23 Costa Rica



Reisebericht 23 / Penas Blancas (Costa Rica) - San Jose(Flughafen, Costa Rica) / 30. April 2010 - 13. Mai 2010 / 50'450 km - 50'750 km

Reiseroute: Penas Blancas (nördliche Grenzstadt in Costa Rica), La Cruz, Arenal, San José und Flug in die Schweiz

Tucane, Kollibris und Faultiere
(wobei nicht nur der Schreiberling gemeint ist)

Coasta Rica, die Schweiz Mittelamerikas, empfängt uns mit Nieselregen und ebenfalls sehr heissen und feuchten Themperaturen. Irgendwie fühlen wir uns hier ein wenig freier, gelöster und sicherer. Die meisten Häuser sind nicht mehr vergittert und die hier lebenden Menschen machen einen glücklicheren Eindruck als noch im Nachbarland Nicaragua. Wahrscheinlich hat unsere neue Gemütsverfassung auch mit dem jetztigen Übernachtungsplatz zu tun.
Bei den Schweizern Guido und Agi Sutter, die vor 12 Jahren nach Costa Rica ausgewandert sind und hier eine Finca aufgebaut haben, befinden wir uns in einer Oase der Gemütlichkeit. www.canas-castilla.com
Diese Gästefarm umfasst 68 Hektaren hügeliges Gelände, Weideland für ihre Kühe und Pferde, sowie Orangen- und Bananenplantagen. Doch das faszinierendste ist die artenreiche Tierwelt, die hier beheimatet ist. Direkt von der Hängematte aus können wir einer Klammer-Affen Familie zusehen, wie sie sich im Geäst der Bäume vorwärtsbewegt. Zusätzlich gibt es hier Faultiere, Tucane, Kolibri, Spechte und hunderte von Schmetterlingen. Die tropische Pflanzenvielfalt verwandelt die Umgebung in ein kleines, aber heisses, Naturparadies.
Am Abend essen wir zusammen mit anderen Gästen die leckeren Gerichte, die Agi auf den Tisch zaubert und anschliessend wird der selbstgebraute Orangen- und Maracujawein degustiert, den Guido hinter dem Hause herstellt. So lebt es sich wahrlich nicht schlecht!
Trotzdem flüstert eine alte Weisheit: "Geh, wenn es am schönsten ist."

So fahren wir weiter zur Nicoya Halbinsel an den Strand von Junquillal. Vor einem Jahr konnte man hier noch gratis stehen, aber nun hat die Costa ricanische Behörde diesen herrlichen Flecken in einen Nationalpark umgewandelt und verlangt happige 10 US Dollar Eintritt pro Person.
Überhaupt ist Costa Rica ein teures Land. Jede noch so kleine Sehenswürdigkeit muss man sich mit harter, nordamerikanischer Währung erkaufen. Der Tourismus ist seit einigen Jahren der Wirtschaftsfaktor Nummer eins und hat den Kaffee Export als wichtigste Einnahmequelle längst den Rang abgelaufen. Die Ticos, wie sich die Costa Ricaner selbst nennen, sind ein wohlhabendes Völkchen. Sie heben sich von den umliegenden, mittelamerikanischen Ländern davon ab, dass sie keine Armee besitzen, eine seit Jahren funktionierende Demokratie praktizieren, ein gut ausgebautes Schulsystem betreiben und das Land für Ausländer geöffnet haben. Etwa 3/4 des für private Nutzung zur Verfügung stehende Land gehört Ausländern. Nordamerikaner, Deutsche und Schweizer haben sich in Costa Rica niedergelassen und verdienen am Tourismus viel Geld.

