16 Indien Nordost


Reisebericht 16 / Moreh (Grenze nach Burma)- Naksalbar (Ostgrenze zu Nepal) / 4. März 2015 - 3. April 2015

Kilometerstand: 40'200km (Total 168'800 km)

Reiseroute: Moreh, Imphal, Loktak Lake, Kohima, Jorhat, Kaziranga National Park, Tezpur, Orang Wildlife Sanctuary, Manas N.P., Rangpo, Gangtok, Pelling, Uttarey, Yuksam, Legship, Jorethang, Melli, Darjeeling, Naksalbar

Mit Hilfe unserer burmesischen Führer geht der Grenzübertritt recht zügig über die Bühne. Wir verabschieden uns von unseren französischen Mitreisenden und zusammen mit der restlichen Gruppe suchen wir einen Übernachtungsplatz gleich hinter der Grenze. Bevor es über die Berge in's Kernland des indischen Manipur geht, wollen wir hier in Moreh noch Geld tauschen, SIM Karten erstehen und etwas einkaufen. Das mit dem Einkaufen ist so eine Sache. Ausser Früchten, Gemüse und ein paar abgepackten, chinesischen Dauerbackwaren, gibt es nichts zu kaufen. Für wen auch? Die Einheimischen sind damit zufrieden und Ausländer kommen so gut wie nie in diese Region, denn bis vor Kurzem war das individuelle Reisen in Nordostindien ohne Sondergenehmigung nicht möglich.
Es brauchte dazu ein sogenanntes "Restricted Area Permit". In der Zwischenzeit hat sich die Lage etwas beruhigt, doch die vielen Polizeikontrollen sind ein sicheres Indiz, dass die Krisenherde im Nordosten Indiens immer wieder aufflackern. Es geht dabei um Autonomiebestrebungen und diversen Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Clans.

Am nächsten Tag fahren wir über die Berge von Manipur, einer der 7 Schwesternstaaten von Nordostindien. Die restlichen 6 Staaten bestehen aus Assam, Arunachal Pradesh, Meghalaya, Mizoram, Tripura und Nagaland.
Eine der Sehenswürdigkeiten von Manipur ist der pittoreske "Loktak Lake" mit seinen schwimmenden Gärten. 2 Nächte verbringen wir an seinen Ufern, geniessen die Ruhe und lassen uns von einem einheimischen Fischer mit seinem Holzkanu über den See paddeln. Fischer werfen Netze aus, kontrollieren ihre Reusen und die Frauen waschen vom Boot aus ihre Wäsche.

"Holi", das Fest der Farben

Genug der Ruhe, denn "Holi" ist angesagt. "Imphal", die Hauptstadt Manipur's, ist bekannt für sein fröhliches und ausgelassenes Holi Fest. Dazu begeben wir uns zum "Gowindatempel", da, wo sich all die Tanz- und Musikgruppen treffen. Den ganzen Tag strömen, nach einem strikten Zeitplan, ca. 200 Musikgruppen mit Pauken und Muschelhorn ins Zentrum des Tempels. Dabei wird ein graziöser Trommeltanz aufgeführt, bei dem die jungen Männer, die von der Hüfte abwärts in weisses Tuch gehüllt sind, in die Luft springen und wie wild ihre Trommeln schlagen. Hier erhalten sie den Segen und werden von einem Tempelwächter ausgiebig mit Farbe besprüht.

Mit dem Holi-Fest wird der Frühling eingeleitet und natürlich erhalten auch wir eine ausgiebige Portion Farbe ins Gesicht geschmiert. Den ersten Farbtupfer erhalte ich aber zu meiner Überraschung vom Ministerpräsidenten persönlich. Da wir bei diesem Fest die einzigen westlichen Touristen sind, fallen wir auch dementsprechend auf und darum werde ich plötzlich vom anwesenden Präsidenten zu sich gerufen und zwischen schwer bewaffneten Sikks mit Maschinengewehren erhalte ich einen roten Farbtupfer auf die Stirn gemahlt.

