Reisebericht 04 / Van (Osttürkei ) - Dasoguz (Nordturkmenistan)/ 24. April 2014 - 8. Mai 2014

Kilometerstand: 11'400km

Reiseroute: Esendere (Grenze Türkei / Iran), Urmia, Tabriz, Tehran, Qom, Kashan, Esfahan, Persepolis, Shiraz, Yazd, Garmeh, Mashhad, Baigiran (Grenze Turkmenistan), Aschgabat (Turkmenistan), Derweze, Dasoguz (Grenze nach Uzbekistan)

Chaotischer Grenzübergang

Wir hörten so verschiedene Story's über die Grenze zum Iran, dass wir einen ganzen Tag einkalkulieren, unsere persönlichen Sachen zu ordnen, Navigationsgeräte, Salami, und Bargeldreserven zu verstecken, sowie den alkoholischen Vorrat zu vernichten.
Wobei das Letztere eindeutig das Angenehmste war.
An der Grenze angekommen, Chaos pur! Lastwagen versperren schon Kilometerr vor dem eigentlichen Zollübergang die Strasse. Nur mit Umwegen erreichen wir das türkische Zollgebäude. Der Grund für dieses Chaos ist einerseits die Baustelle und anderseits eine Computerpanne. Wir hören von ausländischen Lastwagenfahrern, dass sie schon seit 5 Tagen hier festsitzen.
Auch bei uns heisst es: "Tut uns Leid, sie müssen sich gedulden, im Moment ist der Computer ausgestiegen."
Das kann ja heiter werden. Nach einer Stunde und mehrfachem Fragen kommt den Zöllnern die glorreiche Idee, das Ausreisepapier statt auszudrucken einfach von Hand zu schreiben. Dann geht alles Blitzschnell. Wir verlassen den türkischen Zoll und fahren auf den iranischen zu.
Natürlich ist alles auf Farsi geschrieben, einer sehr schönen aber für uns absolut unleserlichen Schrift.
Kaum angehalten kommt der erste Iraner auf uns zu, gibt mir die Hand, Ruth natürlich nicht, denn Iraner geben grundsätzlich nie Frauen die Hand und sagt mit einem Lächeln: "Willkommen im Iran."
Bei der folgenden bürokratischen Abwicklung ist immer ein iranischer Zöllner mit uns dabei. Sei es beim Zoll, der Immigration oder beim Ausfüllen des "Carnet de passage", dem temporären Zolldokument fürs Fahrzeug.
Weder wurde das Fahrzeug nach Alkohol und Schweinefleichsch durchsucht, noch wollten sie irgendwelche Versicherungen sehen.
Kein Backschisch, keine iranischen Nummernschilder und schon gar keine Dieselkarte.
Wir wurden sehr freundlich und zuvorkommend von allen Angestellten des iranischen Zoll's behandelt und nach einer Rekordzeit von 4 Stunden fahren wir ins Reich der Mullahs.

Nicht die Achse des Bösen, sondern die Achse der Freundlichkeit

Ruth hat schon im Vorfeld ihre letzten Haarbüschel unter dem Kopftuch versteckt. Eigehüllt in ihr langes, dunkles Kleid entspricht ihre Bekleidung nun den Vorschriften des Islam, die im Iran auch für Touristinnen gelten.
Wir fahren nach Urmia, denn hier gibt es noch einige Aufgaben zu erledigen. Das kann bis morgen warten. Erstmals suchen wir zusammen mit Gaby und Christian, den 2 Münchnern, mit denen wir seit ein paar Tagen reisen, ein Restaurant auf. Der freundliche Besitzer erlaubt uns, vor seiner Gaststätte zu nächtigen. Auch die Polizei macht uns ihre Aufwartung und gibt nach anfänglichem Zögern ihre Zustimmung für diesen staubigen aber nun sicheren Übernachtungsplatz.
Am nächsten Tag suchen wir das Touristenbüro auf. Es ist ein unscheinbares Gebäude hinter dem Museum und der Tourismusverantwortliche nimmt sich sofort unseren Anliegen an. Er holt sein Auto und fährt uns persönlich zur Versicherungsgesellschaft. Ohne seine Hilfe hätten wir weder die Agentur gefunden, noch das Formular, das auf Farsi geschrieben ist, ausfüllen können. Danach klärt er noch ab, ob wir eine Dieselkarte brauchen und wo wir Geld wechseln können.
Für 100 US Dollar bekommen wir über 3 Millionen Rial. Gehandelt wird aber in Toman, das ist immer eine Null weniger als auf der Note steht. Das ganze ist schon ziemlich verwirrend.
Nun kommt das Schönste! Wir fahren zur Tankstelle und lassen unsere Dieseltanks füllen.
Für 100 Liter bezahlen wir ganze 11 sFr., das heisst, der Liter Diesel zu 11 Rp. Niemand fragt nach einer Dieselkarte, die Touristen angeblich bei der iranischen Ölgesellschaft kaufen müssten.
Die einheimischen Lastwagenfahrer bezahlen noch weniger, 5 Rappen pro Liter Diesel.