Arenal
Seit fast zwei Wochen haben wir tropische Themperaturen und nun sehnen wir uns nach dem kühleren Klima der Berge. Endlich wieder einmal tief durchatmen und die angenehmere Luft beim Arenal See geniessen.
Doch kaum beim See angekommen werden wir von einem Pickup laut hupend überholt und der Fahrer deutet uns mit Handzeichen anzuhalten. Was soll den das? Ist der verrückt oder will uns da jemand überfallen?
Eben haben wir im Reiseführer von den neuesten Überfalltechniken gelesen. Da hält dich jemand an und deutet auf den hinteren Reifen, der defekt sein soll. Während man aussteigt, um sich den sogenannten platten Reifen anzuschauen, räumt sein Kumpane die Fahrerkabine aus.
Dementsprechend misstrauisch halten wir an und beäugen den Fahrer mit argwöhnischem Blick. Als er aber zu uns in rein schweizerischem Dialekt sagt: " Was zum Teufel machen denn hier zwei Nidwaldner?" erhellen sich unsere Mienen und wir fangen ein Gespräch an. Wie sich herausstellt gehört auch er zu der ausgewanderten Schweizer Gemeinde, die hier am Arenal See ihren Lebensabend verbringt. Ernst und Klärli besitzen oberhalb des gleichnamigen Dörfchens eine wunderschöne Villa mit 3 Hektar Land. Dort können wir die nächsten paar Tage stehen und den herrlichen 180-Grad-Schwenk auf See und Berge geniessen. Die Landschaft gleicht deren der Schweiz. Ein schöner See eingebettet in einer hügeligen Hochebene. Kühe grasen auf saftigen Weiden und die Themperaturen sind angenehm warm. Hier fühlen wir uns wieder so richtig frei. Nicht im Sinne von "keine Verpflichtungen zu haben", sondern unsere Freiheit besteht in erster Linie darin, genau das zu tun, was man im Augenblick am liebsten macht!

Schweizerischer als ein Schweizer in der Schweiz
Gemeint ist Franz, Ulrich Franz aus Hergiswil NW, der als junger Bursche vor 47 Jahren die Zelte in der Schweiz abbrach und nach Costa Rica auswanderte. Anfangs betrieb er eine Wursterei, danach kaufte er sich ein Stück Land am Arenal See und hat nun mit seiner costaricanischen Frau eine kleine Schweiz aufgebaut, wie man sie wahrscheinlich nirgendwo sonst auf der Welt vorfindet.
Im Restaurant, wo wir uns vorkommen wie in einem heimeligen Chalet in den Berner Alpen, essen wir einen vorzüglichen Wursts-Käsesalat und dazu gibt es Ramseier Apfelsaft aus der Heimat importiert.
Hinter dem Restaurant befinden sich die Stallungen für die Kühe. Nicht irgendeine amerikanische Rasse, nein, natürlich blicken uns die treuherzigen Augen des schweizer Braunvieh's, Holsteiner und Simmentaler eintgegen. Auch der Maschinenpark ist rein schweizerisch. Da stehen Laupner Produkte, ein Gafner Mistzetter und mehrere "Aebis", mit denen die umliegenden Hänge maschinell bewirtschaftet werden.
Vor einigen Jahren hatte seine Tochter einen schweren Unfall und nur durch viel Glück überebte sie diese Tragödie. Aus diesem Grund baute Franz hinter dem Restaurant eine kleine schweizerische Kapelle mit Glockenturm, die jede Viertelstunde kurz bimmelt.
Ebenfalls hinter dem Haus befindet sich der Bahnhof seiner kleinen Bahn, dem "Pequena Helvecia". Mit dieser Miniaturbahn können sich die Touristen zu seinem neu erbauten Drehrestaurant rauffahren lassen. Der Lockführer pfeifft zur Abfahrt und los geht die Fahrt durch Tunnels, Viadukte und an grasenden schweizer Kühen vorbei. Eine Aussicht fast wie zu Hause. Man könnte meinen, unter uns sei der Vierwaldstättersee, dahinter der Bürgenstock und etwas weiter entfernt, ja da stimmt was nicht, der rauchende Vulkan Arenal. Wir sind eben doch in Costa Rica!
Oben angekommen befinden wir uns in einem Drehrestaurant wie auf dem Stanserhorn. Auch der Name stimmt mit dem Nidwaldner 5 Stern Berg überein, nämlich "Rondorama".
Zurück im Restaurant, dessen Fassade der Nationalheld "Winkelried" schmückt, werden wir von Franz Ulrich zu einem Kaffee Fertig eingeladen. Wir diskutieren über die Vor- und Nachteile eines Lebens in der Schweiz oder ob die Lebensqualität in Costa Rica höher währe. Franz bringt es auf den Punkt mit seiner Aussage, die ebenfalls auf seinem Chalet steht: "In der Schweiz gaben sie mir Leben und Bildung, aber mein Herz verloren habe ich in Costa Rica."
Das sagt viel über diesen aussergewöhnlichen Mann, der ein Muster an schweizerischem Pioniergeist ist und sich erfolgreich mit viel Fleiss und Tatendrang in Mittelamerika durchgesetzt hat.