Später besuchen wir den "Frauenmarkt". Dieser wird ausschliesslich von Frauen betrieben, doch infolge des Holifestes ist hier nicht viel los. Normalerweise kommen täglich etwa 16'000 Frauen hierher, um ihre Geschäfte abzuwickeln.

Bei den Kopfjägern

Die Strasse wird immer schlechter, ein untrügliches Indiz dafür, wir sind in "Nagaland". In diesem Bundesstaat leben etwa 16 verschiedene Volksstämme, die zusammengefasst als "Naga" bezeichnet werden.
Schon bevor das Gebiet 1870 von der englischen Kolonialmacht übernommen wurde, kamen christliche Missionare und errichteten Schulen und Kirchen. So ist es auch das Erste was wir sehen, wenn wir in ein Dorf einfahren, dessen überdimensionierte Gotteshäuser, die meist auf einem Hügel tronen.
Kurz vor "Kohima" erreichen wir das "Kisama Heritage Village". Es ist eine Art "Open Air" Museum mit Dutzenden von Häusern, die in der jeweiligen Stammestradition gebaut wurden.
Noch vor 2 Generationen herrschte hier die Kopfjagd. Diese verlieh, entsprechend der Vorstellungskraft der Nage, magische Kräfte. Nach ihrem Glauben sass die Seele des Menschen im Nacken und wenn der Kopf vom Rumpf des Feindes getrennt wurde, wechselte dessen Seele in die des siegreichen Kriegers über, die dadurch gestärkt wurde.

2 Tage fahren wir weiter über eine grottenschlechte Piste, doch die schöne Berglandschaft Nagaland's entschädigt für das Gerumpel, bei dem sich jede Schraube langsam verabschiedet.
Wieder einmal wird es Dunkel und trotz intensiver Suche haben wir noch keinen geeigneten Übernachtungsplatz gefunden. So halten wir vor einem Tor ausserhalb des Dorfes und fragen eine einheimische Familie die dort lebt, ob wir innerhalb ihrer Umzäunung über die Nacht stehen können. Nach anfänglichem zögern geben sie uns schliesslich die Erlaubnis und so verbringen wir eine ruhige Nacht, ohne dass eine Horde Inder laut schwatzend, dicht nebeneinander wie die Orgelpfeifen, die halbe Nacht um unser Wohnmobil stehen.

Wie sich auch in Zukunft herausstellt, wird die Suche nach einem geeigneten Stellplatz immer eine Herausforderung bleiben. So auch die nächste Nacht, wo wir in einem Bergdorf den Dorflehrer fragen, ob wir auf dem Fussballfeld, der einzigen ebenen Fläche weit und breit, übernachten können.
Wir können und sogleich werden wir von dessen Familie in ihre Hütte zum Abendessen eingeladen. Obwohl er eine bessere Position hat und gewiss mehr verdient als die übrige Dorfbevölkerung, die ihren Lebensunterhalt vornehmlich als Reisbauern bestreiten, ist seine Hütte sehr spartanisch eingerichtet, nach unserem westlichen Verständnis sehr ärmlich. Sie besteht aus 3 Räumen. Im ersten ist die Küche untergebracht, wo auf dem Boden ein Holzfeuer lodert in dessen Topf unser Gemüse schmort, im nächsten sind 2 Matratzen auf dem Boden wo die Eltern schlafen und im 3. schläft der Rest der 7-köpfigen Familie. Das Wasser wird in Krügen herbeigeschafft. Trotz der Einfachheit machen sie einen gepflegten und zufriedenen Eindruck und sind stolz auf ihre Behausung, die wir natürlich mit entsprechenden Komplimenten unterstreichen.
Das Essen ist typisch für diese Gegend. Reis mit Gemüse und dazu trinken sie ein alkoholfreies Reisbier, das eigentlich mehr ein Reiswasser ist.