Der nette Restaurantbesitzer lässt es sich nicht nehmen, solange mit seinem Auto uns vorzufahren, bis wir die Stadtautobahn erreicht haben.

Wir sind einfach überwältigt von der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Iraner.

Eine Zeitreise durch Persien

Das nächste Ziel heisst Teheran. Schon 100 Kilometer vor Irans Hauptstadt wird der Verkehr immer krasser. Augen wie ein Kamäleon zu haben, wäre in dieser Situation sicherlich sehr hilfreich, wenn sich die 11 spurige Autobahn infolge einer Baustelle auf 3 Spuren verengt. Es wird gedrängt und gehupt was das Zeug hält. Natürlich muss es dazu kommen! Wir stecken hoffnungslos im Stau. Während wir uns langsam nerven, scheint es den Iranern nichts auszumachen. Die Scheibe wird heruntergekurbelt und wir werden auf Farsi gefragt von wo wir kommen und wohin wir reisen.
Was Schlussendlich alle sagen ist: "Welcome to Iran".

Der Iran öffnet sich derzeit zurückhaltend, aber doch immer mehr dem Westen. Noch bis 1979 sass Schah Mohammad Reza Pahlavi auf dem Pfauenthron, bis er nach einem Volksaufstand das Land verlassen musste. Danach bestimmte bis zu seinem Tod 1989 Imam Khomeyni die Politik der Islamischen Republik. Seit dieser Zeit bis heute ist Mohammad Khatami der neue Staatspräsident.
Wenn man in den Iran einreist, muss man sich den islamischen Gebräuchen anpassen. Touristinnen müssen sich keineswegs permanent unterm Tschador verstecken. Ein Kopftuch, eine lange Bluse, oder ein feiner Mantel reichen vollkommen.

Esfahan

Im Raum Esfahan leben etwa 2 Millionen Menschen. Durch ihre Höhenlage von 1600 Meter besitzt die Stadt ein angenehmes Klima. Doch im Hochsommer möchten wir trotzdem nicht hier sein. 40- 45° ist dann mehr die Regel als die Ausnahme.
Nachdem wir einen sicheren Stellplatz für unseren Suri gefunden haben, begeben wir uns zum Meydan-e Imam, dem zweitgrößten Platz der Welt.
Die grössten Sehenswürdigkeiten finden sich rund um diesen Platz. Verschiedene Moscheen, Teehäuser und einer der aktivsten Basare Irans, wo wir uns richtig schön verlaufen.
Wir tauchen ein in eine andere Welt. Wir schauen den Stoffdruckern bei der Arbeit zu, staunen über die Handfertigkeiten der Kesselschmiede im Kupferbasar und nehmen erstaunt zur Kenntnis, was für erotische Wäsche die Frauen unter ihrem schwarzen Tschador tragen. Es gibt ganze Strassenzüge im Basar, wo es nur knapp bemessene Damenunterwäsche zu kaufen gibt.