Feuerspeiender Vulkan
Einer der aktivsten Vulkane der Welt ist der 1633 m hohe Arenal, am gleichnamigen See. Mit seiner perfekten konischen Form ist er der Inbegriff eines typischen Vulkans. Seit seinem verheerenden Ausbruch im Jahr 1968, bei dem fast neunzig Menschen ums Leben kamen, ist er permanent aktiv. Am manchen Tagen ist der Berg von bedrohlichen Aschewolken umgeben, an anderen schleudert er glühende Felsbrocken kilometerhoch in die Luft und an gewissen Tagen, wie heute, ist er einfach nur von Wolken umhüllt.
In der Hoffnung, dieser Vorhang könnte sich gegen Abend ja noch verziehen, steuern wir unsern nächsten Übernachtungsplatz an der westlichen Seite des Vulkans an.
Tatsächlich. Als es eindunkelt verziehen sich die Wolken und wir haben einen ausgezeichneten Blick auf die glühenden Gesteinsbrocken, wie sie unter lautem Getöse den Berg hinunter kullern. Ein unvergessliches Erlebnis und erst nach Einbruch der Dunkelheit äusserst spektakulär.

Heimurlaub
Schon zu hause in der Schweiz haben wir unseren Familien das Versprechen gegeben, einmal die Reise zu unterbrechen und sie in der Schweiz zu besuchen. Eigentlich wollten wir in Argentinien unsere Reise kurz unterbrechen, da es dort am einfachsten ist, ein Wohnmobil für längere Zeit einzustellen. Leider haben wir in letzter Zeit "getrödelt" und so hinken wir unserem provisorischem Reiseplan ein wenig hinterher. Wenn wir weiterhin in diesem Tempo unterwegs wären, würden wir unsere lieben erst im Spätherbst oder Winter wiedersehen.
Aus diesem Grund beschliessen wir, von Costa Rica aus diesen Unterbruch einzuschalten. Einen grossen Anteil an dieser Entscheidung haben auch unsere neue Freunde, Klärli und Ernst, wo wir nun seit einer Woche campen. Bei ihnen können wir sicher unseren Suri wohlbehütet zurücklassen.
Ein grosses Problem besteht jedoch darin, dass wir ein unverzolltes Fahrzeug temporär nach Costa Rica eingeführt haben. Jenes ist in meinem Pass eingetragen und mit diesem Eintrag ist es nicht möglich, das Land zu verlassen. Laut Schweizer Konsulat und Anwalt besteht als einzige Möglichkeit, unseren Suri während der Abwesenheit in einem Zollfreilager unterzustellen, oder ein amtlich beglaubigtes Schreiben eines Anwaltes zu besorgen. Wir entscheiden uns für die zweite Variante und suchen einen Anwalt auf, der uns auf einem Dokument mit Stempeln, Marken und vielen Unterschriften beglaubigt, dass wir das Fahrzeug nicht illegal verkauft haben und auch wieder zurück nach Costa Rica kommen.
Diese Prozedur dauert einen ganzen Tag. In der Schweiz hätte man in der gleichen Zeit mehrere Scheidungen über die Bühne gebracht. Nehme ich jedenfalls an!
Der Tag ist gekommen. Nach 13 Monaten nehmen wir Abschied von unserm treuen Gefährten. Wir wissen, dass unser Suri bei Klärli und Ernst gut aufgehoben ist. Auf diese Weise möchten wir euch ganz herzlich danken, was ihr in den letzten Wochen alles für uns getan habt. Es kommt uns vor, als verlassen wir einen Teil unserer Familie.

In 9 Wochen, am 22. Juli, werden wir unsere Reise in Cost Rica fortsetzen. Jene unter euch, die unsere regelmässigen Reiseberichte ein wenig vermissen, können die Sommerausgabe des "Globetrotter Magazins"Anfang Juli kaufen. In diesem Reisemagazin sind ein Teil unseres Abenteuers im Kupfer-Canyon, sowie einige Bilder, abgedruckt.

Nun freuen wir uns auf die Schweiz, unsere lieben Freunde und Familien und endlich wieder kühlere Themperaturen!

Ruth und Walter




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