Menschenscheu sollte man nicht sein, im dicht besiedelten Subkontinent

2 Tage später erreichen wir die Staatsgrenze zu Assam. Kaum haben wir uns in das dicke Buch eingetragen, sowie den Schlagbaum hinter uns gelassen, wird die Landschaft flach und die Sonne gewinnt spürbar an Intensität.
Waren die Bewohner vorher in ihrem Aussehen und ihrer Bekleidung eher mit den Burmesen und Tibeter verwandt, sind diese nun typische Inder. Die Frauen tragen ihre bunten Saris, lange, glänzende Haare und Ringe um ihre Arme, Nasen und die Zehen.
Wir sind nun in Assam, bekannt durch seinen gleichnamigen Assam-Tee. Weite Teeplantagen ziehen an uns vorbei. Wir haben Mühe die Inder zu verstehen, denn das hier gesprochene Englisch ist mit seiner melodischen Aussprache erst mal gewöhnungsbedürftig.

Eigentlich möchten wir auf die Flussinsel "Majuli", aber der zu niedrige Wasserstand und das Gewicht unseres Suri verhindert die Fahrt mit der Fähre.
So bleiben wir zusammen mit Christian und Gaby für die nächsten 2 Tage auf dem Damm des grossen Brahmaputra Stromes stehen Dieser entspringt am heiligen Berg "Kailash" im Tibet und tritt in der Monsunzeit Ende Mai bis Anfangs August regelmässig über seine Ufer und verwüstet oft grosse Landstriche. Oft ist dies auch ein Segen, denn er hinterlässt dabei eine Menge an wertvollen Sedimenten, damit die weite Ebene ausreichend gedüngt wird und dadurch ein überaus fruchtbares Ackerland entstehen lässt.
Das Schwemmland entlang des Brahmaputra ist auch ein Vogelparadies. In der Abenddämmerung zwitschert es lautstark von den vielen exotischen Vögeln und über uns kreisen Störche, Ibisse und Marabus.

Tiger im Kaziranga National Park

Ein weiteres Highlight im Bundesstaat Assam ist der 430 Quadratkilometer grosse Kaziranga National Park, der zum UNESCO Weltnaturerbe zählt. Bei einer Elephanten-Safari können wir aus nächster Nähe das wuchtige indische Panzernashorn mit seinem 4 Monate alten Jungtier betrachten. Über eine Stunde reiten wir auf dem Rücken des grauen Riesen durch das hohe Elephantengras, dem Lieblingsessen der Nashörner und stossen dabei immer wieder auf diese erstaunlich wendigen Tiere. Sie scheinen sich an die Anwesenheit von reitenden Touristen auf Elephanten gewöhnt zu sein, denn meistens lassen sie sich beim Frühstück nicht sonderlich stören.
Am Abend machen wir noch eine 2-stündige Jeep-Tour quer durch den Park. Dabei sehen wir wieder etliche Panzernashörner, zwar nicht mehr so nahe wie vom Elephantenrücken aus, dafür viele Wasserbüffel, Wildschweine, Hirsche, sowie wilde asiatische Elefanten. Für Vögel ist gerade das höhere Grasland ein Paradies. Dort finden sie ideale Lebensbedingungen vor.
Wir haben die Hoffnung schon fast aufgegeben, einen der seltenen Bengalischen Tiger zu entdecken, als unser Führer ganz aufgeregt zum Fluss zeigt. Dort sehen wir doch tatsächlich einen der 120 im Park lebenden Tiger, wie er gemütlich entlang des Flusses schreitet. Ein einmaliges Erlebnis.
Doch ganz so menschenscheu scheinen die Tiger auch nicht zu sein. Wie man auf diesem YouTube-Video sehen kann (hier klicken), können die Tiger auch Menschen auf Elefanten angreifen. Im nächsten Park, dem Manas National Park, lernen wir doch tatsächlich den Park-Rancher kennen, der auf diesem Video hinter dem Mahut, dem Elefantenführer, gesessen ist. Hier seine Erklärung dazu:
"Im Jahr 2004 haben 2 Tiger mehrmals Vieh von ausserhalb des Parks gerissen. Wir wurden beauftragt, die Tiger im hohen Gras ausfindig zu machen und zurück in den Park zu treiben. So machten sich mehrere Elefanten mit Park-Ranchern auf ihren Rücken auf, diese zu suchen. Ein Arzt, ein Mahut und ich mit einem Gewehr waren zu dritt auf dem Elefanten, als der Tiger aus dem hohen Gras angriff. Der Tiger sprang den Mahut, der 2 Meter über Boden war an und verletzte ihn ziemlich stark. Dabei verlor er ein paar Finger. Ich selbst fiel beim Angriff vom Elefanten, verletzte mich aber nicht. Nach dem Angriff versteckte sich der Tiger sofort wieder im hohen Gras und flüchtete später in den Park.
Bei diesem Angriff flohen sämtliche Elefanten mit ihren Begleiter in panischer Angst in alle Himmelsrichtungen. Nur der hintere Elefant, von wo aus gefilmt wurde, blieb ohne mit der Wimper zu zucken stehen. Wisst ihr wieso? (Wir wussten es nicht) Gerade dieser Elefant war auf dem rechten Auge blind und so konnte er den Tiger-Angriff nicht sehen. Dabei konnte der Rancher, der mit der Handykamera alles filmte, in Ruhe (mehr oder weniger) den ganzen Angriff filmen. Die Tiger leben übrigens immer noch und es hat keine Übergriffe auf Kühe und Ziegen mehr gegeben."