Wie so oft werden wir von Iranern mit den Worten angesprochen: "Welcome to Iran".
So lernen wir Behrooz mit seiner jungen Frau kennen. Spontan gibt er uns seine Telefonummer mit der Bitte, ihn am nächsten Morgen anzurufen, damit wir zusammen zu einer Garage fahren, um den fälligen Ölwechsel durchzuführen.
Wir treffen uns wie verabredet am nächsten Tag, führen bei einem befreundeten Garagenbesitzer den Ölwechsel durch, machen eine Rotation der Räder und sonstige kleine Wartungsarbeiten. Anschliessend besteht Behrooz und seine Frau Mazanin darauf, bei ihnen zu Hause einen Thé zu trinken. Dabei muss man wissen, aus Höflichkeit sollte man bei einer Einladung immer zuerst ablehnen und erst bei der dritten Aufforderung zusagen.
Sie leben in einer besseren Gegend in einer geräumigen Zweizimmer Wohnung. Wie im Iran üblich, sind die Stühle alle mit Plastik überzogen, um das Polster zu schonen. Auch die Toilette ist ein typisches, orientalisches WC ohne Schüssel, nur mit einem Loch. Die Zeiten mit Zeitungen lesen auf dem stillen Örtchen ist nun definitiv vorbei.
Auf unsere vielen Fragen meint Behrooz: "Wenn ein Mann im Iran heiraten will, sollte er eine Wohnung, eine geregelte Arbeit, sowie ein Auto vorweisen können. Dafür erwartet er von seiner Zukünftigen, respektiv von deren Eltern, dass sie die gesammte Einrichtung finanzieren. Meine Frau ist Krankenschwester und verdient im Monat umgerechnet 350 US Dollar für eine Vollzeitstelle."
"Weisst du", erklärt er weiter, "wir Iraner leben in 2 komplett verschiedenen Welten. Im Haus oder ausser Haus. Kaum verlassen wir die Wohnung, sind wir im traditionellen, islamischen Staat unterstellt. Die Frauen bedecken ihre Körperformen mit langen Gewändern, sowie ihr Haar mit einem Kopftuch. Schweinefleisch, Sateliten TV und Alkohol ist strengstens verboten. Auch das "Händchen halten" und küssen in der Öffentlichkeit. In den eigenen 4 Wänden verhalten sich die meisten Iraner vollkommen konträr. Da trinken wir Alkohol, tanzen und feiern Parys wie ihr im Westen. Hinter den verschlossenen Türen haben Allah und die sonst allgegenwärtigen Tugendwächter, die Mullahs, keine Macht. "

Während Behrooz uns die iranischen Verhaltensregeln erklärt, hat seine Frau schon längst ihr Kopftuch abgelegt und er sich bequeme kurze Hosen übergezogen, was in der Öffentlichkeit trotz sommerlicher Tropenhitze, undenkbar wäre.
Die ganze Zeit flimmert im Hintergrund eine Deutsche Talk-Show vom ZDF über die so verbotene Satellitenanlage.
So lernen auch wir 1 : 1 die zwei vollkommen unterschiedlichen Welten des iranischen Gottes-Staates kennen.

Anschliessend führt uns Behrooz in eines der wenigen westlichen Einkaufszentren des Iran. Hier bekommt man alles was das Herz begehrt. Es gibt schweizer Schokolade, italienische Barilla Teigwaren und einen Apple Store nach Westlichem Vorbild. Vom jahrelangen Boykott keine Spur. Die Iraner haben immer einen Weg gefunden, das westliche Embargo zu umgehen.

Persepolis und Shiraz

Langsam fahren wir zum Eingang der Residenz des ersten Perserreiches unter den Achämeniden und schauen uns an, was vom einstigen Zentrum des persischen Weltreichs noch übriggeblieben ist. Es zählt zum UNESCO Weltkulturerbe.
Hier kämpfen Löwen mit Fabelwesen und gleich daneben bringen Gesandte aus fremden Provinzen Geschenke zu Kyros oder Xerxes, den Königen der Perser, längst vergangener Geschichte.
Diese Darstellungen von Geschenke tragenden Delegationen der Reichsvölker sind noch gut zu erkennen, ansonsten ist doch vieles im Laufe der Zeit zerstört worden.
Da es schon spät ist, entschliessen wir uns, auf dem grossflächigen Parkplatz zu übernachten. Anfänglich sind wir noch alleine, aber immer mehr treffen iranische Familien ein, die ihre Zelte in der Nähe aufstellen. Dann wird der Teppich neben das Auto gelegt und erst einmal tüchtig gegessen und Thé getrunken.
Die Neugier siegt oft über die Angst vor den Fremden. Die Tochter, die Englisch spricht, wird vorgeschoben und fragt: "Woher kommt ihr? Braucht ihr irgend etwas?"
Anschliessend übersetzt sie den anwesenden Familienmitgliedern auf Farsi unsere Antworten.
Wie so oft, sind wir überwältigt von der Freundlichkeit der Iraner. Sie würden alles in ihrer Macht stehende machen, um uns zu helfen.

