zusammen durchgemacht in den vergangenen 10 Tagen.

2 Tage später bekommen wir von Judith die Meldung: "Grüdi ist gerettet"! Jochen konnte mit einem Laster zu seinem LKW fahren und mit dessen Hilfe den schwere Truck aus dem Sumpf ziehen. Ende gut, alles gut!

Wir sind inzwischen in Gabarone angekommen. Hier lernen wir die Botswaner Willy und Joan kennen, wo wir auf dessen Grundstück wir ein paar unbeschwerte Tage verbringen, bevor es zurück nach Südafrika geht.

Botswana hat sicherlich viel zu bieten, vor allem seine reiche Tierwelt, die jederzeit einen Besuch wert ist. Wir aber raten: "Besucht dieses Land nicht in der Regenzeit, denn es könnte böse enden."