Elefanten Angriff

Den nächsten Park den wir ansteuern, ist der "Manas" National Park, ein Biosphärenreservat, der sich entlang der Grenze zu Bhutan befindet. Das Tigerschutzgebiet ist eingebettet in die ungezähmte Flusslandschaft des Manas-Flusses und etwa 380 Vogelarten beheimatet das Naturschutzgebiet. Nach langer Diskussion mit dem Parkverantwortlichen und dem Erwerb von diversen Bewilligungen, können wir in Begleitung eines bewaffneten Rangers den Park mit unserem eigenen Auto durchqueren. Wir übernachten an einer Lodge, direkt an der bhutanischen Grenze und machen am nächsten Tag ein paar Spaziergänge durch die geöffnete Schranke auf bhutanesisches Gebiet. Ansonsten ist der Besuch von Bhutan eine kostspielige Angelegenheit. Bis zu 250 US$ muss man pro Tag berappen, um dieses ehemalige Königreich hoch in den Himalaja Bergen zu besuchen.
Am nächsten Tag fahren wir gemütlich durch den National Park zurück zum Ausgangspunkt. Doch immer war es dann auch nicht so gemütlich!
Plötzlich kam eine Elefantenfamilie aus dem Busch und schritt gemächlich auf unser Auto zu. In weiser Vorahnung lädt unser bewaffneter Begleiter erstmals sein Gewehr mit den mitgeführten Patronen. Auf einmal spreizt der Bulle seine Ohren, wirbelt mit dem Rüssel Staub auf und setzt zum Angriff an.
50 Meter sprintet er auf uns zu, bis der Rancher laut schreit und dabei die Flinte gegen den Himmel reckt. Das scheint der Wildgewordene Dickhäuter zu verstehen und er bremst seinen Angriff ab und schreitet als sei nichts gewesen zu seinen Artgenossen zurück. Uns ist das Herz in die Hosen gerutscht. Ich habe mir schon vorgestellt, wie der Bulle mit unserem Wohni Fussball spielt und wir darin herumkugeln wie der Hamster im Hamsterrad.
Auf dem weiteren Weg geht es wieder geruhsamer zu und her. Wir sehen noch etliche Elefanten (friedliche), Wildschweine, Sumpfhirsche, Bisons und immer wieder den durchdringenden Schrei eines Pfaues, dem Wappentier Indiens.