In Shiraz fühlen wir uns wieder bedeutend wohler als ein paar Tage zuvor in der konservativen Stadt "Qom". Da fühlten wir uns zwischen den Frauen mit ihren tief ins Gesicht gezogenen Tschadors wie ein Fremdkörper.
Hier ergänzen sich Moderne und Tradition in harmonischer Weise. Die Kopftücher der Frauen sind bunter und hängen locker am Hinterkopf.
Wir besuchen die vielen Gärten der Stadt und eine der schönsten Moscheen Iran's, das "Shah-Cheragh-Heiligtum". Es enthält den drittheiligsten Schrein der Schiiten im Iran. Ruth bekommt beim Eingang einen bodenlangen Umhang überreicht. Unter der blau gefliesten grossen Kuppel in der für Shiraz typischen Knospenform, besuchen wir die Gebetsräume. Frauen und Männer haben verschiedene Eingänge zu diesem Heiligtum.
Fasziniert betrachten wir die prächtigen Spiegelmosaiken. Eigentlich war beim Eingang ein Schild angebracht mit der Aufschrift, dass diese Moschee nur für gläubige Moslems zugänglich sei, aber scheinbar machen sie auch Ausnahmen.

Meine Haare haben wieder einmal einen "Vogelnest-Charakter". Dem muss man Abhilfe schaffen und so schauen wir uns nach einem Coiffeur Salon um. Nach kurzer Wartezeit werde ich auf einen Coiffeur-Stuhl gesetzt, der seine beste Zeit schon seit längerem hinter sich hat. Professionel werden meine Haare mit Schere und Föhn bearbeitet. Plötzlich kommt ein neuer Kunde hinzu und stellt sich neben uns. Es entsteht ein kurzes Palaver in Farsi und mein Coiffeur sowie der Neuankömmling werden sich handelseinig. Der Neue streckt den Kopf zu mir hin, schliesst die Augen und der Coiffeur-Meister hält mit einer Hand den Föhn und mit der anderen stutzt er ihm den Schnurrbart. Ein wohliger Gesichtausdruck macht sich bei ihm breit. Er scheint es durchaus zu geniessen, dass jemand ihm den Schnurrbart kürzt. Nach getaner Arbeit streckt er ihm einen 20'000 Rial Schein entgegen, etwa 70 Rp. und der Meister kann sich wieder mir annehmen.

Yasd, die Stadt der Windtürme

Yasd gehört zu den Gebieten mit den geringsten Niederschlägen und höchsten Temperaturen. Vor vielen hundert Jahren haben sich die Einwohner eine clevere Air-Condition für ihre Lehmziegel Häuser ausgedacht, um die extrem heissen Sommermonate zu überstehen.
Über den meisten Dächern stehen sogenannte Windtürme, die den Wind, sei es nur eine kleine Brise, einfangen, um sie wie in einem grossen Kamin in die darunter liegenden Räumlichkeiten zu leiten. Abgekühlt wird die Luft zudem durch ein Wasserbecken, das am unteren Ende des Windkanals liegt.
Ein Spaziergang durch die alten Lehmziegel-Gemäuer ist wie ein Gang durch eine andere Welt. In unendlich vielen kleinen Werkstätten entstehen von der Sandale bis zur Feldhacke in mühsamer Handarbeit Gegenstände für den täglichen Gebrauch. Daneben bieten Gewürzhändler Safran, Ingwer, betörend duftende Pulver oder frisches Fladenbrot an, von dem wir sofort ein paar erstehen.


Spa-Erlebniss in der Wüste

Nun lockt uns die nahe Wüste und das Land abseits der Hauptstrasse
Nach stundenlanger Fahrt durch eine flimmernde Steppenlandschaft erreichen wir das pittoreske Dörfchen "Garmeh". Ein grüner Fleck in der sonst so lebensfeindlichen und kargen Landschaft. Die Oase verdankt ihr Leben einer kleinen Quelle die aus einer Felsspalte sprudelt. Gleich daneben schlagen wir unser Nachtlager auf. Zuvor verpassen wir uns noch eine Fussmassage durch die in der Quelle lebenden Doktor-Fische. Kaum haben wir unsere Füsse ins kühle Nass getaucht, kommen die kleinen Fische in Scharen angeschwommen und knappern an unseren Füssen um die abgestorbenen Hautschuppen zu entfernen. Das ideale Spa-Feeling unter einem wolkenlosen Sternendach.
Hier bleiben wir 2 Tage und jeden Abend geht die Sonne als glutroter Feuerball hinter den kargen Felsen des nahen Gebirges in den heissen Wüstensand unter. Der Gluthauch der nahen Wüste "Rashid-Kuh" wird in der Abenddämmerung ein wenig erträglicher.