Indiens apokalyptischer Verkehr

Auf der Fahrt Richtung "West Bengalen" wird die Strasse immer breiter, bis wir schliesslich auf einer 4-spurigen Autobahn fahren. Wer sich aber eine Schnellstrasse im westlichen Sinne vorstellt, wird schnell enttäuscht werden.
Auch auf der "Autobahn" gibt es plötzlich und ohne Vorwarnung "Tops", das sind "Speed Breaker", mehrere Betonschwellen hintereinander, wo man aus voller Fahrt und ohne Ankündigung praktisch auf Null abbremsen muss. Danach kommen Sperrgatter, die von der Polizei in versetzten Abständen aufgestellt werden, um ebenfalls das Tempo zu drosseln.
Hat man das erstmals überstanden, kommen die nächsten Herausforderungen. Ochsenkarren, Handkarren, Fussgänger, Motorräder, Rikschas, Fahrradfahrer, altersschwache Busse, Büffelherden, Last- und Personenwagen teilen sich die Asphaltbänder und auf der Überholspur kommt einem garantiert was entgegen.
Als letzte Option bleibt oft nur die Vollbremsung und manchmal ist es auch dafür oft zu spät, was die horrende Unfallstatistik zeigt. Alles was Beine und Räder hat, tummelt sich auf der Strasse. Dabei wird gehupt was das Zeug hält. Man hupt um den Vordermann auf sich aufmerksam zu machen, man hupt um zu überholen, man hupt um zu zeigen, dass man stolzer Besitzer eines Autos ist und man hupt einfach so zum Vergnügen. LKW's und Busse haben immer Vortritt, die Grösse verleiht Recht und so weichen wir des Öfteren in den Strassengraben aus. Alles schimpfen und rudern mit den Armen nützt dabei herzlich wenig, denn die Hände sollten besser am Steuerrad gelassen werden, der nächste Inder kommt bestimmt. Doch irgendwie übersteht man auch diese archaischen Verkehrsströme, die scheinbar gesetzlos zu funktionieren scheinen.

Sikkim, ein Königreich zwischen Bhutan, Tibet und Nepal

Dieser Titel mag wohl nicht ganz zutreffen, denn Sikkim ist ein ehemaliges Königreich und gehört zu Indien. Es liegt im Osten des Himalaya Massives und der dritt Höchste Berg der Welt, der Khangchendzonga, liegt ebenfalls auf seinem Gebiet.
Nach der schwülen Hitze in Assam freuen wir uns auf die Berge, eine kühlere Gegend, die klare Luft und einfach wieder schneebedeckte Gipfel zu Gesicht bekommen. So kennt unser Kompass nur eine Richtung und die heisst Norden.
Schon nach kurzer Zeit geht unser erster Wunsch in Erfüllung. Die Temperatur nimmt von Meter zu Meter ab und in "Gangtok", der Hauptstadt Sikkim's, haben wir auf 1500 Meter herrliche 22°C. Die anderen Wünsche bleiben unerfüllt. Statt klare Luft haben wir meistens eine Abgasgeschwängerte Russ Wolke rund um uns. Der Verkehr in diesem kleinen Bergstaat ist Wahnsinnig. Tausende von Flachland Indern wollen ebenfalls in die Höhe und so stehen wir mitten im Verkehrsstau von Gangtok. Wer aber meint, wir können wenigstens die schönen Berge sehen liegt ziemlich falsch. Eine seit Wochen herrschende Dunstschicht umgibt uns wie ein Nebelschleier. Der nächste Hügel ist noch ersichtlich, aber von den herrlichen Bergen rund um uns ist nichts zu sehen.
So nehmen wir uns für die nächsten Tage ein schönes Hotel, denn ruhige Parkmöglichkeiten in der Stadt sind ein Ding der Unmöglichkeit.

Sikkim ist unterteilt in Ost-, Nord-, Süd- und Westsikkim.
Der Osten ist gewiss am meisten Bevölkert, für den Norden braucht es zusätzlich zum "Inner Line Permit", das man in Melli oder Rangpo erhält, noch ein "Protected Area Permit".
Nach dem wir uns die Sehenswürdigkeiten angesehen haben, das schöne "Rumtek" und "Lingdum" Kloster, die kläglichen "Banjhakri" Wasserfälle, sowie den "Ganesh" Tok, geht es weiter nach Süd Sikkim zum Buddha Park in "Ravangla". Was auf der Karte nach einem Katzensprung von 30 km Luftlinie aussieht, erweist sich in Tat und Wahrheit nach einer Tagesetappe. Unser HZJ stemmt sich kräftig gegen die Steigung und wir kommen nur beschwerlich voran. Die meisten Ortschaften liegen in verschiedenen Tälern die durch hohe Bergrücken getrennt sind. Hätte es eine Brücke.......ja hätte, aber hier gibt es keine Brücken und so fahren wir im Zick Zack hinauf nur um kurz darauf in Serpentinen wieder hinunter zu fahren.

Nach Legship erreichen wir West Sikkim. Dieser Teil ist bekannt für seine Trekking-Routen. Sei es eine mehrtägige Tour zum "Kangchenjunga" dem dritthöchsten Berg der Welt, oder eine Tour durch blühende Rhododendron Wälder.
Genau zu unserer Zeit findet in Uttarey das bekannte "Rhododendron Festival" statt. Also nichts wie hin. In diesem abgeschiedenen Teil von Sikkim, an der Grenze zu Nepal, sind wir die einzigen westlichen Touristen, die dem Fest beiwohnen.
Traditionell gekleidete Tanzgruppen und Kinder in bunten Kostümen zeigen dem interessierten Publikum verschiedene Tänze. Rundherum sind Essbuden aufgestellt in denen wir uns mit köstlichen "Momos", das sind Teigtaschen gefüllt mit Kabis, Zwiebeln und Karotten, verköstigen. Zum trinken wird uns ein Wein aus Rhododendron angeboten, der aber definitiv nicht an einen guten Chardonnay herankommt.
Der Höhepunkt des Festes bildet die Enthüllung der Edmund Hillary Statue.
Der Neuseeländer hat 1953 zusammen mit Sherpa Tensing Norgay, als erster Mensch den Mount Everest bestiegen. Ihm zu Ehren wurde eine goldene Statue auf dem Hügel erbaut, die nun höchstpersönlich von Ministerpräsidenten des Staates Sikkim vom goldenen Leintuch befreit wird.

Am nächsten Tag nimmt unser braver Suri die Steigung nach Yuksam unter die Räder. Eigentlich ist das schönste an den Bergen die idyllischen Übernachtungsplätze. Das war jedenfalls so in Kirgistan und Tadschikistan. Keine nervenaufreibende Suche nach einem ruhigen Plätzchen in einer Stadt, einem Dorf oder irgendwo auf freiem Feld, wo in der Nacht immer wieder einmal übereifrige Polizisten anklopfen und uns überzeugen wollen, dass wir hier nicht sicher sind. Doch diese Berge sehen anders aus. Sikkim ist extrem bevölkert und ist der Abhang noch so steil, kleben die Hütten der Bauern wie Schwalbennester an den terrasierten Gemüsefeldern. So ist auch hier ein geeigneter Stellplatz nicht leicht zu finden, wenn man nicht riskieren will, dass immer jemand an das Wohni klopft und fragt: "Where you from? I want to see inside!"
Hier in "Yuksam" haben wir einen guten Stellplatz auf dem Helikopter Landeplatz gefunden. Der Vorteil von solchen Plätzen, sie sind eben! Am nächsten Morgen geht es trotz misslichen Verhältnissen schon früh aus den Federn. Unser Ziel ist der "Goecha La" Trek, wo man nach 2 Tagen einen herrlichen Blick auf den majestätischen 8598 m hohen "Khangchendzonga" erhaschen könnte. Doch schon nach 3 Stunden schlägt der leichte Nieselregen in einen starken Regen über und zwingt uns, den Rückweg anzutreten.
Trotzdem, der schön angelegte Weg durch den Nationalpark, entlang des "Rathong Valley's", ist auf jeden Fall eine empfehlenswerte Wanderung.