Die nächsten 800 km nehmen wir recht zügig unter die Räder. Einmal übernachten wir mitten im Gebirge unter freiem Himmel und das nächste Mal auf dem einzig offiziellen Campingplatz Iran's, in Mashhad.
Mashhad hat den Ruf, als konservativste Stadt des Landes zu gelten. Auf dem Campingplatz, wo wir übrigens die einzigen nicht Iraner sind, spürt man davon nicht viel.
Die Leute sitzen vor ihren Zelten, natürlich auf ihren Teppichen, denn Stühle kennen sie nicht, rauchen Wasserpfeiffe, spielen Karten oder hören Musik. Für uns Westler selbstverständlich, aber für strenggläubige Muslime schon fast anzüglich.

Wir kamen mit gemischten Gefühlen in den Iran. Vorurteile spielten dabei eine grosse Rolle. Was nun geblieben ist - einen grossen Respekt vor den lieben, hilfsbereiten und gastfreundlichen Leuten dieses Gottesstates. Wir werden den Iran auch in Zukunft in bester Erinnerung behalten.

Heute ist der letzte Abend im Iran. Wir fragen uns natürlich, welche Überraschungen wird das nächste Land, Turkmenistan, für uns bereit halten.
Laut Statistik soll dieses reich an Öl - und Gasvorkommen das korrupteste Land der Welt sein. Nur sehr wenige Touristen besuchen Turkmenistan, das zu 90 % aus Wüste besteht, freiwillig. Doch gerade das macht es für uns interessant.

Turkmenistan

Die Ausreise aus dem Iran geht ziemlich flott. Pässe und "Carnet de passage" ausstempeln. Anschliessend fahren wir zum turkmenischen Zoll. Hier sieht es ziemlich anders aus. Es braucht etliche Behördengänge, Stempel, Unterschriften und Kopien. Am Schluss fallen Kosten von 163 US Dollar an. (Details unter Tipps / Länderinfos)
Wer meint, das ist alles, der täuscht sich gewaltig. Nun werden wir so richtig auf Herz und Nieren kontrolliert. 2 Zöllner kontrollieren währen 45 Minuten unser ganzes Fahrzeug. Schubladen werden durchwühlt, unter die Matratze wird geschaut, es werden an den Tetrapackungen herumgedrückt, jedes Staufach innen und aussen muss geöffnet werden und immer wieder hören wir freundlich aber bestimmt: "open please".
Der Zöllner meint: "Habt ihr auch wirklich keine Waffen in einem doppelten Boden? Letztes Jahr haben wir eine französiche Familie mit 2 Kindern gecheckt. Auch sie sagten, dass sie keine Waffen haben und trotzdem haben wir Waffen gefunden. Das wurde dann sehr unangenehm für die Franzosen."
Was das heissen mag, daran denken wir besser nicht.

Die Stadt in der Wüste

Wir fahren Richtung Achgabat, der modernen Metropole Turkmenistans. Eine breite, vierspurige Strasse, auf der wir fast alleine unterwegs sind, führt uns entlang zahlreicher Neubauten aus Stahlbeton und Glas. Schattige Alleen, Parklandschaften mit dichten Blumenrabatten und Springbrunnen lassen einen vergessen, wie trostlos es doch einige Meter ausserhalb dieser künstlich geschaffenen Welt ist.

Turkmenistan ist reich an Bodenschätzen wie Öl und Gas, aber arm an internationaler Bedeutung. Das zu ändern lässt sich der zentralasiatische Wüstenstaat sehr viel kosten. Für 6 Milliarden Dollar entsteht zum Beispiel in der Hauptstadt Aschgabat ein Sportkomplex der Superlative. Rund um ein bereits existierendes Stadium mit 35'000 Plätzen werden auf 157 Hektar zahlreiche Arenen hochgezogen, darunter ein Wassersportzentrum, eine Tennisanlage, Fussballplätze, ein Athletendorf für 12'000 Sprtler und diverse Luxushotels.
Das Baumaterial wird vor allem aus Europa herangeschafft. Lastwagen haben dafür bislang eine Gesamtstrecke von mehr als 40 Millionen Kilometern zurückgelegt. Grund dafür ist, dass Turkmenistan 2017 die Asian Indoor Arts Games austrägt, das erste Sport-Grossereignis in der Geschichte des seit 1991 eigenständigen Landes.