Auf den Spuren des berühmten Tees

3 Tage später verlassen wir endgültig das ehemalige Königreich, lassen am Police Check Point unsere Permit's abstempeln und fahren Richtung "Darjeeling". Durch eine teilweise atemberaubend schöne Landschaft, geprägt von tiefen, steilen Einschnitten und Teegärten, soweit das Auge reicht, geht es auf enger Strasse mit unzähligen Kurven bis in eine Höhe von 2000 Meter. Hier empfängt uns die Stadt Darjeeling, die zur indischen Provinz Westbengalen gehört. In dem Distrikt leben ca. 500'000 Menschen, davon die Hälfte in der Stadt oder in Stadtnähe. Die Bevölkerung stammt zum grössten Teil aus Nepal und den angrenzenden Staaten, was man den Menschen auch äusserlich ansieht.
Der Verkehr und die katastrophal schlechten Strassen sind für unser Wohnmobil nur schlecht zu bewältigen. Nur mit viel Glück können wir unsere Aussenspiegel unversehrt durch dieses Gewühl bringen. Wir sind hier Gast für wenige Tage, aber wie müssen sich die Einheimischen vorkommen?
Sie müssen tagtäglich mit dieser schlechten Infrastruktur leben, haben meist kein fliessend Wasser und müssen ihr Wasser von einer "Wassermafia" beziehen, die mit ihren Tanklastzügen zusätzlich die Stadt verpesten. Bei einer Familie geht das ganz schön ins Geld. Für die Wassermafia, an der auch Regierungsstellen beteiligt sind, ist das aber eine "Gelddruckmaschine".

Ungeachtet aller infrastruktureller Probleme wirkt die Stadt auf uns ziemlich ärmlich, doch keineswegs so elend, wie im übrigen Indien. Es gibt keine Bettelei und keine Slums. Die Menschen in ihren bunten Kleidern gehen ohne Hektik ihren Beschäftigungen nach.
Der Stadt merkt man an vielen Plätzen und Gebäuden ihre koloniale Vergangenheit noch an, aber überall blättert die Farbe und der Putz von der Fassade. Der Verfall scheint kaum aufzuhalten.

So fahren wir auf den 2450 Meter hohen Tiger Hill und schauen uns am nächsten Morgen die phänomenale Aussicht an. Nebst dem Mimalaya Massiv sieht man von hier sogar den majestätischen Kanchenjunga (8.598 m). Lange Zeit hielt man ihn für den höchsten Berg der Welt, aber erst bei der Vermessung Indiens durch die Briten im Jahre 1849 stellte sich heraus, dass der Mount Everest und der K2 höher sind.

Heute überqueren wir die Grenze nach Nepal. Wir hoffen, dass wir in diesem Land etwas mehr Freiheit geniessen können. Die Menschen hier in Indien sind trotz ihrer Freude und Euphorie sehr anstrengend. Nicht selten begaffen sie uns wie Ausserirdische, während sie ihre Nasen an die Scheiben kleben.
Irgendwann, nach dem hundertsten Mal "Where you from?", ist auch unsere Geduld zu Ende.

Natürlich tönen die letzten Sätze etwas pessimistisch, diese sollen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass wir insgesamt eine tolle Zeit hier in Nordost Indien verbracht haben. Die Leute hier sind sich überhaupt nicht gewohnt an Ausländische Fahrzeugtouristen und darum ist auch ihre Neugier so grenzenlos.
Währen wir in ihrer Situation anders? Ich glaube nicht.



(C) 2011 - Alle Rechte vorbehalten

Diese Seite drucken