Die Hauptstadt wirkt monströs, gigantisch, einfach übermächtig im Vergleich zur armen Bevölkerung, die ausserhalb des eigentlichen Zentrums lebt. Ein typisches Beispiel, wo die Wirtschaftskraft und der Ehrgeiz einer kleinen aber betuchten Minderheit, die gesellschaftliche Rückständigkeit eines Landes zu überdecken versucht.
Irgendwie fühlen wir uns nicht wohl in diesem Land, als ob wir beschattet oder bespitztelt würden. Auch der Taxichauffeur meint voller Entsetzen: "Packt sofort die Kamera wieder ein. Macht auf gar keinen Fall Fotos von öffentlichen Gebäuden, das kann gefährlich werden."

In Turkmenistan herrscht Präsident Gurbanguly Berdymuchammedow autoritär, Menschenrechte werden systematisch missachtet und die Massenmedien unterliegen der Zensur.

So sind wir heilfroh, die Stadt mit seinen Polizeikontrollen hinter uns zu lassen und auf die heisseste Wüste Zentralasiens zu zusteuern, der Karakum.
In Turkmenistan, Usbekistan und Kasachstan breiten sich die Wüsten Kysylkum und Karakum aus. Sie nehmen zusammen mit mehr als 600.000 Quadratkilometern eine Fläche so groß wie Spanien und Portugal ein.

Hier wurde eines der aufwändigsten Bewässerungsprojekte verwirklicht: Der Karakum-Kanal speist sich aus dem Amudarja, einem Zufluss des Aralsees. Mit 1500 Kilometern ist der Kanal so lang wie der Rhein und durchquert den Südwesten der extrem trockenen Karakum. Den Turkmenen bringt der Kanal lebensnotwendiges Wasser in ihre Oasen, doch ist jener Kanal auch ein Grund, dass der riesige Aralsee immer weiter austrocknet.

Feuerkrater in der Wüste

Das Highlight unserer Reise durch Turkmenistan ist gewiss die Fahrt zum Feuerkrater Darwaza in der Wüste Karakum. Dieser ist aber nur mit einem geländegängigen Fahrzeug zu erreichen. Trotz Untersetzung und Differrenzialsperre sind wir im weichen Sand hängen geblieben und anschliessend nur durch Ablassen der Luft auf 2 Bar wieder flott gekommen.

Der Gaskrater entstand durch Explorationsarbeiten in den siebziger Jahren. Das Gestein an der Bohrstelle war instabil und stürzte während der Arbeit ein. Die komplette Ausrüstung einschließlich des Bohrturms verschwand damals in der Tiefe. Es entstand ein Krater mit einem Durchmesser von 200 Metern und einer Tiefe von 50 Metern. Aus hunderten von Spalten im Gestein trat seit dieser Zeit das Erdgas aus. Wie das ausströmende Gas sich entzündete, ist heute noch ein Rätsel. In den folgenden Jahren verendeten viele Tiere in der Umgebung des Kraters, entweder durch Gasvergiftung oder sie stürzten in den Krater. Von den Einheimischen wird der Trichter auch das Tor zur Hölle genannt.

Ganz in der Nähe, auf einer Anhöhe, haben wir einen ruhigen Stellplatz mit bester Aussicht gefunden und sofort auf einem Spaziergang den züngelnden und flackernden Abgrund umrundet.

Ein einzigartiges Schauspiel ist es, wenn man am Abend von einem Hügel aus auf den brennenden Abgrund schaut. Hier hat man einen traumhaften Blick auf den in der Dunkelheit glühenden Gaskrater, wo hunderte von kleinen und größeren Feuer in der Vertiefung lodern. Es ist ein unvergessliches Naturschauspiel.

Zwei Tage später sind wir am Zoll von Turkmenistan. Wie gehabt, wird unser Suri wieder genauestens unter die Lupe genommen. Matratzen werden angehoben und mit Taschenlampen wird jede noch so kleine Ritze ausgeleuchtet. Wasserbehälter werden geöffnet und daran gerochen, ob ja keine verbotenen Substanzen darin sind.
Wir hatten eine gute Zeit in Turkmenistan, trotzdem sind wir froh, aus diesem diktatorisch regierten Land wieder ausreisen zu können.

Das nächste Land, Uzbekistan, ist weniger reich an Bodenschätzen, aber freier und eigenständiger für die Menschen.

Auf jeden Fall, wir sind gespannt.